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Im Visier. Eine von der Partei besichtigte Immobilie in Spandau.

©  Klingsöhr/Promo

Update

Auf Immobiliensuche: AfD will sich eine eigene Heimat kaufen

Die AfD sucht eine Immobilie, in Berlin-Spandau wurde sie fündig. Das Gebäude ist teuer, das Gelände historisch belastet.

Die Berliner AfD sucht, gemeinsam mit dem Bundesverband der Partei, nach einer Immobilie in Berlin. Das belegen Mails des AfD-Bundesgeschäftsführers Hans-Holger Malcomeß, die dem Tagesspiegel vorliegen. Daraus geht hervor, dass sich der Bundesvorstand der Partei darauf geeinigt hat, in der Hauptstadt eine Marktrecherche "zwecks Erwerb einer parteieigenen Immobilie für Bundesgeschäftsstelle + AfD-Tagungszentrum" durchzuführen. Mindestens eine Besichtigung hat bereits stattgefunden.

Federführend involviert: der Berliner AfD-Landeschef Georg Pazderski, gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der Bundespartei, sowie vier Mitglieder der ebenfalls von Pazderski geleiteten Abgeordnetenhausfraktion. Letztere werden in einer von Malcomeß am 20. August verschickten E-Mail als „Ansprechpartner für Marktrecherche“ bezeichnet. Teil der Gruppe sind mit Frank Scheermesser und Carsten Ubbelohde zwei Mitglieder des Landesvorstandes der Berliner AfD.

Lange für den Erwerb einer eigenen Immobilie geworben

Auch Harald Laatsch gehört dazu, allerdings nur „nominell“, wie der bau- und wohnungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion dem Tagesspiegel bestätigte. „Operativ“ sei er in die seinen Angaben zufolge bislang ergebnislos gebliebene Suche nicht involviert, erklärte Laatsch. Scheermesser wiederum hatte schon vor Wochen im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärt, er habe lange für den Erwerb einer eigenen Immobilie geworben, und sagte: „Endlich habe ich Gehör gefunden.“ Derzeit residiert die Landesgeschäftsstelle der Berliner AfD in einem Gebäude in der Kurfürstenstraße 79 in Tiergarten – zur Miete.

Unklar ist, ob in der gesuchten Immobilie lediglich die Geschäftsstellen beider Verbände untergebracht oder darin auch größere Veranstaltungen wie Parteitage abgehalten werden sollen. Pazderski scheint eine große Lösung vorzuschweben. Das überrascht wenig, schließlich hatte sein Landesverband zuletzt große Schwierigkeiten, Räume für Veranstaltungen oder Parteitage zu finden.

Allein im Vorfeld des für den 9. und 10. November 2019 geplanten Landesparteitags hatte die Berliner AfD eigenen Angaben zufolge 76 Absagen erhalten. Tagesspiegel-Informationen zufolge buchte der Verband schließlich eine Location in Brandenburg.

Zuvor hatte bereits der für den 1. September geplante außerordentliche Parteitag der Berliner AfD ausfallen müssen, weil das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg den unterzeichneten Mietvertrag kurzfristig kündigte. Ende Mai wiederum stand der AfD-Bundesverband wenige Tage vor der Europawahl ohne Raum für die Wahlparty da. Schuld daran waren Attacken auf die Vermieterin einer bereits gebuchten Location. Auch sie kündigte den Vertrag – aus Angst.

AfD will sich eigenes Haus einiges kosten lassen

Fest steht: Die mittlerweile in allen Landtagen vertretene und dementsprechend mit üppigen Finanzen ausgestattete AfD will sich das eigene Haus einiges kosten lassen. Ein am 4. September von Mitarbeitern der Bundesgeschäftsstelle in Augenschein genommenes Gebäude in der Spandauer Wilhelmstraße kostet laut Exposé des Eigentümers, der am Kurfürstendamm sitzenden Unternehmensgruppe Klingsöhr, 10,7 Millionen Euro.

Alternativ könnte das 1660 Quadratmeter Bürofläche bietende Haus Klingsöhr zufolge für einen Jahresnettokaltbetrag in Höhe von 436 000 Euro angemietet werden, inklusive Stellplätzen gar für 470 451 Euro im Jahr. Pikant: Das Gebäude steht dort, wo sich bis 1987 - dem Todesjahr von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß - das Kriegsverbrechergefängnis Spandau befand. Dort waren die Verurteilten der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse untergebracht. Zuletzt wollten sich dort mehrfach die Teilnehmer des rechtsextremen Rudolf Heß Gedenkmarschs versammeln.

Dennoch kommt Malcomeß in einer der unter anderem an Pazderski und Frank Pasemann, den stellvertretenden Bundesschatzmeister der AfD, verschickten Mail zu dem Schluss: „Als Ergebnis der heutigen Bürobesichtigung lässt sich festhalten, dass die Räumlichkeiten sowohl als Bundesgeschäftsstelle für unsere auf Zuwachs angelegte Partei als auch als Tagungszentrum bis zu einer ,Konventsgröße plus‘ geeignet wären.“ Weiter heißt es: „Für die Finanzierung sollten alle Optionen geprüft werden, die wir schon diskutiert hatten.“

Mitglieder sollen Anteile kaufen

Und auch an diesem Punkt sind die Überlegungen der AfD vergleichsweise konkret. Malcomeß erörtert das Modell einer Genossenschaft. Deren Anteile könnten sich zu je 25 Prozent aus Mitteln einer parteieigenen „Alternative Beteiligungs-, Verwaltungs- und Dienstleistungsgesellschaft mbH“ und durch mehrere größere Einzelinvestoren speisen. Die andere Hälfte der Summe könnten AfD-Mitglieder über Genossenschaftsanteile ab 500 Euro erwerben. Malcomeß rechnet vor: „Bei 10 000 Mitgliedern wären das fünf Millionen Euro.“

Unklar ist, ob die Mitglieder dabei mitspielen. Zuletzt hatte der Berliner Landesvorstand erklärt, wegen säumiger Beitragszahler gingen dem Verband bis zu 100 000 Euro allein in diesem Jahr verloren. Unter den Verursachern der Verluste seien auch „mittlerweile wohlsituierte Mitglieder und Personen, die inzwischen Einkommen aus ihrer politischen Arbeit beziehen“.

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