zum Hauptinhalt
Ein kompletter Halbzug der Baureihe 484 passt in die Kältekammer.

© Jörn Hasselmann

Auf dem Prüfstand in der Hitze-Kälte-Kammer: Neue Berliner S-Bahn wird in Wien getestet

Sommerrekorde und Eisregen sollen die neue S-Bahn nicht mehr stoppen. Deshalb wird ein Zug jetzt in Wien allen möglichen Wetter-Szenarien ausgesetzt.

Die Berliner S-Bahn muss in die Folterkammer. Vier Wochen lang wird die neue Baureihe 483/484 in Wien in der weltweit größten Klimakammer getestet, und zwar bei plus 45 Grad und bei minus 25 Grad. Eine Schneekanone beschießt den Zug stundenlang mit Eis, tausende Strahler simulieren Wüstenhitze. Das Testprogramm in Wien soll insgesamt zwölf Wochen dauern.

Am 1. Januar 2021 soll bekanntlich bei der Berliner S-Bahn eine neue Zeitrechnung anbrechen, und zwar mit einem funktionierenden Zug. Dieser soll um 4 Uhr früh am Südkreuz starten, „der Zeitplan steht“, sagte Alexander Kaczmarek am Donnerstag. In Wien informierte sich der Berliner Bahnchef in der Railtec-Versuchsanlage.

„Wir wollen ein Fahrzeug auf die Schiene stellen, das auf Anhieb funktioniert“, sagte Kaczmarek. Deshalb die intensiven – und teuren – Tests. Ein Tag in der Klimakammer kostet 30.000 Euro, vier Wochen in Wien sind gebucht. Es ist die erste Berliner S-Bahn, die in Wien getestet wird, in der weltweit größten und einzigartigen Prüfkammer für Schienenfahrzeuge. Aus Berlin war bislang nur die U-Bahn-Baureihe IK der BVG in Wien zur Prüfung und Zertifizierung.

Vier Wochen wird 484 005 in Wien getestet, bei 45 Grad und bei minus 25 Grad
Vier Wochen wird 484 005 in Wien getestet, bei 45 Grad und bei minus 25 Grad

© Jörn Hasselmann (24.10.2019)

Kaczmarek erzählt den Kalauer von den „vier Feinden der Berliner S-Bahn - Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter - lieber selbst. Künftig soll weder Hitze, noch Nässe, noch Schnee die Züge stoppen, „die Leidensgeschichten früherer Baureihen sollen sich nicht wiederholen“.

In Wien können 80 Liter Regen pro Stunde und Quadratmeter auf einen Zug gesprüht werden. Eisregen wird genau so simuliert, wie Sommerstürme. Tausende Sensoren registrieren dabei, ob und wie die S-Bahn dabei funktioniert. Zum Beispiel die Stromabnehmer unter Eis.

Diese waren in Sommer bereits als mögliche Fehlkonstruktion kritisiert worden. Zu Unrecht, wie das Hersteller-Konsortium aus Siemens und Stadler nun in Wien mitteilte. Zwar habe es bei Testfahrten Probleme mit den Berliner Stromschienen gegeben, allerdings nur in Abstellanlagen. Schuld seien nicht die Abnehmer an den Zügen, sondern die Schienen.

Deshalb werden diese an Abstellgleisen jetzt geändert. Mittlerweile habe die neue Baureihe 483/484 etwa 80 Prozent des Berliner Streckennetzes testweise befahren, sagte Kaczmarek – ohne jede Beanstandung. Wie berichtet, sind die neuen Züge seit August nachts und ohne Fahrgäste unterwegs.

Außerdem soll erstmals eine Klimaanlage in eine S-Bahn eingebaut werden. Im Rekordsommer 2018 waren die in zahlreichen ICE ausgefallen, das soll sich in Berlin nicht wiederholen. Deshalb wird diese Technik in der Wiener Folterkammer ganz genau untersucht.

In einem Waggon liegt auf jedem Sitz eine elektrische Heizdecke, diese simuliert die Körperwärme eines Fahrgastes. Auf dem Boden stehen Verdampfer, die die Luftfeuchtigkeit künstlich erhöhen, schließlich schwitzt ein Fahrgast ja in der Hitze. Die Railtec-Ingenieure schalten dann in der Seitenwand der Klimakammer hunderte starke Lichtstrahler an - eine Bewährungsprobe für die Klimaanlage.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false