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Es wird gebaut

© Jörn Hasselmann

Auch am Automaten weniger Einnahmen: S-Bahn verliert durch die Pandemie 30.000 Abokunden

Die Corona-Pandemie trifft die S-Bahn finanziell hart, die Zahl der Abonnenten sank um 30.000. Außerdem: Ruppige Kontrolleure sollen „geschult“ werden.

Die Corona-Pandemie hat die Berliner S-Bahn finanziell deutlich getroffen. Derzeit befördert die S-Bahn etwa 80 Prozent der Fahrgäste des Vor-Corona-Niveaus. Im Lockdown waren es nicht einmal mehr 50 Prozent. Diese Zahlen nannte S-Bahn-Chef Peter Buchner jetzt auf einem Sprechtag des Fahrgastverbands Igeb.

Die Zahl der Abonnenten sank von 237.000 zu Beginn der Pandemie bislang um fast 30.000. Im Juli waren es nur noch 207.758. Diese Zahlen gehen aus einem Bericht Buchners hervor. Seit Mai habe sich die Zahl der Kündigungen "nach starken Verlusten stabilisiert", sagte Buchner. In den Monaten vor Mai 2021 sank die Zahl der Stammkunden um mehrere Tausend monatlich. In den Sommermonaten kündigten jeweils nur 100 bis 200. Die Abonnenten sind wichtig, da ihre Einnahmen für das Unternehmen kalkulierbar sind.  Der Anteil der Firmentickets ist trotz Corona gestiegen: von elf Prozent auf 14 Prozent innerhalb eines Jahres. 

Auch am Automaten sanken die Einnahmen erheblich, derzeit liegen sie bei 75 Prozent des Vor-Corona-Niveaus. Im Juli 2021 waren es 7,5 Millionen Euro, 2019 waren es knapp zehn Millionen. Der schlechteste Monat war der April 2020: Nur 1,3 Millionen Euro kamen mit Einzelfahrscheinen in die Kasse. Seit April dieses Jahres steigen die Einnahmen kontinuierlich.

Was nicht durch Corona bestimmt wird, sondern durchs Wetter und die Lokführer-Gewerkschaft GDL: Die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Züge. An drei Monaten dieses Jahres wurde die mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) vertraglich vereinbarte Pünktlichkeit von 96 Prozent nicht erreicht. Im Februar war bereits der - bisherige - Tiefpunkt mit 93,8 Prozent erreicht - wegen des Wintereinbruchs. Im August waren es wegen der ersten GDL-Streiks 95,2 Prozent. Zahlen für September, als die GDL deutlich länger streikte, liegen noch nicht vor. Auch die Hitze habe Probleme gemacht, sagte Buchner.

2020 war die S-Bahn deutlich besser: In mehreren Monaten wurden fast 98 Prozent erreicht, was ein ausgesprochen guter Wert ist. Die vorgeschriebenen 96 Prozent wurden immer eingehalten.

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Ein großer Teil der Flotte ist überaltert und störanfällig. Zwei der drei Bestands-Baureihen werden deshalb nach und nach modernisiert, damit sie länger fahren können. Auf dem Ring fahren mittlerweile nur noch modernisierte Züge der Baureihe 481, berichtete Buchner. Auf den Stadtbahnlinien ist ein Drittel der Züge modernisiert. Zu erkennen sind diese Züge auch für Laien an den schwarzen Türen. "Das Herzstück der Flotte wird für die nächsten zehn Jahre fit gemacht", verkündete die Deutsche Bahn im Sommer, als der 100. Zug modernisiert war. Diese "Mammutaufgabe", so die Bahn, ist veranschlagt bis 2024.

Alle Baureihen vereint: Links die neuen Züge 483 und 484. Rechts davon 485 (Ost), 480 (West) und 481
Alle Baureihen vereint: Links die neuen Züge 483 und 484. Rechts davon 485 (Ost), 480 (West) und 481

© S-Bahn / Peter Buchner

Zwischen 1996 und 2004 waren 500 Viertelzüge (Doppelwagen) ausgeliefert worden. Selbst Waggons, die normalerweise auf den Schrott müssten, werden mit Millionenaufwand wieder hergerichtet. Bislang wurden an fünf Wagenkästen starke Rostschäden entdeckt, bei denen nun in einem Spezialwerk in Halle (Saale) neue Träger eingeschweißt werden.  

Der Mangel ist so groß, dass selbst die Züge der Baureihe 480, die in den 80er Jahren für das Westnetz entwickelt wurden, für viel Geld saniert werden müssen. Geplant ist, dass die Züge bis 2028 fahren, sie sind dann zwischen 35 und 40 Jahre alt. Eigentlich sollten die letzten 2023 ausgemustert sein - doch dann hätte der Senat nicht so lange zögern dürfen bei der Bestellung von Neufahrzeugen.

[Lesen Sie weiter bei Tagesspiegel Plus: Politischer Bummelzug - Berlin hat immer noch keine Meinung zur Stammbahn]

Bislang, seit Jahresbeginn 2021, fahren auf der Linie S47 die ersten Neubaufahrzeuge, auf die Berlin so lange gewartet hat. Noch in diesem Monat sollen die Serienfahrzeuge ausgeliefert werden, die an einigen Stellen noch einmal verbessert wurden im Vergleich zur S47-Vorserie. Im kommenden Jahr werden die Züge der Baureihe 483/484 auf zwei weiteren Linien in den Betrieb einsteigen, sagte der S-Bahn-Chef: am 1. Juli auf der S46 (Königs Wusterhausen - Westend) und am 1. Oktober auf der S8 (Zeuthen-Birkenwerder).

Ruppige Kontrolleure sollen "geschult" werden

Nach einer Reihe von Zwischenfällen mit Kontrolleuren kündigte Buchner nun an, dass das zivile Personal in schwierigen Situationen nun mit grünen Warnwesten mit Aufdruck "Prüfpersonal" agieren werde.  In der Vergangenheit sei es "zu Missverständnissen und zur Verunsicherung von Fahrgästen" gekommen, berichtete Buchner. In Abstimmung mit der Bundespolizei habe man sich für die Warnwesten entschieden. Offenbar haben sich so viele Fahrgäste über den ruppigen Umgangston beschwert, dass die Kontrolleure noch einmal geschult wurden - und zwar "auf einer souveränen Handhabung von schwierigen Situationen", wie die S-Bahn mitteilte.

Der Tagesspiegel hatte mehrfach über Auseinandersetzungen berichtet. Teilweise haben die Kontrolleure betrogen und die von angeblichen Schwarzfahrern kassierte Strafe selbst eingesteckt. Die Kontrolleure sollen künftig "engmaschig" selbst auf Fehlverhalten kontrolliert werden. 

Oft in der Werkstatt: Züge der alten Ost-Baureihe 485 (vorn und hinten) und das West-Modell 480 (mitte)
Oft in der Werkstatt: Züge der alten Ost-Baureihe 485 (vorn und hinten) und das West-Modell 480 (mitte)

© Jörn Hasselmann

Gebaut wird in den kommenden Wochen hier: 

01.10. – 15.11.21 S5 Strausberg – Strausberg Nord (Gleis- und Weichenerneuerung)

03.10. – 25.10.21 S25 Schönholz – Hennigsdorf (Inbetriebnahme eines Stellwerks)

12.10. – 25.10.21 S41/42 Greifswalder Straße – Frankfurter Allee (Gleiserneuerung)

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