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Ein Bauarbeiter schweißt ein Verbindungsstück an der Trasse der U-Bahnlinie U2 am U-Bahnhof Gleisdreieck in Berlin.

© Gregor Fischer/dpa

Arbeiter um den Mindestlohn geprellt: Baufirmen in Berlin und Brandenburg zahlen mehr als 300.000 Euro Buße

Auf fast 900 Baustellen in der Hauptstadtregion gab es 2021 unangemeldeten Besuch von Zollbeamten. Oft verhängten sie Bußgelder.

Baufirmen müssen ständig mit einem Besuch der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) rechnen. Im vergangenen Jahr suchten Beamte dieser Abteilung des Zolls insgesamt 470 Baustellen in Berlin und 413 in Brandenburg auf, um dort Indizien und Beweise für Schwarzarbeit sowie für Verstöße gegen Mindestlohnregelungen zu sammeln. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Bernhard Daldrup (SPD) hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Demnach leiteten Beamtinnen und Beamte 35 Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen Berliner Firmen ein und verhängten Bußgelder in Höhe von insgesamt 112 000 Euro gegen Unternehmen, die vorgeschriebene Mindestlöhne unterschritten, zu spät oder gar nicht gezahlt hatten. In Berlin entfiel ein Drittel (33 Prozent) aller vom der FKS registrierten Mindestlohnverstöße auf die Baubranche. In Brandenburg mussten Baufirmen im vergangenen Jahr 117 000 Euro zahlen. Das entspricht aber nur gut 16 Prozent der Summe von 708.000 Euro, die Brandenburgs Firmen insgesamt wegen entsprechender Verstöße zahlen mussten.

„Die Bauwirtschaft boomt auch in Zeiten der Pandemie. Es kann nicht sein, dass noch immer Unternehmen die Vorschriften unterlaufen und die Beschäftigten um ihre Löhne bringen“, sagte Carsten Burckhardt aus dem Vorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Man könne sich nicht auf der einen Seite über fehlende Fachleute beschweren und auf der anderen Seite die Beschäftigten um ihre Bezahlung bringen, fügte er hinzu.

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Am kommenden Montag verhandeln Gewerkschaft und Arbeitgeber in Berlin über eine Neuregelung der Branchenmindestlöhne. Bis Ende vergangenen Jahres galt im Bauhauptgewerbe ein spezieller Mindestlohn von 15,70 Euro pro Stunde für Facharbeiten und 12,85 Euro für Hilfsjobs. Ihre Einhaltung wird vom Zoll kontrolliert. Doch in den bisherigen zwei Verhandlungsrunden hätten sich Arbeitgeber geweigert, die Lohnuntergrenzen neu aufzustellen, behauptet die IG BAU. Baubeschäftigte, die nicht nach Tarif bezahlt werden, hätten daher aktuell lediglich Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von 9,82 Euro.

Im Bärenkostüm demonstriert ein Teilnehmer einer Demonstration im Sommer 2018 für Fortsetzung Tarifverhandlungen im Baugewerbe.
Im Bärenkostüm demonstriert ein Teilnehmer einer Demonstration im Sommer 2018 für Fortsetzung Tarifverhandlungen im Baugewerbe.

© Carsten Koall/dpa

Manja Schreiner, Hauptgeschäftsführerin des mitgliederstärksten Arbeitgeberverbandes Fachgemeinschaft Bau, äußerte sich nicht zur Mindestlohnfrage, kritisierte aber Schwarzarbeit: „Sie verzerrt den Wettbewerb, gefährdet Arbeitsplätze und die Existenz der steuerehrlichen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter ordnungsgemäß beschäftigen.“ Obwohl die Probleme lange bekannt seien, bestünden noch erhebliche Defizite im Kampf gegen „die illegalen und teilweise mafiösen Beschäftigungsstrukturen“. Daher engagiere sich ihr Verband im Kampf gegen Schwarzarbeit und beschäftige eigene Baustellenläufer in Berlin und Brandenburg und unterstütze so die Arbeit der FKS. „Weiterhin plädieren wir für die Etablierung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für den Bereich Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung“, sagte Manja Schreiner.

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