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Laut den Freien Wählern gebe es viele Brandenburger, die ihr Grundstück verkaufen müssten, sobald Erschließungsbeiträge fällig werden - weil sie sich diese nicht leisten könnten

© Christian Klose/dpa

Antrag im Brandenburger Landtag abgeblitzt: Kenia-Koalition gegen die Abschaffung von Erschließungsbeträgen

Die Volksinitiative gegen Anlieger-Beiträge für Sandpisten hat noch kaum Chancen auf Erfolg. Und das trotz 32.000 gesammelter Unterschriften.

Einfamilienhausbesitzer, an deren Grundstück lediglich eine Sandpiste vorbeiführt, müssen in Brandenburg auch weiter Erschließungsbeiträge bezahlen, wenn die Straße asphaltiert werden soll. Am Donnerstag lehnte das Landesparlament eine maßgeblich von BVB/Freie Wähler unterstützte Volksinitiative zur Abschaffung der Beiträge ab.

Ihre Initiatoren hatten im März 32.000 Unterschriften beim Landtag eingereicht, die trotz der grassierenden Corona-Pandemie in nur drei Monaten beisammen waren. Das Quorum von 20.000 Unterschriften binnen sechs Monaten hatte die Initiative damit übererfüllt.

„76 Prozent der Brandenburger sind über die Parteigrenzen hinweg für die Abschaffung der Erschließungsbeiträge“, sagte der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler, Peter Vida, im Landtag. „Straßen sind Teil der Daseinsvorsorge und der Infrastruktur, der öffentliche Raum sollte von der Allgemeinheit finanziert werden.“

In den letzten Monaten hatten die Freien Wähler immer wieder Beispiele von teils alteingesessenen Brandenburgern zitiert: Sie wohnten teilweise seit Jahrzehnten in einem Haus an einer Sandpiste. Sie müssten aber ihr Grundstück verkaufen, sobald Erschließungsbeiträge fällig werden, weil sie sich diese nicht leisten könnten.

Vollständige Abschaffung der Beiträge laut Linken falsch

„Die erfolgreiche Volksinitiative ist ein deutliches Signal an den Landtag“, sagte auch die Linken-Abgeordnete Andrea Johlige. „Die Menschen erwarten, dass sich der Landtag ernsthaft mit dem Anliegen auseinandersetzt.“ Aus Sicht ihrer Partei wäre eine vollständige Abschaffung der Beiträge der falsche Weg; „wir sehen aber, dass es da ein Problem gibt“, sagte Johlige.

„Es ist kaum vermittelbar, dass 60 oder 70 Jahre nach Beginn der Nutzung einer Straße auf einmal die Anlieger herangezogen werden.“ Zudem müsse nicht jede Straße nach höchstem Standard ausgebaut werden.

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Die Brandenburger Kenia-Koalition lehnte die Volksinitiative unisono ab. Vor allem die Mehrkosten für die Kommunen waren für SPD, CDU und Grüne ein wichtiges Argument. „Dass die Kosten für die Anliegerstraße, oder besser gesagt, die Sandpiste im Wohngebiet am Ortsrand tatsächlich von der Allgemeinheit getragen werden sollen, erschließt sich mir nicht“, sagte SPD-Verkehrspolitiker Ludwig Scheetz.

Noch deutlicher wurde Verkehrsminister Guido Beermann (CDU): „Wenn man die Erschließungsbeiträge abschaffen würde, fehlten den Kommunen vier Milliarden Euro.“ Verteilt auf 20 Jahre müssten jährlich 200 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt aufgebracht werden. Dies sei finanziell nicht zu stemmen.

Härtefälle gebe es nicht

„An welcher Stelle im Verkehr, bei der inneren Sicherheit oder dem Radwegenetz wollen Sie denn streichen?“ Zudem habe das Land gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund eine Umfrage gemacht: Die von den Freien Wählern ins Feld geführten Härtefälle gebe es schlicht nicht.

Den Fraktionsvorsitzenden von BVB/Freie Wähler, Peter Vida, störten diese Einwände am Donnerstag nicht. Am Rednerpult des Landtages kündigte er an, nach der Ablehnung der Volksinitiative den nächsten Schritt, das Volksbegehren, starten zu wollen.

Für dessen Erfolg sind rund 80 000 Unterschriften nötig, die bislang nur in Rathäusern oder auf Ämtern geleistet werden können. Doch dass die auf die Volksgesetzgebung spezialisierten Freien Wähler eine reale Chance haben, auch diese Stufe zum Erfolg zu führen, ist in Potsdam selbst manchen ihrer politischen Widersacher sehr wohl bewusst.

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