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Kerzen erinnern vor der Gedächtniskirche an die Opfer des Breitscheidplatz-Anschlags.

© Sophia Kembowski/dpa

Anschlag war „Angriff auf die ganze Gesellschaft“: Berliner Parlament diskutiert über Abschlussbericht des Berliner Amri-Ausschusses

Nach vier Jahren hat Untersuchungsausschuss zum Berliner Terroranschlag seinen Abschlussbericht vorgelegt. Am Donnerstag war er Thema im Abgeordnetenhaus.

Von Sabine Beikler

Es war die Summe der Fehler bei den Sicherheitsbehörden, die den Anschlag auf dem Breitscheidplatz möglich machten. Der Tunesier Anis Amri ermordete am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen. Vier Jahre lang hat der Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses zum Terroranschlag in 64 Sitzungen mehr als 90 Zeugen gehört und einen 1235 Seiten dicken Abschlussbericht verfasst, der am Donnerstag Thema im Abgeordnetenhaus war.

Der Ausschussvorsitzende Stephan Lenz (CDU) nannte den Anschlag einen „Angriff auf die ganze Gesellschaft“. Was der Untersuchungsausschuss herausarbeitete, waren strukturelle Fehler und Schwachstellen bei den Sicherheitsbehörden.

2016 war die Meinung vorherrschend, dass ein Drogendealer wie Amri, der Alkohol trinkt, sich nicht radikalisiert. „Diese falsche Einschätzung führte dann zu Folgefehlern in den Sicherheitsbehörden“, sagte Lenz. In Berlin habe es zur damaligen Zeit kein funktionierendes Gefährdermanagement gegeben. Das habe den Ausschuss „negativ überrascht“.

Seit 2016 wurde in Berlin die Sicherheitsarchitektur im LKA und im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) verändert. Auch der Informationsaustausch zwischen den Behörden ist verbindlich geworden. Der Ausschuss hatte auch die Frage bearbeitet, ob es möglicherweise einen Mittäter gegeben hatte. Es habe aber „keine belastbaren Erkenntnisse für Beihilfe oder eine gemeinschaftliche Tat gegeben“, betonten Lenz und auch die Sprecher der Fraktionen.

Opfer und Angehörige beklagten nach dem Anschlag die mangelhafte Unterstützung der Behörden. Erst nach dem Anschlag wurden bei der Berliner Polizei ein Einsatznachsorge-Team sowie Ansprechpartner in einer Koordinierungsstelle für psychosoziale Notfallversorgung eingesetzt.

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Das Parlament wollte noch am Donnerstagabend einstimmig ein Gesetz verabschieden, das die psychosoziale Betreuung und Unterstützung von Notfallopfern, Angehörigen, Hinterbliebenen, Zeugen und von Einsatzkräften gewährleistet. Dazu gehört auch, Betroffenen schnell mittel- und langfristige Hilfen anzubieten und sie gegebenenfalls bis zur Rehabilitation zu begleiten.

Als unmittelbare Maßnahme nach dem Terroranschlag wurde im Jahr 2017 in Berlin die Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen und Großschadensereignissen und deren Angehörige bei der Justizverwaltung mit dem Opferbeauftragten des Landes, Roland Weber, eingerichtet. Doch die Opfer und Angehörigen haben laut Astrid Passin, Sprecherin für 80 bis 100 Betroffene, immer noch unter Schwierigkeiten bei den Behörden zu leiden. 

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