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Es hätte genug Personal gegeben, um Amri zu observieren, widersprach ein Zeuge den LKA-Beamten im Untersuchungsausschuss am Freitag.

© Paul Zinken

Anschlag auf dem Breitscheidplatz: "Wir hätten Amri observieren können"

Ein Zeuge widerspricht im Untersuchungsausschuss den LKA-Beamten: Es sei genug Personal verfügbar gewesen.

Von Sabine Beikler

Deutlicher kann eine Aussage im Amri-Untersuchungsausschuss nicht sein: „Es gab kein Kapazitätsproblem bei den Mobilen Einsatzkommandos. Wir hätten Amri observieren können“, sagte am Freitag Stefan Redlich im Ausschuss, der frühere Pressesprecher der Berliner Polizei und ab Juni 2016 für die Mobilen Einsatzkommandos (MEK) verantwortlich. Kein einziges Mal“ sei Amri von Seiten des Staatsschutzes seit Mitte Juni 2016 gegenüber dem MEK genannt worden“, sagte Redlich, der heute den Stab im Landeskriminalamt (LKA) leitet.
Redlichs Aussage steht im Gegensatz zu Äußerungen von LKA-Beamten im Ausschuss, die regelmäßig darauf verwiesen, dass es keine personellen Kapazitäten gegeben habe, Amri weiter zu observieren. Der spätere Attentäter war mehrmals Thema im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ).

Laut einer internen Mitteilung im GTAZ vom 15. Juni betonte dort das LKA Berlin, dass „Operativmaßnahmen im bisherigen Umfang“ nicht mehr gewährleistet werden könnten. Die Observierung wurde eingestellt, obwohl es einen staatsanwaltschaftlichen Beschluss gab, Amri bis 21. Oktober weiter zu observieren.

Die Mobilen Einsatzkräfte führen verdeckte Observationen durch, wenn sie Aufträge aus Ermittlungsbereichen zugewiesen bekommen. Und das ist nicht weiter geschehen.

Nach dem Anschlag am 19. Dezember 2016 auf dem Breitscheidplatz, bei dem zwölf Menschen ermordet wurden, wurde erst drei Stunden später, um 23.08 Uhr, die „Maßnahme 300“ ausgerufen und eine systematische Kontrolle islamistischer Gefährder in Deutschland ausgelöst. Drei Teams des Mobilen Einsatzkommandos und zwei weitere Fahndungsgruppen starteten in der Nacht nach dem Anschlag die direkte Überprüfung von 40 bekannten islamistischen Gefährdern in Berlin.

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Eine Priorisierung bestimmter Personen gab es in dieser Nacht offenbar nicht. Diese 50 Spezialisten hätten zum Teil nicht mehr verdeckt gearbeitet, wie das normalerweise bei Mitarbeitern des MEK der Fall ist. „Macht es offen, wenn es nicht anders geht“, sei die Devise gewesen, sagt Redlich. Ziel war es zu prüfen, ob Gefährder zuhause anzutreffen waren – mehr nicht. Obwohl laut des damaligen Polizeiführers Jörg Wuttig – am Freitag der zweite Zeuge im Ausschuss – schon kurz vor Mitternacht klar war, dass der kurz nach dem Attentat festgenommene Pakistaner Navid.B. nicht der Täter sein konnte. Nach Amri wurde zu diesem Zeitpunkt nicht gefahndet.

Erst einen Tag später um 16.45 Uhr wurden dessen Duldungspapiere in dem Lkw gefunden. Am 23. Dezember wurde der Attentäter in Italien bei einer Polizeikontrolle nach einem Schusswechsel erschossen.

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