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Nur für Große. Die Aussicht auf den See ist erst ab 14 erlaubt.

© Christine Erdmann/dpa

Am Wentowsee in Brandenburg: Campingplatz will keine Kinder als Gäste

Ein Campingplatz in Brandenburg lässt keine Gäste unter 14 aufs Gelände. Jetzt sieht er sich dem Vorwurf der Kinderfeindlichkeit ausgesetzt.

Kein Ort für Kinder: Ein Campingplatz in Brandenburg nimmt keine Gäste unter 14 Jahren auf und stößt damit auf Kritik - wie Zustimmung. „Wir wollen Ruhe verkaufen. Unser Platz lebt vom Vogelgezwitscher“, sagte die Betreiberin des Platzes am Großen Wentowsee Christiane Erdmann. „Bei uns wird man am Morgen von Vögeln geweckt und nicht von Kindern.“ Die Zielgruppe? „Wir haben viele Gäste, die im Alltag mit Kindern arbeiten - als Lehrer oder im sozialen Bereich. Und die sagen: In unserer Freizeit wollen wir einfach abschalten.“ Im Netz wird der Ausflugsort als „Campingplatz für Erwachsene“ beworben.

Betreiberin hat zwei Kinder

Erdmann - selbst Mutter von zwei kleinen Kindern - verwies darauf, dass solche Erholungsorte nur für Erwachsene etwa in Großbritannien ganz normal und dort völlig unumstritten seien. Zudem gebe es in der Nähe ihres Platzes eine Ausweichmöglichkeit: „Wir arbeiten mit dem Campingplatz am Ellbogensee zusammen, der sich auf Kinder und Familien spezialisiert hat. Wir schicken uns dann die Gäste zu.“

Erst vor kurzem hatte ein Hotel im brandenburgischen Bad Saarow viel Kritik einstecken müssen, weil es nur noch Gäste ab 16 Jahren beherbergt. Im vergangenen Jahr hatte zuvor ein Wirt in Düsseldorf in Sozialen Netzwerken für Aufregung gesorgt, der einen Teil seines Biergartens mit dem Schild „Keine Kinder - Keine Hunde“ absperrte.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sieht das Geschäftsmodell, Kinder außen vor zu lassen, kritisch. Eine Regelung, bei der Hotels oder Campingplätze nur Erwachsene zulassen, könne gegen geltendes Recht verstoßen. „Die Frage ist, ob es einen sachlichen Grund für solch eine unterschiedliche Behandlung gibt“, heißt es in einem Statement. „Vor drei Jahren hat einmal ein Gericht geurteilt, das „gänzliche andere Ruhe- und Erholungsbedürfnis“ von Erwachsenen im Vergleich zu Kindern sei ein solcher sachlicher Grund.“

Auch Erwachsene werden benachteiligt

Bei der Antidiskriminierungsstelle sieht man eine solche Logik mit Skepsis. „Denn wenn Kinder pauschal ausgeschlossen werden, benachteiligt das ja auch die Eltern, die ein Hotel oder einen Campingplatz als Familie dann nicht besuchen können. Dann werden auch die Erwachsenen benachteiligt, und zwar wegen des Alters ihrer Kinder.“

Erdmann betonte, ihre Altersbegrenzung solle nicht persönlich genommen werden. „Das ist eines von vielen Konzepten. Ich bin Nichtraucher und gehe dann auch gezielt nicht in die Raucherkneipe. Ich verstehe auch nicht, dass man sich so darüber aufregen kann.“

"Kinderlärm ist wie Vogelgezwitscher"

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Brandenburger Landtag, Ursula Nonnemacher, sagte: „Die hier zum Ausdruck kommende Haltung finde ich höchst fragwürdig, die Argumentation, es gebe ja genug andere Angebote für Kinder, bigott.“ Konflikte zwischen ruhebedürftigen Älteren und lauten Kindern gebe es seit Menschengedenken. Sie empfehle hier etwas mehr Großmut, erklärte Nonnemacher: „Kinderlärm gehört zum Leben wie Vogelgezwitscher und Sommerregen.“

"Der Campingplatz wird zur Mumie"

Die Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes, Paula Honkanen-Schoberth, bezeichnete die Entscheidung des Campingplatzbetreibers als sehr bedauerlich. Deutschland entwickele sich zu einer „kinderentwöhnten Gesellschaft“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Einerseits werde immer betont, wie wichtig Kinder seien, andererseits würden sie diskriminiert und ausgeschlossen: „Und das gerade auf einem Campingplatz, wo man Kindern doch immer sagt, es sei wichtig, raus an die frische Luft und in die Natur zu kommen. Dieser Campingplatz wird zu einer Mumie.“

"Einfach nur asozial"

Im Online-Gästebuch des Platzes im Ortsteil Tornow von Fürstenberg fanden sich in den vergangenen Tagen sowohl zustimmende als auch klar ablehnende Einträge. Ein Nutzer „Michael Miller“, der sich als Vater zweier Kinder im Alter von neun und 14 Jahren auswies, schrieb am Mittwoch dass er „in Zukunft einen Bogen um diesen Platz machen wird“. Ein „Hermann B.“ schrieb: „Wir besuchen Euch nicht mehr.“ Ein anderer Nutzer meinte zu den Konzept: „Einfach nur asozial!“

Ermutigung für die Betreiberin

Andere wiederum ermutigten die Betreiberin Christiane Erdmann: „Lasst euch bloß nicht von irgendwelchen Leuten was von Diskriminierung oder so erzählen“, meinte „Campjo“. Eine „Anja“ kommentierte: „Endlich mal ein Platz, wo man in Ruhe Urlaub machen kann. Super!!!“. Ein Nutzer namens „Steffen“ schrieb ins Gästebuch: „Ich hoffe, dass es Ihnen noch viele gleich tun!!! Ich war schon in Deutschland auf Ferienanlagen, welche keine Kinder beherbergen und es war die reine Erholung.“

Neuer Trend im Tourismus

Der Tourismusforscher Jürgen Schmude von der Uni München betonte, dass es sich nicht um einen neuen Trend handele. „Es gibt ja bereits kinderfreie Hotels und umgekehrt auch Hotels, die nur Familien mit Kindern offenstehen“, sagte er dem epd. „Ich würde hier nicht von Diskriminierung sprechen, sondern von einer marktkonformen Ausrichtung an den Wünschen der Zielgruppe.“ Die Entscheidung könne sich für den Campingplatzbetreiber als positiv erweisen, sofern die Gäste eine kinderfreie Umgebung wünschten. (dpa/epd)

Tipps für Kinder und Erwachsene enthält übrigens das neue Tagesspiegel-Ausflugsheft über Brandenburg. Zu bestellen ist es unter dieser Adresse. Eine Leseprobe gibt es hier.

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