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Erst mal keine neuen Termine für Erstimpfungen: Das Impfzentrum auf dem Gelände des Filmparks Babelsberg in Potsdam.

© imago images/Steinach

Als Ersatz für Astrazeneca benötigt: Warum Brandenburg Erstimpfungen mit Biontech und Moderna einschränkt

Auf Empfehlung der Impfkommission bekommen Jüngere in Berlin und Brandenburg für die zweite Impfung Biontech und Moderna. Teilweise kommt es zu Engpässen.

Ende April wird es in Brandenburgs Impfzentren vorübergehend keine Erstimpfungen mit Biontech und Moderna mehr geben. Das kündigte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch überraschend im Innenausschuss des Brandenburger Landtags an.

Wie Stübgen erläuterte, sei es vordringlich, die mit Astrazeneca erfolgten Erstimpfungen abzusichern. „Ansonsten verlieren die Geimpften ihre Immunisierung und wir müssen wieder von vorn anfangen“, sagte Stübgen. „Da die Gesundheitsminister für dieses Manöver keinen zusätzlichen Impfstoff zur Verfügung stellen können, werden wir in anderen Bereichen Biontech und Moderna einsparen müssen.“ Daher werde man weniger zusätzliche Erstimpfungstermine anbieten, als bisher geplant.

„Termine die bereits vereinbart sind, werden aber nicht abgesagt“, sagte Stübgen. „Jeder zugesagte Erstimpftermin bleibt bestehen.“ Nicht betroffen von der Pause bei den Erstimpfungen sind die Impfungen in den Hausarztpraxen: Die niedergelassenen Ärzte erhalten ihren Impfstoff über den Apothekengroßhandel direkt vom Bund.

Auch in Berlin berichten Ärzte, dass Impfstoffe äußerst knapp sind. Praxen und Kliniken erhalten seit Tagen weniger als geplant. So kritisch wie in Brandenburg sei die Situation aber noch nicht, sagte Mario Czaja, Landeschef des Deutschen Roten Kreuzes und organisatorischer Leiter der Berliner Impfzentren, dem Tagesspiegel.

„In Berlin muss das Impfen vorerst nicht ausgesetzt werden, weil noch ausreichend Dosen da sind und Zweitimpfungen – soweit angemessen – nach hinten verschoben werden“, sagt Czaja. Die Firma Biontech habe zudem angekündigt, Lieferungen vorzuziehen.

Am Dienstagabend hatte die Gesundheitsministerkonferenz der Länder beschlossen, dass alle Geimpften, die jünger als 60 Jahre alt sind und in der Erstimpfung Astrazeneca erhalten haben, nun die Produkte von Biontech und Moderna für die Zweitimpfung erhalten sollen. In Brandenburg sind davon rund 62.000 Personen betroffen.

Zweitimpfung erfolgt im Abstand von zwölf Wochen

Auch Berlin will die Zweitimpfungen in dieser Altersgruppe nun mit Biontech und Moderna vornehmen. Die Zweitimpfung der mit Astrazeneca geimpften Menschen, die älter als 60 Jahre sind, erfolge weiterhin mit dem gleichen Impfstoff im Abstand von zwölf Wochen. Deren Impfungen werden im Corona-Impfzentrum Tempelhof (Hangar 4) stattfinden, auch wenn die Erstimpfung in Tegel stattgefunden haben sollte, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Mittwoch mit.

Für den vollen Impfschutz ist bei den meisten der derzeit zugelassenen Impfstoffe eine zweite Impfdosis nötig. Der Empfehlung der Ständigen Impfkommission zufolge soll bei Astrazeneca die zweite Dosis zwölf Wochen nach der ersten Impfung verabreicht werden.

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Angesichts des Impfstoffmangels haben in den vergangenen Wochen Expertinnen und Experten immer wieder gefordert, sich auf die Erstimpfungen zu konzentrieren, um bei möglichst vielen Menschen einen ersten Schutz aufzubauen. Daraufhin wurde der Abstand von Erst- und Zweitimpfung von der Stiko beispielsweise bei Astrazeneca von sechs auf zwölf Wochen deutlich verlängert.

Verzichtbar ist die zweite Dosis aber nicht. Die Zweitimpfung sei sehr wichtig, um einen noch stärkeren und vor allem länger anhaltenden Schutz aufzubauen, sagen Experten. Man sollte nicht warten, bis die Antikörper nach der ersten Impfung wieder abfallen, sondern im Gegenteil die Effizienz der Abwehr mit der zweiten Dosis stärken. Allerdings fehlen bisher belastbare Langfristdaten, wie schnell die Antikörper nach der Erstimpfung absacken und um wie viel.

Die sehr seltenen, aber lebensgefährlichen Thrombosen in Hirnvenen vor allem bei Frauen unter 60 Jahren haben dazu geführt, dass die Stiko darüber grübelte, ob man verschiedene Impfstoffe für die zwei Dosen miteinander kombinieren könnte. Bislang galt: Eine begonnene Impfserie muss mit demselben Produkt abgeschlossen werden.

Nun hat die Stiko eine Ausnahme definiert für Personen unter 60 Jahren, die als erste Dosis das Vakzin von Astrazeneca erhalten hatten. Bis entsprechende Daten vorlägen, empfehle man, bei diesen Personen anstelle einer zweiten Astrazeneca-Impfstoffdosis nach zwölf Wochen einen mRNA-Impfstoff - also Biontech/Pfizer oder Moderna - zu verabreichen.

Linke: „Stopp zerstört Perspektiven“

Auf scharfe Kritik stieß die Ankündigung Stübgens bei den oppositionellen Linken. „Dieser Stopp bedeutet für viele BrandenburgerInnen erneut eine Desillusionierung und zerstört Perspektiven, gesund durch diese Pandemie zu kommen“, erklärte deren gesundheitspolitischer Sprecher Ronny Kretschmer. Aus Sicht der Linken müsste der Astrazeneca-Impfstoff in Brandenburg nun für alle Über-60-Jährigen freigegeben werden.

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Bislang ist die Impfung für über 60-Jährige in der Mark im Unterschied zu Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, wo sich am Osterwochenende auch Brandenburgs in der Hauptstadt lebender Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) mit Astrazeneca impfen ließ, nur in Einzelfällen in den Hausarztpraxen möglich.

In Brandenburg haben mit Stand Mittwoch etwa 429.000 Menschen einen Erstimpfung erhalten. Rund 144.000 sind vollständig geimpft, was einer Quote von 17 Prozent bei den Erstimpfungen und 5,7 Prozent bei den Zweitimpfungen entspricht. Mittlerweile zeigt die Impfkampagne auch an einer Stelle bereits Wirkung: Ein Infektionsgeschehen in den mittlerweile durchgeimpften Pflegeheimen sei „mittlerweile fast nicht mehr nachweisbar“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Mittwoch.

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