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Maske nur vor den Augen: Michael Bründel alias Captain Future im Jahr 2021 in Potsdam.

© Christoph Kluge

Update

Als DJ im Berliner Fetisch-Club KitKat: „Querdenker“ Captain Future wieder ausgeladen

Corona-Verharmloser Michael Bründel inszenierte sich als Spaß-Kritiker. Nun sollte er im KitKat-Club auftreten. Nach großem Aufruhr wurde er wieder ausgeladen.

Wenn es bei den „Querdenkern“ so etwas wie eine Spaßguerilla gab, war Michael Bründel ihr Chef. Der Berliner inszenierte sich in der Hochphase der Corona-Pandemie als selbsternannter Superheld „Captain Future“ und tauchte mit seinen Anhängern von der „Freedom Parade“ immer wieder bei Demonstrationen der Corona-Verharmloser auf.

Die Aktionen waren jedoch alles andere als witzig: Als längst erwiesen war, dass Abstand und Masken vor einer Ansteckung schützen, lief Captain Future mit seinen Leuten distanzlos durch Supermärkte und sang Ein bisschen Sars muss sein“. Außer einer gelben Superhelden-Maske vor seinen Augen trug er nichts im Gesicht.

Und nachdem unzählige Leute auf den Intensivstationen an Covid-19 gestorben waren, feierte Bründel im Herbst 2021 in seiner Friedrichshainer Wohnung mit Dutzenden Freunden seinen 44. Geburtstag, die Leute skandierten „Frieden, Freiheit, keine Diktatur“.

Wenig später berichtete er selbst, eine Woche lang mit grippeähnlichen Symptomen im Bett gelegen zu haben. „Ob's Corona war, weiß ich nicht“, erzählte er in einem Video. Einen Test habe er nicht gemacht. „Es ist mir auch völlig egal.“

So egal offenbar wie die Nähe zu Verschwörungsideologen und Reichsbürgern, durch die die „Freedom Parade“ immer wieder auffiel. In Bründels Gefolge reiste schon mal ein Holocaustleugner mit, seine Anhänger verglichen Polizisten mit SA und SS, er selbst trat an der Seite von Rechtsextremisten auf oder bedrängte und beschimpfte im Wahlkampf die SPD-Politiker Olaf Scholz und Andreas Geisel.´

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Nun jedoch, da das Coronavirus wegen der Omikron-Variante seinen größten Schrecken verloren hat, sollte auch Bründel wieder mitfeiern, als wäre nichts gewesen. Am 17. Juni sollte er in einem der berühmtesten Clubs Berlins auflegen, dem KitKat-Club in der Köpenicker Straße in Mitte, weltbekannt für seine Fetisch-Partys. Nach großer Aufregung in der Berliner Partyszene wurde Bründel nun doch wieder ausgeladen.

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Bründel, der sich auch vor der Pandemie schon in der Partyszene bewegte und selbst Fetisch-Feiern organisierte, war bei der „Mystic-Rose“-Party, einer Psytrance-Veranstaltung, ab Mitternacht im „Separee“ des Clubs als DJ Captain Future angekündigt. Fünf Stunden sollte er Musik machen. Nun wurde Bründel vom Veranstalter der Party wieder ausgeladen. Das verkündete er auf Facebook.

„Ein Freak, ein Anarchist, mit eher linken Ideen"

Der „Mystic-Rose“-Veranstalter schrieb: „Das Booking von Captain Future war MEINE Idee, nicht die des KitKatClubs ! Ich habe ihn gebucht als DJ, nicht als Politaktivist. Denn als DJ gefällt er mir verdammt gut! Warum prügelt ihr auf den KitKatClub ein? " Die Reaktionen auf das Booking von Michael Bründel findet er, der sich Ananto nennt, „unerträglich". Das hätten der KitKat-Club und seine Inhaberin nicht verdient. „Und das hat auch Michael Bründel aka Captain Future nicht verdient", findet der „Mystic-Rose"-Veranstalter.

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Ananto, der mit bürgerlichem Namen Ingo Damm heißt, habe Bründel „als einen weltoffenen und inspirierten Menschen kennengelernt." Bründel sei in seinen Augen „ein Freak, ein Anarchist, mit eher linken Ideen." Er greife zwar „zu Mitteln des Protestes, die man fragwürdig finden kann". Eines sei er jedoch nicht: ein Nazi, ein Rechter, oder auch nur rechtsoffen, auch wenn er sich mit mit Nazis oder AfD-Politikern ablichten ließ.

„Wer noch zu dieser Party geht, macht sich gemein mit Antisemiten und Rechtsextremisten"

Der Party-Veranstalter Damm respektiere zwar, dass viele „ein Problem damit haben", dass Bründel bei seinem Event auflegen sollte. Aber die Situation sei eskaliert.

Die Reaktionen auf Damms Statement waren geteilt: „Ananto hat gezeigt, wo er steht. Wer noch zu dieser Party geht, macht sich gemein mit Antisemiten und Rechtsextremisten" schrieb ein User. Andere solidarisierten sich mit Bründel: Der „Shitstorm" sei ein Resultat von „Propaganda", die Gegner der Corona-Maßnahmen mit Nazis „in einen Sack" werfen würde, kommentierte eine Userin.

„Ich würde noch Attila Hildmann fürs Catering buchen“

Am Wochenende war die Kritik am Booking Bründels groß: „Wird er denn auch seine großen Hits 'Ein bisschen Sars muss sein!' und 'Wer hat die Affenpocken gebracht? Wer hat die Affenpocken gebracht? Ich sag: Herr Lauterbach' auflegen?“, fragte ein Nutzer auf der Facebook-Seite des Clubs. „Ob dann wohl alle zu 'Ein bisschen Sars muss sein' schunkeln und fröhlich nackend mit Krimsekt auf die überflüssigen verflossenen 80-Jährigen anstoßen?“, ätzte ein anderer.

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Ein weiterer Nutzer schrieb: „Ich würde noch Attila Hildmann fürs Catering buchen“ - der als Vegankoch bekannt gewordene Hildmann entpuppte sich in der Coronakrise ebenfalls als Verschwörungsideologe und wird mittlerweile per Haftbefehl gesucht, setzte sich jedoch vorher in die Türkei ab.

Club-Chefin: Im KitKat „einfach nur DJ, nichts anderes"

KitKat-Betreiberin Kirsten Krüger, die in diesem Fall nur Gastgeberin, aber nicht Veranstalterin der Party ist, nahm am Freitagabend bei Facebook Stellung zu der Personalie. Bründel sei in seinem Superhelden-Kostüm „durchaus unterhaltsam", schrieb sie. „Ich kenne ihn begrenzt, also eigentlich gar nicht. Er war ab und an im Club und hat auch wenige Male aufgelegt. Ich weiß nicht einmal mehr, bei welcher Veranstaltung, bei unserer nie.“

In den vergangenen beiden Jahren habe Bründel sie gefragt, ob das KitKat ihn nicht bei seinen Aktivitäten unterstützen wolle, berichtete Krüger weiter. „Nein, wollten wir nicht.“ Bei der „Mystic Rose“ sei er jedoch „einfach nur DJ, nichts anderes“. Es gebe einfach verschiedene Meinungen zu Corona, das müsse sie akzeptieren.

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Sie selbst würde Captain Future „niemals buchen, mochte ihn auch vor Corona nicht“, versicherte die KitKat-Inhaberin. Von dem aktuellen Engagement habe sie erst am Donnerstag erfahren. „Er bekommt für seine wirren Vorstellungen keine Bühne.“ Darum würde sie sich selbst kümmern.

Dann sprach sie sich gegen eine Ausgrenzung aus. „Ich finde es auch grausig, dass russische Künstler überall ausgeladen werden, nur, weil sie sich nicht explizit gegen Putin aussprechen", schrieb Krüger. „Alles schwierig.“

[Schöner feiern ohne Schwurbler: Ein „Querdenker“-DJ hat im KitKat nichts zu suchen. Lesen Sie den Kommentar von Julius Geiler bei Tagesspiegel Plus.]

Bei den Anhängern auf Facebook stieß das auf große Ablehnung. Sie sei „schwer enttäuscht von der Stellungnahme“, schrieb eine Frau und kündigte an, das KitKat nicht mehr besuchen zu wollen - sie werde sich unter diesen Umständen nicht mehr so wohl und sicher fühlen, „wie ich das für euren Laden brauche“.

Andere äußerten sich ähnlich, nannten die Stellungnahme „peinlich“ oder kritisierten sie noch drastischer. Teilweise gab es auch Zustimmung. Eine Nutzerin schrieb: „Richtige Entscheidung. Techno sollte unpolitisch sein.“

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