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Der WhatsApp-Chat zwischen den AfD-Politikern Ronald Gläser und Stephan Wirtensohn.

© Scrreenshot: privat

Exklusiv

AfD-Streit in Berlin eskaliert: Parteisprecher Gläser findet Sturmgewehr gegen Antifa „toll”

„Haben will”: Ein Maschinengewehr gegen die Antifa? Das findet der Sprecher der Berliner AfD „toll”. Ein WhatsApp-Post setzt Ronald Gläser unter Druck.

Vor wenigen Wochen erst machte der Berliner AfD-Landesvorsitzende Georg Pazderski mit dem Aufruf von sich reden, seine Partei einem "Reinigungsprozess" unterziehen zu wollen. "Verwirrte Köpfe mit rechtsradikalem Gedankengut" hätten in der AfD nichts verloren, sagte der Vize-Chef des Bundesverbands seiner Partei damals.

Gut möglich, dass Pazderski diese Ankündigung nun in Zugzwang bringt. Ronald Gläser, Sprecher des Berliner AfD-Landesverbands und einer der vier Stellvertreter Pazderskis im Fraktionsvorstand, dürfte nach einem Whatsapp-Kommentar genau in diese Kategorie verwirrter Rechtsradikaler fallen.

Konkret geht es um ein Foto des AfD-Fraktionsvorsitzenden in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Pankow, Stephan Wirtensohn. Der hatte im Dezember 2017 ein Foto von sich mit einem Sturmgewehr an mehrere Parteifreunde versendet, darunter auch Gläser. Kommentiert hatte Wirtensohn das Bild mit dem Zusatz "Antifaneutralisator" und Zwinkersmiley. Eine offensichtliche Bezugnahme auf den politischen Gegner, den es zu neutralisieren, sprich zu töten, gelte.

Gläser kommentierte den Post erst mit den Worten "Haben will.", fügte dann ein "Toll." hinzu. Der entsprechende Chatverlauf liegt dem Tagesspiegel vor. Wirtensohn schloss die Unterhaltung mit den Worten ab: "Habe Sammelbestellung aufgenommen".

Im Abgeordnetenhaus sitzt AfD-Sprecher Ronald Gläser direkt hinter Fraktionschef Georg Pazderski. Dem dürfte dessen Wortwahl gar nicht passen.
Im Abgeordnetenhaus sitzt AfD-Sprecher Ronald Gläser direkt hinter Fraktionschef Georg Pazderski. Dem dürfte dessen Wortwahl gar nicht passen.

© Michael Kappeler

Auf Nachfrage bestätigte Gläser am Donnerstag, den Kommentar verfasst zu haben. Der AfD-Sprecher erklärte: "Ich fand das Foto cool, das er da gemacht hat." Der Kommentar "Antifaneutralisator" sei ihm erst später aufgefallen. "Da habe ich zu dem Zeitpunkt gar nicht drauf geachtet", sagte Gläser. Heute würde er den Kommentar so nicht erneut verfassen. Mit der Kommentierung "Antifaneutralisator" wolle er sich nicht gemein machen.

Dass der Chat zwischen Wirtensohn und Gläser ausgerechnet jetzt auftaucht, ist kein Zufall. Beide gehören dem AfD-Bezirksverband von Pankow an, der sich an der Personalie Andreas Geithe in zwei Lager spaltet. Geithe ist Bürgerdeputierter der AfD in der BVV, laut Wirtensohn war er Mitglied der 1992 verbotenen Neonazi-Organisation "Nationalistische Front" und gehört der rechtsextremen Szene an. Wirtensohns Versuch, Geithe als Bürgerdeputierter von der Bezirksverordnetenversammlung abberufen zu lassen, scheiterte. Bei der Sondersitzung am Mittwoch haben SPD und Linke den Saal verlassen, deshalb gab es nicht die nötigen Stimmen für Wirtensohns Antrag.

Gläser wiederum ist - wie drei weitere Mitglieder der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Mieter bei Geithes. Gläsers Wahlkreisbüro befindet sich in einem Gebäude, dass Geithe offenbar gehört. Im Zuge dieser Auseinandersetzung gelang das Bild und der Kommentar Gläsers nun an die Öffentlichkeit.

Gegen den Pankower Wirtensohn läuft ein Ausschlussverfahren

Neben dem Bezirksvorsitzenden der AfD-Pankow, Michael Adam, ist mittlerweile auch der Landesvorstand in den Streit involviert. Laut Wirtensohn liegt der Whatsapp-Chat zwischen ihm und Gläser auch dem Parteivorsitzenden Georg Pazderski vor, der sich dazu jedoch bislang nicht äußerte.

Fest steht: In seiner jüngsten Sitzung am vergangenen Dienstag leitete der Landesvorstand, dem Gläser als Beisitzer angehört, ein Parteiausschlussverfahren gegen Wirtensohn ein. Der Vorwurf: parteischädigendes Verhalten. Laut Adam soll es sich konkret um den Verdacht der Volksverhetzung handeln, ausgelöst durch von Wirtensohn verschickte Nachrichten - via Whatsapp.

Gläser wiederum, der sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel über die Veröffentlichung "privater Kommunikation" beschwerte, hatte in der Vergangenheit gleich mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. Im Jahr 2018 veröffentlichte er Teile eines zuvor geleakten Haftbefehls nach einer Messerstecherei in Chemnitz via Twitter. Später wurde er deshalb vom Vorsitz des Ausschusses für Kommunikationstechnologie und Datenschutz abgewählt. Im Dezember 2018 sorgte er mit einem Tweet zu Gewalt gegenüber Journalisten für Empörung.

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