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Bereits jetzt arbeiten in Berlin viele Ärzte aus anderen EU-Ländern, Syrien, Irak und Russland.

© Jens Wolf/dpa

Ärztemangel: Berliner FDP will mehr ausländische Mediziner anwerben

In der Hauptstadt fehlt es an Ärzten. Der Anerkennungsprozess von im Ausland erworbenen Abschlüssen ist jedoch langwierig.

In Berlin fehlen Ärzte – dass wissen die Leiter der Gesundheitsämter, die Berliner Feuerwehr und die Kassenärztliche Vereinigung, die für die Verteilung der Praxen verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass die Bevölkerung der Stadt wächst und im Schnitt älter wird – also noch mehr Mediziner brauchen wird. In der Opposition setzen einige nun mehr denn je auf Fachleute aus dem Ausland.

Schon aus demografischen Gründen, sagte Stefan Förster (FDP), seien auch Ärzte aus dem Ausland für die Versorgung der Stadt erforderlich. Förster ist Wissenschaftsexperte seiner Fraktion im Abgeordnetenhaus und fordert eine „Entbürokratisierung und Beschleunigung“ der Anerkennungsprozesse bei ausländischen Bewerbern. Das gehe auf Landesebene – schließlich setze jedes Land die auf Bundesebene ausgearbeiteten Richtlinien mit eigener Strenge um.

Streit über Gleichwertigkeit der Abschlüsse

In Berlin haben 32 000 Ärzte eine Zulassung, fast 22 600 von ihnen sind berufstätig. Zum Jahreswechsel besaßen 1263 Ärzte keine EU-Staatsangehörigkeit. Für EU-Bürger sind Berufstätigkeit und ärztliche Zulassung meist einfacher zu erhalten. Aus der EU arbeiten in Berlin vor allem Ärzte aus Rumänen, Griechen und Polen. Bei den Nicht-EU-Herkunftsländern sind Syrien, Irak und Russland zu nennen. Vor allem darüber, ob Abschlüsse aus Nicht-EU-Ländern mit den hiesigen gleichwertig sind, wird in der Zunft debattiert. In Kliniken und Fachverbänden gibt es auch Kritik: Statt neue Studienplätze zu schaffen, werbe man teilweise schlechter ausgebildete Mediziner aus dem Ausland an. Die Bundesärztekammer teilte kürzlich mit, Deutschland bräuchte bundesweit mindestens 1500 weitere Medizinstudienplätze.

Prüfung dauert in Einzelfällen bis zu einem Jahr

Die Durchfallquote bei den Sprach- und Medizinprüfungen liegt – je nachdem welcher Jahrgang und welches Bundesland gefragt wird – bei bis zu 50 Prozent. In Berlin ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) für die Anerkennung ausländischer Abschlüsse zuständig. Das Verfahren dauere dort tatsächlich zu lange, sagte auch Günther Jonitz, die Kenntnisstandprüfung erfolge zuweilen erst nach vielen Monaten.

Jonitz ist Präsident der für Ethik und Berufsbildung zuständigen Berliner Ärztekammer. Auch er setzt auf Ärzte aus dem Ausland, warnt aber vor allzu großen Hoffnungen. „Wir kennen Einzelfälle, bei denen sich in der praktischen Arbeit herausstellt, dass keine oder eine viel zu geringe Qualifikation vorliegt“, sagte Jonitz. „In der Regel sind die Prüfungen aber gut organisiert und stimmig.“ Innerhalb von drei Monaten sollten der Kenntnisstand- und die Fachsprachprüfung erfolgt sein, sagte Jonitz, bislang dauert das alles in Einzelfällen bis zu einem Jahr.

In der Ärztekammer wird nun erwogen, Mentorenprogramme einzuführen. „Wir haben Ärzte aus 100 Ländern in unseren Reihen“, sagte Jonitz. „Diese könnten bei entsprechender Bereitschaft die Integration erleichtern.“ Man spreche dazu mit dem Lageso.

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