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Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke).

© Doris Spiekermann-Klaas

Update

Ärmere weichen in Außenbezirke aus: Berliner Politiker wollen mehr gegen Verdrängung aus der Innenstadt tun

Katja Kipping und Christian Gräff sprechen sich für eine „soziale Durchmischung“ in Berlin aus. Derweil übt die Bundesagentur für Arbeit Kritik an der Interpretation der Zahlen.

Von Sandra Dassler

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Christian Gräff, erwartet vom neuen Senat, dass er sich nicht nur um eine bessere „soziale Durchmischung“ der Bevölkerung in der Berliner Innenstadt bemüht, sondern auch in den Außenbezirken.

„Da ist es eben nicht zielführend, wenn man in Marzahn-Hellersdorf gerade wieder 1500 Wohnungen baut, von denen 70 Prozent Sozialwohnungen sind“, sagte Gräff am Mittwoch dem Tagesspiegel: „Vielmehr sollte es dort auch lukrative Angebote für Familien oder junge Start-up-Unternehmer geben, also für Menschen mit mittlerem Einkommen. Auch Eigentumswohnungen müssen dort entstehen, sonst kriegt man keine gesunde Mischung hin.“

Gräff, der von 2006 bis 2016 Bezirksstadtrat in Marzahn-Hellersdorf war, reagierte damit auf einen RBB-Bericht, wonach immer mehr ärmere Menschen aus der Innenstadt Berlins an den Stadtrand ziehen. Den Trend gebe es schon lange, sagt er: „Aber in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Situation nochmal dramatisch verschärft.“ Das habe auch damit zu tun, dass sich der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund beispielsweise in Marzahn-Hellersdorf sehr stark erhöht habe.

Auch Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) will mehr gegen die Verdrängung ärmerer Menschen aus der Innenstadt tun. Im RBB-Inforadio sagte sie, man müsse darauf achten, dass „in ganz bestimmten Stadtteilen nicht nur Luxuswohnungen entstehen und dass städtischer Grund und Boden nicht mehr privatisiert wird“. Sozialpolitik könne abfedernd wirken, indem etwa neue Stadtteilzentren als Begegnungsorte entstünden.

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Der RBB hatte seinen Bericht über die Verdrängung von ärmeren Menschen an den Stadtrand auch mit Daten der Bundesagentur für Arbeit belegt. Danach sind zwischen 2007 bis 2020 Tausende von Hartz-IV-Empfängern aus der Innenstadt in die Außenbezirke gezogen. So nahm etwa die Zahl der Leistungsberechtigten in Mitte um mehr als 14 000 ab. In Spandau stieg die Zahl im gleichen Zeitraum um knapp 10 000 und in Marzahn-Hellersdorf um knapp 11 000.

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Ein Sprecher der Behörde bestätigte die Zahlen zwar, sagte aber, dass sie nicht geeignet seien, eine Verdrängung von Leistungsempfängern an den Stadtrand zu belegen. „Das ist eine Miss-Interpretation: Dass die Zahl etwa in Mitte abgenommen hat, kann ja auch daran liegen, dass die Empfänger Arbeit gefunden haben und deshalb aus der Statistik herausgefallen sind. Es ist jedenfalls nicht damit gleichzusetzen, dass sie an den Stadtrand umgezogen sind.“

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