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Auch eine Grußbotschaft kann negative Folgen haben: das verhüllte Haus am Kaiserdamm.

© Cay Dobberke

Ärger um Werbung mit Corona-Dank: Riesenposter von Shell verdunkelt Berliner Wohnhaus

An der Fassade eines Charlottenburger Wohngebäudes dankt der Ölkonzern Shell allen Corona-Krisenhelfern – zum Verdruss der Mieter hinter der Plane.

Wie alle Berliner sollen die Charlottenburger Hausbewohner am Kaiserdamm 109 nahe dem Lietzensee während der Coronakrise zu Hause bleiben. Doch ausgerechnet jetzt verdunkelt ein neues Riesenposter an der eingerüsteten Fassade fast alle Wohnungen. Es versperrt den Blick aus den Fenstern oder von den Balkonen.

Auf der gelben Plane dankt der Mineralöl- und Erdgaskonzern Shell „allen Helfern und unseren Teams an den Tankstellen, die dazu beitragen, die Krise zu bewältigen“. Zum Witzlebenplatz hin lautet die Aufschrift: „Eigentlich wollten wir hier Werbung machen – jetzt machen wir Ihnen lieber Mut!“.

Aber auf Mieter wie Christine Kahrmann, die in der vierten Etage eine Einzimmerwohnung hat, wirkt der Slogan „nur zynisch“. Die Hausbewohner würden „um Licht und Luft“ gebracht und nachts zum Teil um ihren Schlaf, weil das Plakat dann mit Flutlicht angestrahlt werde.

Die Vorgeschichte reicht bis in den September 2019 zurück. Damals hatte die Hausverwaltung angekündigt, die Fassade und die Fenster renovieren zu lassen. Deshalb werde das ganze Haus für drei Monate eingerüstet. Im Hinterhaus und im Hof sind die Arbeiten inzwischen beendet. Vorne wurden bisher nur die Fenster gestrichen.

Erst im Februar ließ der Vermieter dort ein Baugerüst aufbauen und gab in Aushängen bekannt, es bleibe bis zum September stehen – und damit sieben statt der ursprünglich geplanten drei Monate lang. Von einer Plane war nicht die Rede.

Es begann mit Reklame für Carsharing

Ab dem 5. März blickten die überraschten Mieter auf ein Werbeposter eines Carsharing-Anbieters. Mehrere protestierten bei der Hausverwaltung, drohten Kürzungen ihrer Mietzahlungen an oder überwiesen diese nur „unter Vorbehalt“.

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Außerdem wandte sich Christine Kahrmann an den Charlottenburg-Wilmersdorfer Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Vor wenigen Tagen war das Poster plötzlich weg – doch es wurde prompt durch das Shell-Plakat ersetzt.

Bauamt will gegen das Poster vorgehen

Die im Herbst erteilte Genehmigung für Werbung am Gerüst sei am 31. März abgelaufen, stellt der Baustadtrat klar. Solche Erlaubnisse im Zusammenhang mit Bauarbeiten gewähre das Bezirksamt für maximal sechs Monate. Daran ändere sich auch nichts, wenn ein Immobilieneigentümer oder dessen Hausverwaltung ein Poster erst kurz vor dem Fristablauf aufhänge. „Wir werden jetzt die Entfernungsanordnung vorbereiten.“

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Schruoffeneger findet es „ziemlich unverschämt von der Firma und auch von Shell, den Menschen, die jetzt die Tage in der Wohnung verbringen müssen, illegal die Fenster zuzuhängen“. Deshalb werde er den beteiligten Unternehmen „auch noch einmal direkt schreiben“.

Die Hausverwaltung Deutsche Immobilien Management (DIM) will sich nicht dazu äußern. Sie handelt im Auftrag einer in Luxemburg angemeldeten Investmentgesellschaft.

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