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Franziska Giffey (SPD) war Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln und anschließend Bundesfamilienministerin. Aktuell ist sie Spitzenkandidatin der Berliner SPD für die Abgeordnetenhauswahl. 

© Kay Nietfeld/dpa

Ärger über Aussagen der SPD-Spitzenkandidatin: Giffey will schwere Straftäter abschieben lassen

Die Mehrheit der SPD lehnt Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien grundsätzlich ab. Spitzenkandidatin Franziska Giffey vertritt eine andere Position. 

Zwölf Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl sucht SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey die Konfrontation mit den Regierungspartnern – und Teilen der eigenen Partei. Der „Bild am Sonntag“ sagte Giffey zum Umgang mit aus Syrien oder Afghanistan geflüchteten Menschen, die in Deutschland schwere Straftaten begehen: „Ich bin da ganz klar: Schwerverbrecher und terroristische Gefährder müssen abgeschoben werden.“ 

Menschen, die vor Krieg und Zerstörung fliehen, müsse geholfen werden, sagte Giffey weiter, schränkte jedoch ein: „Wer aber schwere Straftaten begeht, wer Menschen vergewaltigt oder ermordet, hat sein Recht auf Asyl verwirkt.“

Damit distanziert sie sich nicht nur von Grünen und Linke – beide lehnen jede Art von Abschiebungen in Länder mit anhaltenden Bürgerkriegen ab und verweisen auf eine entsprechende Festlegung im Koalitionsvertrag –, sondern auch von der eigenen Partei. 

Auf dem SPD-Parteitag Ende April stimmte eine deutliche Mehrheit der Delegierten für einen Antrag, der Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien grundsätzlich ausschließt. „Das Recht auf Leben gilt uneingeschränkt für alle Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität oder Vorgeschichte“, heißt es in dem Antrag, der die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats „im Einklang mit dem Koalitionsvertrag“ dazu auffordert, Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien „auch im Einzelfall“ zu unterlassen. 

Die Annahme des Antrags galt als Kampfansage an Innensenator Andreas Geisel (SPD), der in der Vergangenheit immer wieder einzelne Straftäter nach Afghanistan hatte abschieben lassen – sehr zum Ärger von SPD-Parteilinken sowie der Koalitionspartner.

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Timo Schramm, Neuköllner SPD-Direktkandidat für die Abgeordnetenhauswahl und Urheber des vom Parteitag beschlossenen Antrags, kritisierte die eigene Spitzenkandidatin. Dem Tagesspiegel sagte Schramm: „Der Rechtsstaat, mit seinen Rechten und Pflichten, muss uneingeschränkt für alle gelten. Der Schutz der körperlichen Unversehrtheit und des Lebens gilt unabhängig von Herkunft und Vorgeschichte. Rückführungen in Regionen, in denen Rückführungen aus humanitären Gründen nicht tragbar sind, darf es nicht geben in der Sozialdemokratie.“ 

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Die Jusos Berlin erklärten mit Verweis auf den Parteitagsbeschluss: „Dieser bindet unsere Vorsitzende und Spitzenkandidatin. Wir Jusos werden daran immer wieder erinnern.“

Kritik kam auch aus der Linken: Ex-Fraktionschef Udo Wolf bezeichnete die Aussagen Giffeys als „reaktionären Unions-Unsinn“. Innenpolitiker Niklas Schrader schrieb auf Twitter: „Wie tief ist Frau Giffey eigentlich gesunken? Das Recht auf Asyl kann man nicht ‚verwirken‘, es gilt für alle.“

Tatsächlich fanden zuletzt Abschiebeflüge nach Afghanistan statt – das war vor dem Abzug der internationalen Truppen. Für Syrien war ein genereller Abschiebestopp zum Jahreswechsel auf Betreiben der Innenminister von CDU und CSU ausgelaufen. Bislang ist aber noch niemand dorthin zurückgeschickt worden. Die Innenminister der SPD lehnen das ab, auch wenn die Abschiebung von Straftätern oder Gefährdern im Einzelfall möglich wäre.

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