Adventszeit in Berliner Schulen: „Alle mögen eben Lichtlein“
Nikolaus, Tannenbaum und Krippenspiel: So begehen Schulen den Advent – auch wenn die meisten Kinder Muslime sind.
Am Montag ist es wieder so weit. „8 Uhr. Adventssingen in der Aula“ steht ganz oben im Wochenplan der Erika-Mann- rundschule in Wedding, und Rektorin Birgit Habermann findet nichts Besonderes dabei. Obwohl über zwei Drittel der Schüler muslimischer Herkunft sind, werden christliche Traditionen gepflegt. Dazu gehört nicht nur das wöchentliche Adventssingen, sondern dazu gehören auch Adventskränze oder anderer Schmuck in den Klassenräumen.
Konflikte mit den Eltern? Gebe es nicht, sie machen sogar mit, beim Salzteigbasteln etwa. Und zum Adventssingen kommen auch etliche Mütter oder Väter mit, um zuzuhören, berichtet Habermann.
Das Weihnachtsidyll in Wedding ist keine Ausnahme an Berliner Schulen mit hohem Migrantenanteil. Ob Kreuzberg, Neukölln oder Gesundbrunnen: Vielerorts geben sich Engel, Nikoläuse und Weihnachtsmänner ein munteres Stelldichein, und oftmals leuchten die Tannenbäume schon von Weitem durch die Foyerfenster auf die Straße.
Hunderte Sterne in der Köllnischen Heide
„Alle mögen eben Lichtlein“, lautet die pragmatische Erklärung, die Rektorin Astrid-Sabine Busse für diese Adventsbegeisterung unter ihren überwiegend muslimischen Kindern parat hat. Während sie am 6. Dezember treppauf, treppab durch ihre Schule an der Köllnischen Heide lief, riefen ihr die Kinder zu, was der Nikolaus am Morgen für Geschenke gebracht hat.
Das ist nicht selbstverständlich: Immerhin liegt die Schule nicht weit von der berüchtigten Al-Nur-Moschee, und etliche Eltern bringen von dort ihre Erziehungsvorstellungen mit. Die mögen dann bei der Schwimmbekleidung ihrer Töchter durchschlagen – nicht aber zwingend beim Umgang mit Weihnachtsbräuchen. Und so schweben dann auch in Busses Neuköllner Schule Hunderte selbst gebastelte Weihnachtssterne von den Decken, hängen am mannshohen Tannenbaum im Eingang oder kleben an den Fenstern – unter den milden Blicken etlicher Weihnachtsmänner, die in roten Papiermäntelchen die Flure an der Köllnischen Heide bewachen.
Selbst im Provisorium leuchten die Kerzen
Selbst an der Kreuzberger Kurt-Schumacher-Grundschule, die wegen Bauarbeiten vor sieben Jahren ins Horthaus ausgelagert wurde und dort beengt den Alltag zu bewältigen hat, schmückt nicht nur ein ansehnlicher Adventskranz den Tisch im Foyer, sondern auch ein großer Tannenbaum. Lediglich sein Schmuck verrät, dass an der Schule etwas anders ist: „Wir wünschen uns, dass unsere Schule keine Baustelle ist!!!“, hat ein Viertklässler als eine Art Weihnachtsappell auf einen Zettel geschrieben, der am Baum hängt. Auf eine weiße Kugel hat jemand „Zusammenhalt“ geschrieben.
Stollenbacken für den Weihnachtsmarkt
Weihnachtliches Schmücken und Adventssingen sind aber noch lange nicht alles, was auch die muslimisch erzogenen Kinder an vielen Schulen mit größter Selbstverständlichkeit mitmachen. Vielmehr gehören Krippenspiele ebenso dazu wie das Stollenbacken und der Verkauf von Schulprodukten auf dem Rixdorfer Weihnachtsmarkt.
Und sonst? Manche Schulklassen lesen zusätzlich noch weihnachtliche Geschichten, wobei es da eher nicht um Christi Geburt geht, sondern vielleicht nur um die Geschichte vom „Verliebten Weihnachtsmann“. Die wird gerade in der Klasse 5c der Charlottenburger Nehring-Grundschule gelesen.
Und einen Adventskalender hat die Klasse 5 c auch.