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Die verstärkten Sicherheitskontrollen hielten Berliner und Besucher nicht von einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt ab.

© REUTERS

Advent in Berlin: Keine Angst vorm Weihnachtsmarkt

Trotz Taschenkontrollen: Touristen und Berliner zog es am Adventswochenende auf die Weihnachtsmärkte. Am Sonnabend freute sich auch der Einzelhandel.

Von Sandra Dassler

„Glühwein geht immer“, sagt die Verkäuferin in der „Heißen Hütte“ und reicht zwei älteren Herren die Tassen: „Selbst als vor ein paar Jahren so ein Irrer K.-o.-Tropfen einsetzte und hier auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt zwei Leute umkippten, wurde weiter Glühwein getrunken.“

Die beiden älteren Herren – sie kommen aus Dänemark – genießen in kleinen Schlucken, lauschen dem Chor, der auf der Bühne vor dem Konzerthaus „Rudolph the Red Nosed Reindeer“ trällert und wärmen ihre Hände an den Tassen.

Die Leute lassen sich nicht verrückt machen

Es ist noch nicht so voll an diesem ersten Adventssonnabend auf dem Gendarmenmarkt, die Kälte und der Nieselregen treiben viele Besucher wohl eher in die überdachten, warmen Einkaufszentren. „Ich denke jedenfalls, dass es das Wetter ist“, sagt eine Bratwurstverkäuferin, die an der Kasse 3 schnell eine Pausenzigarette raucht. „Jedenfalls habe ich noch von keinem gehört, dass er wegen der Terrorgefahr nicht auf den Weihnachtsmarkt gehen will.“ Das bestätigt auch Sabrina Schwarz, die in der „Vogelvilla“ in Erwartung des nächsten Frühlings kreative und kunterbunte Vogelhäuschen verkauft. „Die Leute lassen sich nicht verrückt machen. Warum auch? Es kann ja überall passieren – in Geschäften, Restaurants, in der S- oder U-Bahn.“

Abgewiesen wurden nur zwei Herren mit großen Rollkoffern

Das hört man von vielen Besuchern, die an den Eingängen nicht nur ihre Eintrittskarten, sondern auch ihre Taschen und vor allem Rucksäcke öffnen müssen. Das angedachte generelle Rucksackverbot lässt sich offensichtlich nicht durchsetzen, schätzungsweise jeder dritte Besucher wäre sonst betroffen. „Ich habe heute bislang nur zwei Herren mit großen Rollkoffern abgewiesen“, sagt ein Sicherheitsmann. „Die waren natürlich ein wenig sauer, aber ansonsten gibt es viel Verständnis.“

 Weihnachts-Zauber auf dem Gendarmenmarkt.
Weihnachts-Zauber auf dem Gendarmenmarkt.

© dpa

„Ich komme aus Frankreich“, sagt eine ältere Frau, „ich finde das in Ordnung.“ „Volles Verständnis“ meint der Leiter einer Reisegruppe aus Holland, nur ein paar junge Leute halten die Kontrolle für überflüssig. „Wenn wirklich jemand etwas hereinbringen will, würde man das nicht verhindern können“, sagt einer von ihnen. „Es wird nicht besser, wenn man das Thema immer wieder ins Bewusstsein bringt – und sei es durch Presseberichte, Kontrollen oder Polizeipräsenz.“

Polizei ist sowohl in Unifom als auch zivil unterwegs

Eine Wissenschaftlerin aus Österreich, die einen Kongress für Psychologie und Psychotherapie besucht, sieht das anders. „Es ist wichtig, dass man über Gefahren und Ängste redet“, sagt sie: „Und es ist gut, dass viele eine Art gesunden Fatalismus entwickeln, denn wenn wir alle nur noch panisch zu Hause hocken, haben die Terroristen ihr Ziel erreicht.“

Die Droschkenkutscherin, die vor dem Ausgang Jägerstraße auf Kundschaft wartet, ist sogar erstaunt, dass so wenig Polizei zu sehen ist. Man sei aber sowohl in Uniform als auch zivil sehr gut auf den Berliner Weihnachtsmärkten unterwegs, versichert ein Polizeisprecher.

Je dunkler es wird, umso voller wird der Gendarmenmarkt, zumal der Regen nachgelassen hat. Die Zahl der Ordner wird aufgestockt, der Absatz von Apfelstrudel boomt wie der Verkauf von Glühwein – nicht nur in der Heißen Hütte.

Einzelhändler waren zufrieden

Auch der Einzelhandel konnte sich am Sonnabend freuen. Wegen des regnerischen und kalten Wetters zog es viele Kauflustige in die Geschäfte. "Der Umsatz war gut und lässt darauf hoffen, dass das Weihnachtsgeschäft sogar etwas besser wird als im vergangenen Jahr", sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg Nils Busch-Petersen: "Der Schneeregen hat dazu geführt, dass endlich mal Winterkleidung gekauft wurde. Ansonsten gingen naturgemäß die Adventskalender und die Weihnachtsdekorationen sehr gut." Viele hätten auch bereits kleinere Geschenke zum Nikolaustag erworben, die Branche sei also optimistisch, nachdem viele Kunden vor allem am Sonnabend vor 14 Tagen, also unmittelbar nach den Anschlägen von Paris, zu Hause geblieben waren. "Nächstes Wochenende erwarten wir mit dem ersten verkaufsoffenen Adventssonntag besonders viele Kunden", sagt Busch-Petersen.

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