zum Hauptinhalt
Michael Müller bei der Vorstellung des Abschlussberichts der Steuerungsgruppe zur Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung.

© imago/Christian Ditsch

Abschlussbericht der Expertenkommission: Müller sieht "gute Chancen" für Reform der Verwaltung

Die meisten Vorschläge der Kommission sind nicht neu. Im Senat scheint man indes willens, einige von ihnen umzusetzen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn der Senat ernst nimmt, was eine Expertenkommission zur „Verbesserung der gesamtstädtischen Verwaltungssteuerung“ empfiehlt, dann müssen Landesregierung und Bezirksbürgermeister noch in diesem Jahr gemeinsam eine große Reform starten. Ziel ist die Stärkung der Bezirke, aber auch eine klar definierte Zusammenarbeit zwischen der Haupt- und Bezirksverwaltung. Ein Dauerproblem, das seit Gründung von Groß-Berlin 1920 immer wieder diskutiert, aber nie befriedigend gelöst wurde.

Die Kommission, die seit September 2017 im Auftrag des Senats Vorschläge zur Modernisierung der Berliner Verwaltung erarbeitet hat, legte am Dienstag ihren Schlussbericht vor. Von einer „abstrakten, rein juristischen Neuordnung der Zuständigkeiten“ zwischen Senat und Bezirken halten die Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung nichts.

Stattdessen schlagen sie vor, für jede öffentliche Dienstleistung Zielvereinbarungen festzulegen, in denen die Zuständigkeit klar geregelt ist. Wenn keine Steuerung auf zentraler Ebene gewünscht sei, „wird die Verantwortung ausdrücklich allein von den Bezirken übernommen“. Sei keine Einigung möglich, „regelt der Senat den Entscheidungsprozess“, steht im Bericht.

Mehr Macht für die Bürgermeister

Empfohlen wird auch, die Position der Bezirksbürgermeister innerhalb des Bezirksamts zu stärken, indem sie (mit Billigung der BVV-Mehrheit) die Richtlinien der Bezirkspolitik festlegen dürfen. Ähnliches gilt auf Landesebene schon seit Jahren für den Regierenden Bürgermeister.

Außerdem sollten höhere Anforderungen an die fachliche Eignung der Stadträte gestellt und dafür Bewertungs- und Auswahlverfahren entwickelt werden. Dazu gehört, dass alle Stadträte „die Befähigung der Laufbahn des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes besitzen“.

Und wenn ein Stadtrat den hochgeschraubten Anforderungen nicht entspricht? Dann empfiehlt die Kommission, dessen Abwahl zu erleichtern. Für eine Abberufung soll die Mehrheit der Bezirksverordneten ausreichen. Derzeit kann ein Stadtrat nur von zwei Dritteln der BVV-Mitglieder abgewählt werden.

Uneinigkeit über Besetzung der Bezirksämter

Über die Frage, ob es wieder politische Bezirksämter geben soll, war sich die Expertenkommission nicht einig. Seit 1971 werden die Bezirksämter nach Proporz besetzt, also nach dem Stärkeverhältnis der BVV-Fraktionen. Nur für die Bezirksbürgermeister gilt seit 1992 eine Ausnahme: Sie werden politisch, also durch Koalitionen in der Bezirksverordnetenversammlung („Zählgemeinschaften“) gewählt.

Der letzte Anlauf, dieses Wahlverfahren auch für Stadträte durchzusetzen, wurde 2009 unternommen. Doch damals verabschiedete sich die SPD von der Idee des politischen Bezirksamts, seitdem ist eine Zweidrittelmehrheit im Abgeordnetenhaus für die nötige Verfassungsänderung nicht in Sicht.

Man habe intensiv über Vor- und Nachteile beider Modelle diskutiert, schreibt die Kommission. Entscheidend sei, dass durch ein neues Auswahl- und Besetzungsverfahren für die Stadträte die Handlungsfähigkeit der Bezirksämter verbessert werde und eine Stärkung der gesamtstädtischen Steuerung erreichbar sei.

Dieses Thema solle nun „an geeigneter Stelle“ entschieden werden, meinen die Verwaltungsexperten. Gegebenenfalls im Rahmen einer parlamentarischen Enquete-Kommission. Auf die Einrichtung eines solchen Gremiums, das die Oppositionsfraktionen forderten, konnte sich Rot-Rot-Grün im vergangenen Jahr nicht einigen.

Müller: „Eine Art Richtlinienkompetenz für die Bezirksbürgermeister wäre schon gut“

Mit Blick auf die Bezirke empfiehlt die Kommission auch, endlich die Geschäftsbereiche in den zwölf Bezirksämtern komplett zu vereinheitlichen und die Arbeit des Rats der Bürgermeister (RdB) zu reformieren. Künftig sollten in den RdB-Ausschüssen die fachlich zuständigen Stadträte und die Leitung der entsprechenden Senatsverwaltung zusammenarbeiten. Ziel müsse es sein, dass alle Bezirke ihre Dienstleistungen „in vergleichbaren angemessenen Zeiträumen, in vergleichbar guter Qualität und nach den gleichen Regeln erbringen“.

Der Senat wird den Kommissionsbericht erst auf der Sommerklausur der Landesregierung am 30. Juni ausführlich diskutieren. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sieht aus seiner Sicht „gute Chancen für Strukturveränderungen in der Verwaltung“, auch für die dafür notwendigen Verfassungsänderungen.

„Eine Art Richtlinienkompetenz für die Bezirksbürgermeister wäre schon gut“, so Müller. Das gelte auch für die von der Kommission angeregte Wiedereinführung der Fachaufsicht des Senats über die Bezirke. Koalitionsintern und bei den Bürgermeistern höre er „viele positive Stimmen“ zu einer Reform.

Weitere Themen des 100-seitigen Berichts: Eine moderne Personalentwicklung, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, die Digitalisierung der Verwaltung und die Einbeziehung von Bürgern und Mitarbeitern in den Reformprozess. Die meisten Vorschläge der Kommission sind allerdings nicht neu. Auch dem Vorsitzenden der Expertenkommission, Heinrich Alt ist bewusst: „Es fehlt in Berlin nicht an guten Ideen, sondern an deren Umsetzung“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false