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In einem Schulflur wird mit einem Schild um gebeten, die "Ruhezone Abitur" zu respektieren.

© Julian Stratenschulte/dpa

Update

Abitur in Berlin und der Coronavirus: Schulen wollen Abiturtermine nach Ostern halten

Der Landesschülerausschuss fordert erneut eine generelle Verschiebung. Kritik aus der SPD an Bildungssenatorin Scheeres.

Die Diskussion um die Abiturtermine spitzt sich zu. "Beim Landesschülerausschuss steht das Telefon nicht mehr still", berichtet Landesschülersprecher Miguel Góngora: Die Schüler wollten wissen, wie es weitergeht, zumal einige Schulen am Freitag bekannt gaben, ihre für kommende Woche geplanten Abitur-Präsentationsprüfungen zu verschieben. Dazu zählten angesichts der berlinweit steigenden Infektionszahlen das Otto-Nagel-Gymnasium in Biesdorf und die Carlo-Schmid-Sekundarschule in Spandau.

Dies sagt aber offenbar bislang nichts über den Umgang mit den Klausuren nach Ostern aus: Bis Freitagnachmittag hatten „165 von 170 Schulen“ mitgeteilt, „dass sie an den bisherigen Terminen festhalten“, lautete die Auskunft der Bildungsverwaltung auf Anfrage. Nur zwölf Antworten standen noch aus.

Der Landesschülerausschuss würde anders entscheiden: Er hat sich inzwischen dreimal an Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gewandt und - mit zunehmend scharfem Ton - die generelle Verschiebung gefordert.  "Ich weiß nicht mehr, auf welchem Kanal ich die Senatorin kontaktieren soll. Sie reagiert einfach nicht", beklagt Góngora.

Dem Vernehmen nach soll allerdings Bildungs-Staatssekretärin Beate Stoffers (SPD) Kontakt mit dem Landesschülersprecher aufgenommen haben. Über 12.000 Abiturienten sind von der aktuellen Unsicherheit betroffen.

Bis diesen Freitag sollten Schulen ihr Votum abgeben

Wie berichtet, hat Scheeres entschieden, dass die schriftlichen Abiturprüfungen vor den Osterferien wie geplant stattfinden sollen, darunter die zentrale Leistungskursklausur in Spanisch am 27. März. Die Präsentationsprüfungen kann jede Schule selbst terminieren, also auch verschieben.

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Für die Zeit nach den Osterferien hatten Berlin und Brandenburg den Schulen freigestellt, alle Prüfungen von April/Ende Mai auf Nachschreibetermine Ende Mai/Anfang Juni zu verschieben. Die Berliner Schulen sollten bis einschließlich diesen Freitag entscheiden, wie sie vorgehen.

Forderungen nach einheitlicher Regelung

"Eine Verschiebung der Abiturprüfungen sollte nicht jeder Schule selbst überlassen werden. Das führt zu noch mehr Verunsicherung und ist auch nicht gerecht", sagte Berlins bekanntester Pädagoge, der Lichtenberger Gymnasiallehrer und "Lehrer des Jahres", Robert Rauh: "Was für den Mittleren Schulabschluss machbar war - eine berlinweite Verschiebung - sollte auch für das Abitur möglich sein," findet Rauh.

Auch aus Scheeres Partei gibt es immer mehr Stimmen für eine generelle Verschiebung.

Über 60-jährige Lehrkräfte sollen nicht in der Schule sein

Gestern hatte sich entsprechend die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Maja Lasić, geäußert. Auch der Lichtenberger SPD-Vorsitzende Kevin Hönicke positionierte sich entsprechend bei Twitter: "Auch ich unterstütze diese Sicht aus politischem aber auch schulpraktischen Gesichtspunkten!", kommentierte er den Standpunkt des Landesschülerausschusses. Es bringe nichts, "wenn wir jetzt Tausende Schülerinnen und Schüler durch Berlin schicken sowie Lehrkräfte. Außerdem fehlt Schulen enorm Personal, da über 60-Jährige zu Hause bleiben müssen!"

Der Appell von SPD-Schulexpertin Maja Lasić: "Die flexible Handhabe des Abiturtermins wird zur Verunsicherung bei Schulleitungen und Lehrkräften vor Ort beitragen. Und verunsichert sind seit letzter Woche alle auch so genug. Eine generelle Verschiebung bringt mehr Klarheit und Planungssicherheit im Sinne unserer SchülerInnen.“

An dieser Haltung hielt Lasić auch fest, nachdem am Nachmittag das gegenteilige Votum der Schulen bekannt geworden war: Die promovierte Biochemikerin sagte, sie könne „antizipieren“, wohin sich die Infektionskurve innerhalb der nächsten Wochen entwickeln werde.

Auch die FDP nennt eine Verschiebung "sinnvoll"

„Berlin befindet sich durch das Coronavirus im Ausnahmezustand und muss jeden Tag neu entscheiden und bewerten. Wenn die Durchführung der Abiturprüfungen – durch Abwägung aller Umstände – nicht zu stemmen ist, dann ist die Verschiebung die richtige Maßnahme", äußerte sich der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Paul Fresdorf. Die Schülerinnen und Schüler seien in dieser Zeit ebenso verunsichert wie viele Erwachsene - "dies belastet sie bei den Prüfungen", meint der Abgeordnete. Man müsse "alles daran setzen, dass sich die Schülerinnen und Schüler sowie das Lehrpersonal zu keiner Zeit in Gefahr bringen und ein Abitur abgelegt werden kann, ohne dass die äußeren Umstände die Ergebnisse beeinflussen". Dies scheine momentan nicht möglich, daher sei eine Verschiebung der Prüfungstermine "sinnvoll", so Fresdorf weiter

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