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Kriminellen Clans wollte die Berliner CDU den Kampf ansagen. Nun wird die Aktion selbst zum Fall für die Justiz.

© Sven Darmer

Update

Abgeschleppter Lamborghini in Berlin-Neukölln: CDU-Chef Kai Wegner wird ein Fall für die Staatsanwaltschaft

Die Aktion war spektakulär, das Medienecho entsprechend. Berlins CDU-Chef Kai Wegner droht wegen eines abgeschleppten Lamborghini ein Nachspiel.

Was zunächst wie eine überdrehte, dafür aber schlagzeilenträchtige Wahlkampfaktion wirkte, könnte für Kai Wegner ein unangenehmes Nachspiel haben. Nach Darstellung von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) prüft die Berliner Staatsanwaltschaft, die Aufhebung der Immunität des Vorsitzenden der Berliner CDU, der gleichzeitig Spitzenkandidat seiner Partei für die Abgeordnetenhauswahl ist, beim Bundestag zu beantragen.

Behrendt nannte Wegner in einer Sitzung des Rechtsausschusses am Mittwoch zwar nicht beim Namen. Seinen Ausführungen wiederum war zu entnehmen, dass es sich dabei um den Spandauer Bundestagsabgeordneten handelt.

Was war passiert? Am 22. Oktober hatte Wegner, in Begleitung des Neuköllner Gesundheitsstadtrats Falko Liecke, ein Konzept zur Bekämpfung der Clan-Kriminalität vorgestellt. Um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu gewinnen, ließ die Partei einen gemieteten Sportwagen der Marke "Lamborghini" mit Einschusslöchern bekleben, auf der Hermannstraße abparken und kurz darauf unter den Augen der Pressevertreter abschleppen.

Das Kennzeichen des Wagens hatte die Partei mit dem Fantasie-Kürzel B-YE BYE bedrucken lassen. Ein Vorgehen, das der Partei kurz darauf zwei Anzeigen und ein Verfahren wegen des Verdachts des Kennzeichenmissbrauchs einbrachte. Der Hohn der politischen Konkurrenz, insbesondere in den sozialen Netzwerken, war entsprechend.

Nun geht der Fall weiter: Weil laut Behrendt "nach vorläufiger Einschätzung eine Beteiligung eines Immunitätsträgers nicht ausgeschlossen erscheint", veranlasste die Amtsanwaltschaft die Abgabe des gegen Unbekannt laufenden Verfahrens an die Staatsanwaltschaft. Zur Begründung hieß es, Wegner habe sich anlässlich einer Pressekonferenz vor Pressevertreten vor dem auf öffentlicher Verkehrsfläche abgestellten Lamborghini fotografieren lassen, so dass "gegebenenfalls Beihilfe oder Anstiftung zum Kennzeichenmissbrauchs in Betracht kommt". Dies würde eine Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft begründen, da die Person - also Wegner - Immunität genießt und Immunitätsangelegenheiten nur durch die Staatsanwaltschaft bearbeitet werden.

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Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft wiederum zeigte sich am späten Mittwochnachmittag von den Aussagen Behrendts überrascht und bezeichnete diese als "etwas voreilig". Den Einstieg in die Prüfung eines Antrags auf Aberkennung der Immunität bestätigte sie vorerst nicht, teilte am Donnerstagmittag aber mit, dass die Amtsanwaltschaft das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben hat. Diese habe die Ermittlungen übernommenen.

Die Berliner CDU reagierte scharf. Stefan Evers, Generalsekretär der Partei, erklärte auf Anfrage: "Ich bin sehr verwundert über die Aussagen des Justizsenators im Rechtsausschuss, da bis heute kein Vertreter von Amts- oder Staatsanwaltschaft Kontakt zur CDU aufgenommen hat, um Hintergründe zum Sachverhalt in Erfahrung zu bringen."

CDU-Generalsekretär Evers: Eine "dreiste Falschbehauptung"

Unabhängig von der Frage, wer den mutmaßlichen Kennzeichenmissbrauch veranlasst hatte, erklärte Evers: "Kai Wegner hat ihn jedenfalls nicht zu verantworten." In Richtung Behrendt ergänzte er: "Ich hoffe sehr, dass hier die Staatsanwaltschaft nicht vom Justizsenator zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird."

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Die eigene Wahlkampfaktion indes könnte für die Berliner CDU noch aus einem anderen Grund zum Problem werden. An ihr beteiligt war, ebenfalls den Angaben Behrendts zufolge, ein unbekannter Mitarbeiter der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Er soll den Lamborghini zunächst auf einem Abschleppfahrzeug im Neuköllner Stadtgebiet befördert und anschließend auf öffentlicher Verkehrsfläche abgestellt haben.

Stellt sich der Vorwurf als wahr heraus, dürften sich sowohl der Landesrechnungshof als auch Abgeordnetenhauspräsident Ralf Wieland (SPD) für den Fall interessieren. Im Raum steht der Verdacht des Missbrauchs von Fraktionsgeldern. Schließlich hatte die Aktion der Landesverband organisiert, auch das vorgestellte Konzept war Ergebnis der Arbeit im Landesverband. In der "Berliner Morgenpost" erklärte Evers, die vermeintliche Beteiligung eines Fraktionsmitarbeiters sei eine „dreiste Falschbehauptung“.

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