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Am Alexanderplatz war bisher Schluss für die U5. Am 4. Dezember startet der Betrieb auf dem neuen Streckenabschnitt.

© imago/Olaf Wagner

Ab Berlin-Alexanderplatz nur Tempo 60: Langsame U5-Züge kosten BVG bis zu zehn Millionen Euro

Auf dem alten östlichen Teil der U5 gehören die Züge weiter zu den langsamsten im Netz. Würden sie 10 km/h schneller fahren, könnte die BVG viel Geld sparen.

Es ist die Strecke der Rekorde: Der Abschnitt der künftigen U-Bahnlinie U5 zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor ist mit einem Kilometerpreis von mehr als 265 Millionen Euro die bisher teuerste Neubaustrecke, die Bauzeit für die 2,2 Kilometer war mit rund zehn Jahren ebenfalls rekordverdächtig lang.

Und entstanden sind mit den Bahnhöfen Rotes Rathaus, Museumsinsel und Unter den Linden zusammen mit den seit 2009 fertigen Bahnhöfen Brandenburger Tor, Bundestag und Hauptbahnhof die bisher aufwändigsten Stationen im Untergrund. Auf dem alten östlichen Teil der U5 zwischen Alexanderplatz und Hönow gehören die Züge dagegen weiter zu den langsamsten im Netz – auch ein Rekord.

Während die Fahrer auf den sogenannten Großprofillinien U6 bis U9 mit den breiteren Fahrzeugen bis auf Tempo 70 beschleunigen können – eine Ausnahme ist nur der Mittelabschnitt der U6 –, ist auf der vergleichbaren U5 bei 60 km/h Schluss. Wären die Züge hier ebenfalls nur 10 km/h schneller, könnte die BVG gewaltig sparen.

Bei Tempo 70 müsste sie bei unverändertem Fahrplan einen Zug weniger einsetzen. Da dann auch rund vier Fahrer entfallen würden, läge das Einsparpotenzial nach Berechnungen von Experten auf 15 Jahre gerechnet bei mehr als zehn Millionen Euro.

Der langjährige U-Bahnchef Hans-Christian Kaiser hatte sich vehement für den Ausbau der U5 auf Tempo 70 eingesetzt. Vergeblich. Dabei wäre der Ausbau nach Kaisers Angaben relativ günstig möglich gewesen. Nicht einmal die Signale hätte man versetzen müssen, sagte er dem Tagesspiegel.

Stellwerksbauform aus DDR-Zeiten machen Umbau schwierig

Es hätte gereicht, die sogenannten Schutzstrecken zu verlängern, die sich hinter einem Signal befinden. Sie müssen so lang sein, dass ein Zug, der ein Rot zeigendes Signal passiert, rechtzeitig vor der vorausfahrenden Bahn zum Halten kommt. Ignoriert ein Fahrer das Rot zeigende Signal, wird der Zug automatisch gebremst.

BVG-Sprecher Jannes Schwentu widerspricht Kaiser. Der Aufwand sei sehr hoch; unter anderem müssten Signalstandorte doch angepasst werden. Mögliche Änderungen in der Stellwerksbauform aus DDR-Zeiten seien material- und sicherheitstechnisch begrenzt.

Der Widerstand innerhalb der BVG sei zu groß gewesen, sagt Kaiser, der von der damaligen BVG-Chefin Sigrid Evelyn Nikutta entmachtet worden war. Dabei habe er Nikutta zwei Mal auf seiner Seite gehabt. Am Ende habe sie sich aber doch gegen den Ausbau ausgesprochen.

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Dabei spielten auch Ost-West-Vorurteile eine Rolle, ist Kaiser, selbst „Ossi“, überzeugt: Die Stammstrecke der U5 ist mit DDR- Technik ausgestattet. Und diese habe man nicht mehr anfassen wollen. Zudem war geplant, auf der Strecke ganz neue Sicherungstechnik einzubauen. Diese soll jetzt frühestens 2027 kommen. Dann könnten die Züge auch dort auf Tempo 70 beschleunigen und alle 90 Sekunden fahren.

Kein fahrerloser Betrieb auf der U5

Auch ein anderer Wunsch des früheren Berliner U-Bahnchefs Kaiser hat sich nicht erfüllt. Auf dem zuerst gebauten westlichsten Abschnitt der U 5 zwischen Hauptbahnhof und Brandenburger Tor, zunächst als U 55 bezeichnet, wollte er einen automatischen Betrieb mit fahrerlosen Zügen einrichten.

In den 1990ern hatte die BVG auf der U4 bereits einen solchen Betrieb getestet, sich dann aber dagegen entschieden. Mit den Berliner Erfahrungen hat man dann später in Nürnberg fahrerlosen U-Bahnverkehr installiert.

Rekordverdächtig lange dauert auch ein weiteres Vorhaben bei der U5: Vor etwa drei Jahren hatte die Senatsverwaltung für Kultur angekündigt, die Bahnhöfe aus DDR-Zeiten unter Denkmalschutz stellen zu wollen. Passiert ist nichts. Auf Anfrage teilt die Kulturverwaltung jetzt mit, die U5 sei nicht vergessen, das Vorhaben sei nur nach dem Weggang von Nikutta Ende 2019 „etwas in den Hintergrund getreten“.

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