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A 100: Senat: Autobahnbau ist ohne Alternative

Die Verkehrssenatorin verteidigt die A 100-Pläne. Die FDP will das umstrittene Projekt im Abgeordnetenhaus zur Nagelprobe für Rot-Rot machen.

Die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hat die Verlängerung der A 100 von Neukölln nach Treptow verteidigt. Das Projekt sei ohne Alternative. Bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus rückte sie aber den Eindruck zurecht, die Autobahn verwandelte Berlin in eine „autogerechte Stadt“: Die Stärkung der Tempo-30-Zonen, die Bevorzugung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs, mehr Parkraumbewirtschaftung und die Sicherung des Bestandes an Bahntrassen gingen mit dem Bau der A 100 einher. Dieses Maßnahmenbündel „stärkt und sichert die Lebensqualität“.

Als „Stadtzerstörung pur“ geißelte dagegen die Verkehrsexpertin des Koalitionspartners Jutta Matuschek (Linke) die A 100. Aus dem offenen Widerspruch der Linken und dem Beschluss des SPD-Parteitages gegen die A 100 will die Opposition schon am kommenden Donnerstag Kapital schlagen. Auf Antrag der FDP wird im Abgeordnetenhaus über einen Antrag entschieden, der wörtlich aus dem Koalitionsvertrag von SPD und Linke entnommen wurde: „Der Stadtring A 100 wird verlängert bis zur AS Treptower Park – finanziert durch den Bund.“ Das Kalkül: Die dünne Drei-Stimmen-Mehrheit der Koalition hält nicht – und das zerreißt die rot-rote Koalition.

Schon die Anhörung zeigte, der Verlauf der Fronten ist ungewöhnlich: Der Verkehrsexperte der CDU Rainer Ueckert verlieh seinem Plädoyer für die A100 Gewicht durch ein Zitat des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), der sich für die A 100 ausspricht. Und Albert Weingartner von der FDP spottete: „Mich würde interessieren, was Herr Buchholz dazu meint.“ Der SPD-Abgeordnete hatte die Mehrheiten in seiner Partei gegen die A 100 organisiert. Der aber beschränkte sich auf Sachfragen.

Bei der Erörterung der Inhalte schwang der Vorwurf mit, der Senat spiele mit gezinkten Karten. So sagte die Verkehrsexpertin der Grünen Claudia Hämmerling, die A 100 bringe mehr Lärm und Feinstaub als berechnet, weil der Senat die Lkw mit mehr als 2,8 Tonnen Gewicht nicht berücksichtigt habe, die über die A 100 rollen sollen. Und im Baumgutachten seien Hölzer aufgeführt, die es an der Trasse gar nicht gebe – dafür fehlten andere, die nicht so einfach abgeholzt werden dürften, merkte Birte Rodenberg von der Bürgerinitiative gegen die A100 an. Die Stadtentwicklungssenatorin widersprach: „Alle Verkehrsdaten wurden berücksichtigt.“ Außerdem habe der Senat „die Ausgleichs- und Entlastungsmaßnahmen verdoppelt“ gegenüber dem gesetzlich Vorgeschriebenen.

Und was passiert, wenn Berlin die A 100 nicht weiterbaut? „Der Bund wird keine Autobahn bauen, die ein Land nicht will“, sagte Grünen-Fraktionschefin Franziska Eichstädt-Bohlig. Das habe sie vom Bund „auf Staatssekretärsebene“ erfahren. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch der Senat hatte zuletzt den Eindruck erweckt, nicht er, sondern der Bund sei Herr des Verfahrens. Eine Umlenkung der Millionen ist laut Verkehrsplaner Robert Schnüll ausgeschlossen: Man könne „die seit 50 Jahren übliche Finanzierung nicht einfach auf den Kopf stellen“, sagte er.

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