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Mit Tempo ran an die Digitalisierung. Mit dem Zukunftsprojekt will die Deutsche Bahn pünktlicher und zuverlässiger werden.

© Deutsche Bahn AG

75 Visionen für Berlin – Folge 32: So lässt sich die Eisenbahn revolutionieren

Berlin ist eine ruhelose und unkonventionelle Stadt. Damit ist sie der richtige Ort, um die Deutsche Bahn zukunftsfähig zu machen.

Kristian Weiland, Leiter des Konzernprogramms Digitalisierung der Schiene, will die Deutsche Bahn zukunftsfähig machen.

Berlin, diese hibbelige, ruhelose und atem-(be-)raubende Stadt bietet genau das, was wir brauchen. Das habe ich in den letzten Monaten gelernt.

Im vergangenen Jahr kam ich zurück nach Berlin, ich war frisch zum Leiter des Konzernprogramms Digitale Schiene Deutschland bei der Deutschen Bahn AG ernannt worden war. Neuer Standort, neues Team und eine neue Aufgabe im Gepäck, die in die Zukunft weist: Denn in den nächsten Jahren wollen wir die Bahn digitalisieren und damit unseren Kunden mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im Bahnverkehr bringen.

Zwei Tugenden, die mit Berlin bislang wohl eher nur in Ausnahmen in Verbindung gebracht werden. Wir werden sie als Team nun beweisen müssen. Wir werden die Eisenbahn digitalisieren. Wir werden sie revolutionieren.

Wir werden sie zukunftsfähig machen. Und das in Zusammenarbeit mit vielen Partnern hier in Berlin, in Deutschland und Europa. Und gemeinsam unter einem Dach.

Nun, Berlin ist eine Stadt, die sich vielleicht mit einem Ameisenhügel vergleichen lässt: Nach außen hin chaotisch, verwirrend, nahezu irritierend und in ständiger Veränderung – nie ein „fertig“ in Sicht.

Gastautor. Kristian Weiland, 52, ist Leiter des Konzernprogramms Digitale Schiene Deutschland bei der Deutschen Bahn AG.
Gastautor. Kristian Weiland, 52, ist Leiter des Konzernprogramms Digitale Schiene Deutschland bei der Deutschen Bahn AG.

© Deutsche Bahn AG

Wenn man aber genauer hinschaut, bietet diese Stadt lauter kleine, gut organisierte Base-Camps, ist voll von kreativen Sturköpfen und Querdenkern, die nur darauf warten, etwas Neues und Innovatives voran zu bringen.

Ideal für so ein Zukunftsprojekt. Unbeeindruckt von dem Wirrwarr drumherum – die Stadt und die Welt aber stets im Blick.

In der neuen Serie "75 Visionen für Berlin" feiert der Tagesspiegel sein Jubiläum mit der Veröffentlichung von 75 kleinen und großen Gastbeiträgen.
In der neuen Serie "75 Visionen für Berlin" feiert der Tagesspiegel sein Jubiläum mit der Veröffentlichung von 75 kleinen und großen Gastbeiträgen.

© Illustration: Felix Möller für Tagesspiegel

Es ist der Versuch, auf dem Hügel das Chaos zu beherrschen. Eine sortierte Unordnung, so kann man es vielleicht nennen. Das Programm „Digitale Schiene Deutschland“ brauchte gerade zu Beginn genau das für sein neues Headoffice in Berlin:

Einen Ort für alle, die eben nicht im konventionellen „Das-haben-wir-aber-immer-schon-so-gemacht“ denken. Denn: Die Digitalisierung in die gute alte Eisenbahn zu bringen, bedeutet genau das Gegenteil: Change-the-Running-System.

Und Berlin ist die richtige Hood, das richtige Wohnzimmer für dieses innovative und anspruchsvolle Projekt. Für die vielen Antreiber der Digitalen Schiene Deutschland sollte dieser Ort die Digital Base sein, beheimatet im „WeWork“-Gebäude, direkt gegenüber der Konzernzentrale der Deutschen Bahn am Potsdamer Platz in Mitte. Ein Ort, der neuartig, hipp, PopUp-Café-ähnlich ist, kurzum ein Ort, der eigentlich unkonventionell für die Deutsche Bahn ist.

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Vor allem aber soll er eines sein: Digital. Hier arbeitet das Hirn der Digitalisierung. Alle unter einem Dach vereint, haben wir losgelegt und wachsen stetig weiter.

Ich bin froh und dankbar, dass alle im Team so gut in einem offenen Raum, im Co-Working-Space, zusammenwirken. So kann das innovative Vorhaben „Digitale Schiene Deutschland“ hier wachsen und gedeihen.

Digital Base. Das Bürogebäude der Us-Coworkingkette "WeWork" ist nur wenige Schritte von der DB-Konzernzentrale am Potsdamer Platz entfernt.
Digital Base. Das Bürogebäude der Us-Coworkingkette "WeWork" ist nur wenige Schritte von der DB-Konzernzentrale am Potsdamer Platz entfernt.

© Deutsche Bahn AG

Das ist ein Aspekt, der Berlin unschlagbar macht: In unserer WG-artigen Arbeitsgemeinschaft treffen diverse, heterogene und internationale Charaktere aufeinander. Das macht das Team dynamisch.

Wir bündeln hier alle Kompetenzen, die wir brauchen. So entsteht hier eine neue, auf eine Weise einzigartige Unternehmenskultur. Diese entwickelt sich stets agil weiter.

Je nach Bedarf und Nachfrage. Weiter, immer weiter – dann mal wieder einen Schritt zurück oder zwei – nur nicht lange stehenbleiben. So, wie Berlin eben.

[Vor 75 Jahren ist der Tagesspiegel als erste Berliner Zeitung nach dem Krieg gegründet worden. Wir bitten 75 engagierte Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik, Kultur, Sport und Zivilgesellschaft, uns ihre Ideen für die Zukunft dieser Stadt zu schildern. Alle bisher erschienenen Beiträge dieser Serie lesen Sie hier.]

Wir werden sicherlich auch immer mal wieder Fehler machen auf unserem Weg. Und wir werden aus unseren Fehlern und der anderer lernen können. Ich bin Freund einer ehrlichen Feedbackkultur – diese ist von großer Relevanz für ein gemeinsames Ziel. Da passen wir echt gut zusammen, Berlin! „Die Berliner tragen das Herz auf der Zunge“, heißt es so oft. Ehrlich und direkt, aber dennoch fair und empathisch.

Sich aufeinander verlassen zu können, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und zu pflegen. Das leben wir hier.

Wir lernen von Berlin, wir nutze die Kreativität der Stadt und ihre Netzwerke

Besonders in der derzeitigen Pandemie- und Homeoffice-Zeit ist diese „Berliner Tugend“ ein guter Rückhalt. Ehrlich und offen trotz Distanz, so können wir effizient weitermachen und konsequent unsere Ziele verfolgen.

Denn die Digitalisierung der Bahn muss an Tempo gewinnen. Und gleichzeitig Zuverlässigkeit gewährleisten. Wo auch immer wir gerade alle verteilt sitzen, wir haben ein virtuelles und zugleich reales gemeinsames Arbeitszimmer voller Ideen.

In Berlin, einer Stadt, die uns den inspirierenden (Ameisen)-Hügel bietet. Wir lernen von Berlin, wir nutzen die Kreativität der Stadt und ihre Netzwerke.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Daher lautet meine Vision für Berlin (und uns), sich diese „Un-Konventionalität“ und das „Unfertige“ immer als ein Teil zu bewahren. Es belebt so ungemein und spornt an, seine eigene Vision immer weiter zu verfolgen.

„So wie alle“ kann ja jeder. Also Berlin, behalte dir deine jugendliche Unbeschwertheit, deinen unerschöpflichen Mut, auch Fehler zu machen und gegebenenfalls unbequeme Umwege zu gehen.

Behalte dir also bitte deine Individualität, Berlin. Die Hoffnung, irgendwann anders – also gleich aller anderen zu sein – solltest du nicht teilen. Denn dann, Berlin, wärst du nicht mehr du selbst. Und wir wären nicht da, wo wir stehen.

Kristian Weiland

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