75 Visionen für Berlin – Folge 17: Friseur Udo Walz wünscht sich präventive Strafverfolgung wie in „Minority Report“
In Folge 17 unserer Serie „75 Visionen für Berlin“ sinniert Prominenten-Friseur Udo Walz über Handwerk, Einzelhandel und die Strafverfolgung der Zukunft.
Ich wurde gefragt, wie ich mir die Zukunft unserer Stadt Berlin in den nächsten Jahren vorstelle. Ich bin ja kein Science-Fiction-Autor, aber eines ist klar: Unsere Städte werden sich verändern. In welche Richtung ist die Frage?
Wenn ich mir zum Beispiel die Zukunftsvisionen von Tesla oder Amazon ansehe, wie sie den Weltraum erobern wollen, dann ist die Vorstellung von herumfliegenden autoähnlichen Objekten, die Pakete austragen, nicht mehr so weit entfernt. Mit Drohnen werden diese Projekte schon ausprobiert.
Genau wie Supermärkte ohne Menschen an den Kassen, Autos und Busse, die selbstständig fahren. All das sind Dinge die hat man sich vor 20 Jahren nur vorstellen konnte. Heute sind sie Realität.
Heute geht es auch nicht mehr um atomares Wettrüsten von Russland gegen die USA. Wie man sieht, reicht ein kleines Virus oder eine Biowaffe, um die Welt lahm zu legen.
In jedem Fall wird alles ökologischer und umweltbewusster werden: Elektroautos gehört die Straße. Benziner oder Dieselfahrzeuge sterben aus. Die Umsetzung wird zwar auch hier noch dauern, ist aber absehbar.
[Gastautor Udo Walz (76) hat als Deutschlands prominentester Friseur auch den prominentesten Kunden den Kopf gewaschen – von Marlene Dietrich bis Angela Merkel. Er betreibt neun Salons.]
Was mir in den vergangenen Jahren immer stärker auffällt: Die Jugend hat ein anderes Bewusstsein als früher. Die Umweltaktivisten von heute sind jetzt ungefähr 12, 16 oder 18 Jahre alt. In meiner Zeit waren sie eher Ende-20 und älter.
Einige gründen Start-ups, die sich für ein anderes Miteinander mit der Umwelt einsetzen: Wir erleben Schauspieler, Künstler, Musiker, Menschen aus den verschiedensten Bereichen, die aus Plastikmüll Mode machen oder Dinge entwickeln mit Teilen aus 3D-Druckern, Dinge, die man im Alltag super nutzen kann – bis hin zum Hausbau.
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Zahllose Dokumentationen zeigen uns auf unzähligen Kanälen, wie es tatsächlich aussieht auf unseren Planeten: Auch das regt zum Umdenken an. Allein schon die Bilder von den Unmengen an Plastikmüll im Meer, die machen mich noch immer sprachlos. Aber auch an dem Thema sind innovative Köpfe dran und mit ersten High-Tech-Systemen, die wie große „Staubsauger“ den Plastikmüll einsammeln, am Start. Eine großartige Leistung.
Kopfschmerzen bereitet mir nach wie vor der Einzelhandel, das Aussterben der Geschäfte, ich denen ich auch gerne bummeln gehe, Sachen anprobiere und anfassen kann. Heute höre ich immer nur das Wort „online“. Ich nehme an, Online-Shopping ist sehr bequem, aber ich nutze es persönlich nicht mehr. Ich gehe lieber los und will ein Erlebnis haben, das ich bei Online-Bestellungen nie gehabt habe. Das muss sich in Zukunft auf jeden Fall ändern. Der Totalverfall des Einzelhandels in kleinen Gemeinden, Dörfern ist ja quasi schon vollzogen. Wenn man sich das genau überlegt, ist das nicht nur für Menschen in meiner Altersklasse ein Horror.
[Lesen Sie hier alle bisher erschienen Folgen unserer Serie "75 Visionen für Berlin"]
Ich sehe immer noch die Frau auf dem Rad´l mit Milchflaschen vor dem Tante Emma Läden im Ort stehen und tratschen. Gibt es das noch? Ich glaube nicht. Vermisst man das dort? Ganz sicher.
Ich sehe zukünftig wieder mehr bepflanzte Boulevards, auf denen Familien spazieren gehen, an Schaufenstern stehen bleiben, spontan etwas kaufen, inspiriert durch die Gestaltung der Schaufenster. Hört sich Old-School an, aber ist das so schlimm?
Auch müssen mehr Arbeitsplätze erschaffen werden, die man nicht durch Computerkassen ersetzt. Das freundliche Gespräch bei der Beratung. Da könnte man darauf verzichten? Ich kann und will es nicht!
Straftaten vor der Tat vereiteln - wie in „Minority Report“
Ein weiterer Wunsch wäre das friedliche Miteinander unterschiedlicher Nationen, gerade in Ballungsgebieten und großen Städten. Eigentlich brauchen wir überall mehr Mit- und Füreinander. Dass die Jungen wieder für die Älteren da sind und umgekehrt: Das sind ja keine alten Werte, sondern zeitlose Werte.
Ich wünsche mir für die Zukunft eine andere Gesellschaft, ohne Hass, Mord und Gewalt. Diskutieren wir Systeme wie in dem Film „Minority Report“, wo vor Beginn einer Straf- und Gewalttat Polizisten eingreifen und alles vorab verhindern.
Den Friseursalon der Zukunft stelle ich mir übrigens nicht mit Robotern vor. Hier bleibt das Handwerk nach wie vor gefragt, die persönliche Beratung, das persönliche Gespräch und natürlich die Behandlung an sich.
Wobei auch bei uns die Zeit nicht stillsteht. Wir machen uns Gedanken, wie man das Handwerk mit dem Einzelhandel verknüpft. Mein Team und ich arbeiten an einem derartigen Konzept. Warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und das Gemeinsame wieder mehr in den Vordergrund stellen? Endlich Träume umsetzen, Menschen inspirieren, ungeahnten neue Wege bestreiten, sich trauen und Erlebnisse schaffen.
Aber letztendlich kommt eh alles ganz anders, egal, wie wir uns heute die Zukunft vorstellen. Diese Zeit mit der Pandemie hat ja auch keiner wirklich vorher gesehen und irgendwann sind wir eh alle weg. Das kann niemand ändern, soviel steht fest.
Udo Walz
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