zum Hauptinhalt
Hannes Husten ist einer der Chefs des Kunst- und Kreativdorfs Holzmarkt in Friedrichshain.

© Kitty Kleist-Heinrich

75 Jahre Tagesspiegel: Das sind unsere Leserinnen und Leser – und ihre Berlin-Geschichten

Auf dem Handy, iPad oder klassisch auf Papier: Unsere Leserinnen und Leser sind so bunt wie Berlin. Wir haben einige gefragt, was sie mit der Stadt verbindet.

Der Tagesspiegel und seine Leserinnen und Leser, das ist ungefähr so wie mit Berlin und den Berlinern: Man gehört zusammen, mag sich oft und reibt sich manchmal - und kann doch nicht voneinander lassen. Zum 75-jährigen Jubiläum erzählen einige von ihnen, wie ihr Leben mit dem Tagesspiegel und der Stadt verwoben ist. Ob zugereist und Checkpoint-Abonnent oder im Kiez seit Generationen verwurzelt. Ob in der Community aktiv oder täglicher Zeitungsleser mit 94 Jahren - seit Oktober 1945.

Hannes Husten: Morgens Handy raus und Checkpoint lesen

2013 bin ich als Praktikant zum Holzmarkt gekommen – und habe die familiäre Atmosphäre direkt zu schätzen gelernt. Seitdem bin ich hier nie wieder weggekommen. Am Anfang habe ich Broschüren ins Englische übersetzt und war dann irgendwann verantwortlich für die für die Planung und Umsetzung des Tonstudios, das ich seitdem leite – und wo ich inzwischen auch mit meiner Band probe und aufnehme.

Ich bin 1990 in Berlin geboren und in Karlshorst aufgewachsen, nach dem Abi habe ich auch lange im Ausland gelebt und studiert. Seitdem ich wieder zurück bin, ist der Holzmarkt immer mehr mein Lebensmittelpunkt geworden, mein Vater arbeitet hier, meine Frau hat hier ihr Fotostudio mein Kind geht in den Kindergarten.

Als Kulturmensch finde ich, dass gerade in dieser polarisierten Zeit der Fokus vermehrt auf die Kultur gelegt werden sollte – sie ist das verbindende Element  und das Herz der Stadt. Ich bin beim Holzmarkt auch mit für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Für mich ist es deshalb wichtig, über alles in der Stadt informiert zu sein, das gehört zu meinem Job. Deshalb ist das erste, was ich jeden Morgen mache, das Handy rauszuholen und den Checkpoint zu lesen.

Der leicht sarkastische Unterton gefällt mir sehr, auch auf die Berliner Schnuppen freue ich mich jeden Tag. Auch die ausgewogene, neutrale Berichterstattung des Tagesspiegels finde ich gut, auch wenn mal ein kritischer Bericht über den Holzmarkt dabei war – aber das gehört dazu.

Lo Graf von Blickensdorf: Ein altes Stück West-Berlin

Lo Graf von Blickensdorf beim Zeitunglesen im Café Kredenz in der Kantstraße in Charlottenburg.
Lo Graf von Blickensdorf beim Zeitunglesen im Café Kredenz in der Kantstraße in Charlottenburg.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich komme eigentlich aus Münster, lebe aber seit Anfang der 80er-Jahre in Berlin. Mein Schlüsselerlebnis hatte ich bei einem Besuch in den 70ern. Ich ging an einem Café vorbei, davor stand ein Schild, „Frühstück bis 20 Uhr“ – da wusste ich, in so einer Stadt möchte ich mal leben. Und tatsächlich ist Berlin die größte Liebe meines Lebens.

Als ich hier ankam, habe ich erstmal bei „Zitty“ als Layouter gearbeitet, 17 Jahre lang, vorher habe ich Malerei und Grafik studiert. Zwischendurch habe ich auch Drehbücher geschrieben, seit einigen Jahren zeichne ich Cartoons und Karikaturen. 2008 bekam ich dann diese Broschüre in die Hand, wie man sich als Künstler selbst vermarktet. Ich habe dann recherchiert: Sich Graf oder Gräfin zu nennen ist erlaubt, das ist ein Namenszusatz, kein Titel. Das ist jetzt ganz legal im Ausweis eingetragen – und jetzt bin ich quasi ein prominenter Adliger. 

Seitdem ich in Berlin lebe, habe ich den Tagesspiegel abonniert. In den letzten Jahren jedoch habe ich ihn dann abbestellt, vieles kann man ja jetzt im Internet lesen.

[Mehr aus der Hauptstadt. Mehr aus der Region. Mehr zu Politik und Gesellschaft. Und mehr Nützliches für Sie. Das gibt's nun mit Tagesspiegel Plus: Jetzt 30 Tage kostenlos testen.]

Der Tagesspiegel ist für mich noch ein altes Stück West-Berlin, das war für mich immer die Zeitung, wo ich meine Informationen herbekomme. Als Comiczeichner vermisse ich jedoch manchmal ein Stück Humor in der Zeitung, etwas, auf das man sich jeden Tag freuen kann. Irgendwas Wertfreies, ein Cartoon, ein kleiner Witz als Dessert für die Zeitungslektüre.

Birgit Schmidt-Möller: Ich brauche die Zeitung morgens

Birgit Schmidt-Möller liest die Zeitung bei schönem Wetter auch in ihrem Garten in Waidmannslust.
Birgit Schmidt-Möller liest die Zeitung bei schönem Wetter auch in ihrem Garten in Waidmannslust.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich bin jetzt 65, relativ neu in Rente – aber Ruhestand, das kann ich nicht. Ich habe an mehreren Schulen in Berlin gearbeitet und war eine Herzblut-Lehrerin. Ich war zwischendurch auch kurz Konrektorin, zum Schluss habe ich mich in der Senatsschulverwaltung in Pankow um Schulschwänzer gekümmert. Aber wie gesagt: Jetzt bin ich im Ruhestand und halte das schwer aus, deshalb habe ich derzeit drei große Projekte. Zum vierten, einem Buch, das ich schreiben will, komme ich nicht.

Vor paar Jahren habe ich ein Vorleseprojekt ins Leben gerufen, bei dem Erwachsene Kindern ehrenamtlich in Schulen und  Kindergärten vorlesen. Als zweites betreue ich die Arbeit von Leuten, die als quereinsteigende Lehrer*innen in den Schuldienst wechseln wollen. Und mein drittes Projekt sind meine eigenen Kinder und meine Enkel – die Geschichten, die ich mit denen erlebe, landen oft als „Berliner Liste“ im Tagesspiegel.

[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Ich lese die Zeitung, seitdem ich erwachsen bin, mit 18 oder 20 habe ich sie abonniert. Ich bin politisch sehr interessiert und brauche die Zeitung morgens: Die Politik, den Berlin-Teil, Wirtschaft überfliegen ich, dann kommt der Kultur-Teil dran, den liebe ich – und als Belohnung zum Abschluss mache ich das schwerste Sudoku, das es gibt, als Gehirnjogging. Dann gehe ich in den Tag.

Ich kann mir ein Leben ohne den Tagesspiegel nicht vorstellen, ich gehe morgens an meinen Briefkasten und wenn da mal aus Versehen keine Zeitung drinsteckt, dann hole ich mir eine an der Tanke. Die absolute Sachlichkeit gefällt mir sehr, wenn ich da etwas lese, dann entspricht das meinen Wertvorstellungen. Ich wünsche mir für den Tagesspiegel, dass die Leute an dieser Zeitung dranbleiben – in welcher Form auch immer.

Siegfried Kleinhans: Täglich Tagesspiegel seit Oktober 1945

Siegfried Kleinhans ist 94 Jahre und seit 75 Jahren Tagesspiegel-Leser.
Siegfried Kleinhans ist 94 Jahre und seit 75 Jahren Tagesspiegel-Leser.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich bin am 18. Januar 1926 geboren und in Zeuthen aufgewachsen – 500 Meter von der Berliner Stadtgrenze entfernt. Mein Vater war Ingenieur beim Lokomotiven-Unternehmen Schwartzkopff. Mein Abitur habe ich in Königs Wusterhausen gemacht – der Krieg hat danach natürlich alles bestimmt. Ich wurde eingezogen und war bei den Panzergrenadieren, unter anderem in Dänemark. Das Kriegsende habe ich jedoch mit einer Verletzung im Lazarett in Leisnig in Sachsen erlebt.

Ich habe später in West-Berlin Maschinenbau studiert und 1950 als Konstrukteur im Siemens-Dynamowerk angefangen, später dann die Leitung des Konstrukteursbüros übernommen. Im Herbst 1989 wurde ich Pensionär – und habe in Berlin ab Juni 1990 ehrenamtlich ein Verbindungsbüro aufgebaut, das Fachkräfte in den Osten vermittelt hat. 

1991 habe ich mein zuvor beschlagnahmtes Elternhaus  in Zeuthen wiederbekommen und mit meiner Frau gemeinsam wieder hergerichtet – und es als Wochenendhaus als Abwechslung zu unserer Wohnung in Siemensstadt behalten, in der wir seit 1961 wohnten. Leider ist meine Frau 2018 verstorben, wir waren 75 Jahre lang zusammen. Meine beiden Kinder kommen mich regelmäßig besuchen.

In meinem 95. Lebensjahr bin ich nun nicht nur ein Zeitzeuge, sondern auch ein Zeitungszeuge. In der ersten Oktoberwoche 1945 lag da am Bahnhof in Zeuthen eine neue Zeitung aus, der Tagesspiegel. Die habe ich mir gekauft – und seither habe ich die Zeitung jeden Tag gelesen. Seit 1955 bin ich Abonnent und kriege den Tagesspiegel immer noch jeden Tag. Und wenn ich die Zeitung manchmal so aufschlage, denke ich in letzter Zeit oft, der Stuttmann muss doch langsam mal genug von dem Trump haben!

Yvonne Dohle: In Berlin gäbe es für mich keine andere Zeitung

Yvonne Dohle ist überzeugte Berlinerin und der Tagesspiegel für sie die Nummer eins in der Stadt.
Yvonne Dohle ist überzeugte Berlinerin und der Tagesspiegel für sie die Nummer eins in der Stadt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Aufgewachsen bin ich ganz klassisch in Neukölln, mehr Berlin geht ja fast nicht. Meine Jugend habe ich dann in Tempelhof verbracht. Ich habe mich immer da wohlgefühlt, wo es bunt ist, damals hieß das ja noch Multi-Kulti. Wie sehr mir Berlin fehlt, habe ich gemerkt, als ich für eine Weile in der Nähe von Heidelberg gelebt habe – und unbedingt wieder zurückwollte.

Ich habe häufiger darüber nachgedacht, was mich eigentlich mit der Stadt verbindet. Es wird ja viel gemeckert, es ist oft eine Hassliebe. Aber du kannst im Schlafanzug zum Späti gehen – und niemanden interessiert das. Ich bin jetzt Anfang 50 und studiere seit gefühlten 100 Semestern an der FU, inzwischen romanische Literaturwissenschaft. Ich habe aber zwischendurch auch drei Kinder bekommen.

Der Tagesspiegel lag früher bei meinem Opa auf dem Tisch, der hat bei uns im Haus gewohnt – deshalb ist die Zeitung also ein treuer Begleiter. In Berlin gäbe es für mich keine andere Zeitung – auch wenn ich mir manchmal ein bisschen mehr Sorgfalt bei der Rechtschreibung wünsche.

Ich bin im Internet-Forum aktiv und schreibe auch Leserbriefe und das immer dann, wenn ich das Gefühl habe, hier wird etwas als gegeben vorausgesetzt, wenn in mir ein innerer Widerspruch wach wird. Deshalb mag ich Formate, bei denen sich Zeit genommen wird, die Nachrufe zum Beispiel. Auch Artikel, in denen es um die Frage, geht wie wir miteinander umgehen – Queer- und Diversity-Themen – lese ich beim Tagesspiegel gerne. Da wird dann sichtbar, dass Menschen eben unterschiedlich sind. 

Ina Rosenthal: Im Tagesspiegel sollten mehr Frauen auftauchen

Ina Rosenthal findet durch die Zeitung eine Verbindung zu ihrem Lebensort Berlin.
Ina Rosenthal findet durch die Zeitung eine Verbindung zu ihrem Lebensort Berlin.

© Caroline Walburg

Meine Mutter kommt aus Potsdam, mein Vater aus Berlin – wahrscheinlich war deshalb bis zu meinem 40. Lebensjahr immer der Wunsch da, in dieser Stadt zu leben. Ich bin aber in NRW groß geworden und habe mich immer weiter nach Süden bewegt. Ich bin in Bochum zur Schule gegangen, wollte Journalistin bei der Siegener Zeitung werden, wurde dann Fotografin, war Filialleiterin in einem Fotogeschäft, habe in Esslingen studiert – und saß zum Schluss nach einer Lebenskrise in Lörrach bei Freiburg und wusste nicht mehr weiter.

Dann wurde mir klar, dass ich überall hingehen kann, wo ich will. Berlin ist es dann geworden, da habe ich bei meinem Onkel quasi als Sekretärin gearbeitet. Davor war ich immer in Leitungspositionen, inzwischen leite ich „Rad und Tat“, eine offene Initiative lesbischer Frauen in Berlin.

In Berlin habe ich auch meine jetzige Frau kennengelernt, die mich zum Tagesspiegel gebracht hat. Ich lese mittlerweile viel online – aber meine Frau hasst das, deswegen haben wir auch ein Printabo. Mir ist das Zeitunglesen total wichtig, eine Regionalzeitung schafft eine Verbindung zum eigenen Ort – und ich will wissen, was um mich herum passiert – und  nicht nur in der eigenen Blase. Den Queerspiegel finde ich grandios, das ist ein ganz wichtiges Medium, das auch in die Gesellschaft strahlt.

[Wer noch mehr über das queere Berlin erfahren will: Der Tagesspiegel-Newsletter Queerspiegel erscheint monatlich, immer am dritten Donnerstag. Hier kostenlos anmelden: queer.tagesspiegel.de]

Eine vielfältige Sicht auf die Dinge  finde ich total wichtig – deswegen könnten auch manchmal mehr Frauen im Tagesspiegel auftauchen. Mein Eindruck ist gelegentlich, dass es doch sehr viele Redakteure gibt – aber unterschiedliche Blick- und Erlebenswelten machen eine Zeitung vielfältiger. Davon kann auch der Tagesspiegel profitieren.

Benedikt Terwiel: Sich immer mehr in Berlin eingraben

Benedikt Terwiel stammt aus Augsburg. An Berlin liebt er das Unfertige und die vielen Freiräume.
Benedikt Terwiel stammt aus Augsburg. An Berlin liebt er das Unfertige und die vielen Freiräume.

© Kitty Kleist-Heinrich

Nach Berlin bin ich im Jahr 2000 zum Malerei-Studium an der UdK gekommen. Ursprünglich komme ich aus Augsburg – aber es gab immer auch familiäre Beziehungen nach Berlin. Nach dem Studium habe ich als freischaffender Künstler in Berlin angefangen zu arbeiten, ich bin in einer Atelier-Gemeinschaft am Hermannplatz. Berlin ist für mich die beste Stadt für meinen Beruf! Unter jedem Stein findet man hier Zeitgeschichte, die Stadt wird immer komplexer, je mehr man sich in sie eingräbt – ob man einen neuen Hinterhof entdeckt oder irgendwas anderes. Das unfertige, die vielen Freiräume – das beeinflusst meine Kunst, von fotografischen bis filmischen oder skulpturalen Arbeiten. 

Über die Stadt informiert bleibe ich über den Tagesspiegel. Ich wollte einen Lokalteil in der Zeitung, die ich lese. Besonders die Nachrufe am Sonntag gefallen mir sehr, aber auch Formate wie „Wem gehört Berlin“. Wir haben alle Angst vor Verdrängung. Dass der Tagesspiegel hier Aufklärungsarbeit leistet, finde ich wichtig. Ich wünsche dem Tagesspiegel, dass er auch in Zukunft literarische Formate wie die Nachrufe beibehält. Diese Erzählungen über Berlin, dass man Querbeet die Berliner Mischung beschrieben bekommt – dadurch lernt man auch ein Stück von seiner Nachbarschaft kennen. Ich freue mich, dass sowas in der Zeitung Platz hat.

Beatrice und Karl-Heinz Stimberg: Auch der Enkel hat Geburtstag

Beatrice und Karl-Heinz Stimberg in ihrem Garten in Frohnau. Was besonders interessant ist, wird markiert - und später diskutiert.
Beatrice und Karl-Heinz Stimberg in ihrem Garten in Frohnau. Was besonders interessant ist, wird markiert - und später diskutiert.

© Kitty Kleist-Heinrich

Eigentlich kommen wir aus Nordrhein-Westfalen, 1976 sind wir aus beruflichen Gründen nach Berlin gezogen. Mein Mann hat damals hier einen Job bei IBM bekommen – und als junger Mensch zählte natürlich damals auch die Berlin-Zulage. Wir haben erst lange in Wilmersdorf gelebt und wohnen seit 1984 in Frohnau. Wir haben früh Kinder bekommen, drei Söhne, in unseren ersten Jahren hier hat sich deshalb viel um die Kinder gedreht.

Es gab eine gewisse Normalität, wir hatten auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen nach Ost-Berlin – wir waren typische reine Wessis. Beim Mauerfall haben die Kinder gehämmert wie die Spechte und sind auf die Mauer am Brandenburger Tor geklettert. Inzwischen sind wir in Rente und die Kinder aus dem Haus, die leben im Kanton Zürich, London und Paris. 

Wir sind natürlich oft bei denen, oder sie bei uns. Gerade macht meine Frau täglich eine Video-Konferenz mit unserem jüngsten Enkel, der übrigens mit dem Tagesspiegel zusammen Geburtstag hat – er wird aber erst zwei Jahre alt. Wir haben auch eine Tagesspiegel-Routine: Unser Frühstück zieht sich morgens über ein, zwei Stunden hin – da wird die Zeitung gelesen. Das machen wir jetzt seit etwa zehn Jahren, Abonnenten sind wir aber schon seit zwanzig.

Wir markieren uns gegenseitig die Artikel, die wir interessant finden, haken ab, was wir schon gelesen haben oder lesen uns vor, was uns interessiert, damit wir darüber diskutieren können – und schauen dann, ob die Meinungen auseinandergehen oder man übereinstimmt. Die Seriosität des Tagesspiegel und die investigativen Kampagnen wie „Wem gehört Berlin“ gefallen uns an der Zeitung – gut wären aber manchmal noch mehr Mitarbeiter, die Korrektur lesen. Und ein bisschen weniger Werbung für den Shop.

Ulrich Purmann: Zu Mauerzeiten waren wir die „Rest-Berliner“

Ulrich Purmann ist seit April 1982 Abonnent. Den Begrüßungsbrief des Tagesspiegel hat er aufgehoben.
Ulrich Purmann ist seit April 1982 Abonnent. Den Begrüßungsbrief des Tagesspiegel hat er aufgehoben.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich bin in Zehlendorf aufgewachsen – und immer in Berlin geblieben. Ich habe mich hier immer wohlgefühlt, zu Mauerzeiten waren wir die „Rest-Berliner“, der Vogel im Käfig, der nicht weiß, dass er in einem Käfig sitzt. An der FU habe ich dann Jura studiert und währenddessen mehrere Jahre am U-Bahnhof Onkel Toms Hütte gewohnt – nach 1989 war es hier so toll, warum sollte ich da weggehen?

Wir waren damals aber auch viel in Ost-Berlin, zum Beispiel in der Staatsoper unter den Linden – und seit 20 Jahren ist mein Arbeitsplatz im ehemaligen Ost-Berlin, ich arbeite bei einer Versicherung. Dass ich den Tagesspiegel lese, hat auch mit meiner Schulzeit zu tun, Mitte der 70er-Jahre hatten wir einen Deutsch-Grundkurs, in dem ging es um Journalismus und Presse.

[Wir schauen in alle Kieze: In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Wir haben damals alle Berliner Zeitungen analysiert, dreimal dürfen Sie raten, welche Zeitung da gewonnen hat. Ich bin seitdem 20. April 1982 Abonnent, den Begrüßungsbrief vom Tagesspiegel habe ich noch. Damals hat das Studentenabo 11,70 DM pro Monat gekostet. Das ist heute natürlich nicht mehr so, aber mein erster Gang führt morgens immer noch zum Briefkasten. Ich wohne ja ohnehin im Tagesspiegel-Kerngebiet, ein „Morgenpost“-Leser ist hier schon eher exotisch.

Seit ich ihn lese, hat der Tagesspiegel seine Qualität gehalten – auch wenn es manchmal ein paar weniger Fehler im Blatt geben könnte und vielleicht mal einen kleinen Kasten mit einer Zusammenfassung bei längeren Texten. Einen besonderen Bezug zum Tagesspiegel gibt es übrigens auch: Meine Schwester war mit den Enkeln von Tagesspiegel-Gründer Erik Reger befreundet. Mit denen waren wir als Kinder öfter mal schwimmen.

Michael Clausecker: Man hatte das Gefühl, in der Geschichte zu sein

Michael Clausecker ist Chef eines Motorradhandels in der Holzhauser Straße in Reinickendorf. Gelegentlich schreibt er Leserbriefe und liebt die Schallplattenkritiken.
Michael Clausecker ist Chef eines Motorradhandels in der Holzhauser Straße in Reinickendorf. Gelegentlich schreibt er Leserbriefe und liebt die Schallplattenkritiken.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich bin 1991 aus Stuttgart nach Berlin gekommen und habe in der Treuhandanstalt als Referent gearbeitet, später dann für die Deutsche Wagonbau AG. Stuttgart ist eine mittelgroße Stadt mit einem eher mittelgroßen Erlebnishorizont – und Berlin war immer die große Weltstadt, die alles zusammenbrachte. Ein Schlüsselereignis für mich war die Feier zur Wiedervereinigung, da bin ich von Stuttgart aus nach Berlin gereist, war am Brandenburger Tor und Potsdamer Platz.

Man hatte das Gefühl, in der Geschichte zu sein – und dass mit den ganzen Brachflächen in der Stadt noch einiges passieren würde. Anfangs habe ich im Wedding, dann mit Familie in Lichterfelde gewohnt. 

Zwischendurch habe ich aber immer wieder in anderen Städten gearbeitet, zum Beispiel bei Siemens in München obwohl ich immer sehr gerne in Berlin war. Es war aber zwischendurch eine Herausforderung, hier eine geeignete Arbeit zu finden. Richtig angekommen bin ich in der Stadt dann 2011, als ich die Leitung von Bombardier übernommen habe. Den Tagesspiegel habe ich früh für mich entdeckt, er ist die herausragende Zeitung Berlins: deutschlandpolitisch auf einem hohen Niveau, lokalpolitisch relevant und graphisch sehr ansprechend.

In der Vergangenheit habe ich gelegentlich auch Leserbriefe geschrieben – wenn ich mich über etwas geärgert habe oder ich noch einen Aspekt zu etwas beisteuern wollte. Ich liebe die Musikkritiken, aber ich bin inzwischen Inhaber eines Motorradhandels – da vermisse ich natürlich einen Technik- und Motorteil.

Viktor Weber: Der Pfarrer, der gern Checkpoint-Inhalte twittert

Viktor Weber hat beim Theologiestudium seine Liebe für Berlin entdeckt. Über den Checkpoint informiert sich der Pfarrer aus Spandau.
Viktor Weber hat beim Theologiestudium seine Liebe für Berlin entdeckt. Über den Checkpoint informiert sich der Pfarrer aus Spandau.

© Kitty Kleist-Heinrich

Geboren bin ich in Kasachstan. Als ich acht Jahre alt war, kamen meine Familie und ich nach Deutschland – das war 1989 kurz vor der Wende. Wir haben dann in Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg gelebt. Ich war da stark eingebunden in eine eher konservative russlanddeutsche Gemeinde. Nach der Schule habe ich mit BWL erstmal was Handfestes studiert und dann in Frankfurt am Main bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet – und habe gemerkt, dass ich total auf Großstädte stehe. Aber lange wollte ich diesen Bürojob dann doch nicht machen. Ich habe es dann gewagt, Theologie zu studieren, zunächst in Heidelberg und dann für ein Gastsemester in Berlin. Da habe ich gemerkt, dass mich keine zehn Pferde hier wieder wegkriegen. 

Mein Vikariat habe ich dann in Zehlendorf gemacht, ich habe aber in allem möglichen Bezirken gewohnt. Prenzlauer Berg, Schöneberg, Charlottenburg und dann Pfarramt in Spandau – ich kenne mich inzwischen gut aus in der Stadt. Pfarrer ist beste Beruf der Welt. Die zwei großen Bereiche meines Berufes, Verwaltungsarbeit und der Kontakt mit den Leuten, das ist ein sehr gutes Verhältnis. Zu meiner Alltags-Routine gehört aber auch die morgendliche Lektüre des Tagesspiegel-Checkpoints – mehr schaffe ich im Alltag nicht.

[Behalten Sie den Überblick: Jeden Morgen ab 6 Uhr berichten Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über Berlins wichtigste Nachrichten und größte Aufreger. Kostenlos und kompakt: checkpoint.tagesspiegel.de]

Ich finde: Die Redakteurinnen und Redakteure des Newsletters sind unsere besten PR-Mitarbeiter, es klingen oft religiöse Themen an – das verarbeite ich dann auf meinem Twitter-Kanal. Ich finde es unglaublich unterhaltsam, wenn ich das morgens lese, kriege ich direkt gute Laune und eine Ahnung davon, was in der Stadt gerade so los ist. Als Kirchenmensch würde ich mir natürlich wünschen, dass religiöse Themen hier noch mehr Platz finden – und auch soziale Fragen noch mehr in den Fokus rücken.

Saskia Valassis: Durch den Tagesspiegel zur Marathonläuferin

Saskia Valassis ist überzeugte Neuköllnerin. Regelmäßig liest sie morgens den Checkpoint.
Saskia Valassis ist überzeugte Neuköllnerin. Regelmäßig liest sie morgens den Checkpoint.

© Kitty Kleist-Heinrich

Ich bin eine waschechte Berlinerin, ich lebe jetzt in vierter Generation hier. Meine Ur-Großeltern kamen aus Schlesien und Westpreußen. Aber wir sind nicht nur der Stadt, sondern auch dem Bezirk treu geblieben. Ich bin Neuköllnerin. Ich bin in Britz groß geworden und habe da auch Abi gemacht. Anschließend ging es nach Arnheim, um Kunst-Design zu studieren, aber nach einem Jahr war ich wieder in Berlin und habe dort weiter an der UdK studiert.

Während des Studiums habe ich an der Sonnenallee gewohnt, das war eine wilde Zeit. Nach dem Studium habe ich noch in Aachen Designerin gearbeitet – aber inzwischen wohne ich mit meiner Familie wieder in Neukölln. Es ist ein totales Multi-Kulti-Umfeld.

Bei uns in der Familie wird schon immer Tagesspiegel gelesen, meine Eltern und Großeltern haben die Zeitung noch im Print-Abo. Ich selber schaffe es derzeit nur, morgens den Checkpoint zu lesen, das ist genau richtig für mich – die freche und direkte Schreibweise gefällt mir sehr. Ich will wissen, was für Sachen in der Politik und in der Stadt passieren. So bin ich auch zur Tagesspiegel-Laufgruppe gekommen.

Im Prinzip hat der Tagesspiegel mich sogar dazu gebracht, einen Marathon zu laufen. Ich hatte mich über den Checkpoint für einen Startplatz beim Berlin-Marathon beworben mit dem Gedanken, den kriegst du sowieso nicht – und dann kam tatsächlich die Nachricht mit dem Startplatz. Ich habe trainiert, in 100 Tagen zum Marathon, viel Training, viel Schweiß – und am Ende bin ich auch noch unter fünf Stunden geblieben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false