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In Berlin begann das Unternehmen vor mehr als 170 Jahren seinen Weg.

© Schöning/Imago

600-Millionen-Investition in Berlin: Siemens-Projekt ist wichtiger Schritt in die Zukunft

Dank des Vertrauens von Siemens in die Gestaltungskraft Berlins könnte eine Überzeugung wachsen: Innovationen sind kein Schicksal. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Es ist eine gewaltige Summe, die Siemens im Lauf der nächsten Jahre in dem Ortsteil des Bezirks Spandau investieren will, der den Namen des Unternehmens trägt. 600 Millionen Euro soll die Entwicklung des Wissenschaftscampus’ Siemensstadt kosten. Eine Modellstadt wird nach dem Willen von Politik und Unternehmensleitung hier entstehen. In ihr können Wissenschaft, Forschung, Hochschulen und Start-ups gemeinsam mit dem global agierenden Konzern Produkte für die digitale Welt von morgen entwickeln.

Also alles das, was wir unter dem Oberbegriff Industrie 4.0 zusammenfassen. Und es wird nicht etwa in Singapur oder in den Vereinigten Staaten realisiert, sondern in Berlin, der Stadt, in der Siemens vor mehr als 170 Jahren seinen Weg begann.

All das in Berlin, das sich mit den Umbrüchen so schwertut

In Berlin. Der Stadt, die sich mit den Umbrüchen der vergangenen Jahrzehnte so schwertut. Deren nicht auf Rosen gebettete Einwohner trotz ihres angeblich unerschütterlichen Optimismus immer öfter an den Widrigkeiten einer sich rüde verändernden Stadt verzweifeln. Berlin, dessen Politik zu oft im Klein-Klein der Zuständigkeiten stecken bleibt und dann geradezu lustvoll jede Dynamik der Wirtschaft ausbremst.

In diesem Berlin glauben die Entscheider an der Spitze eines Weltmarktführers für neue Technologien den richtigen Platz gefunden zu haben für die Erschaffung von etwas, was es in dieser Größe bislang nicht gab. Und sie sind davon überzeugt, mit dem Regierenden Bürgermeister, mit Michael Müller, einen Stadtchef als Partner zu haben, der wie sie für die Idee brennt, in Berlin aus vertrauten Bausteinen etwas ganz Neues entwickeln zu können.

Die berühmte „Berliner Mischung“ soll wieder entstehen

Joe Kaeser, Vorstandvorsitzender von Siemens, und sein aus Berlin stammender Kollege, Cedrik Neike, sind fest davon überzeugt, dass hier, in Siemensstadt, die berühmte „Berliner Mischung“, das Miteinander aus Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Einkaufen wieder entstehen kann, das die Stadt in ihrer Blütezeit so lebenswert machte.

Sie wollen beweisen, dass die moderne Welt von morgen keine dunklen Seiten haben muss, dass neue Techniken und neue Arbeitsverfahren nicht zwangsweise Verlierer des Fortschritts hinter sich lassen müssen. Wenn Michael Müller von „guter Arbeit“ spricht, meint er nichts anderes als Joe Kaeser und Cedrik Neike, die versprechen, soziale Standards halten zu wollen.

Die großen Wohnflächen sind wichtig für die Modernisierung

Wenn in Siemensstadt im Rahmen des Forschungs- und Wissenschaftscampus 200.000 Quadratmeter Wohnfläche entstehen, die Hälfte davon zu günstigen Mieten, ist das eine wichtige Voraussetzung für eine Modernisierung mit menschlichem Antlitz, die nicht Scharen von Gentrifizierungsopfern wie Abfall produziert.

Michael Müller, seine grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Klaus Lederer, der Kultursenator von der Linken, haben das Projekt „Siemensstadt“ offensichtlich gemeinsam durchgezogen. Dass dieser Senat, wenn es darauf ankommt, wenn es um eine Jahrhundert-Chance geht, zu schnellem und einvernehmlichen Handeln fähig ist, beruhigt – für den Moment.

Und es weckt die Hoffnung, der rasche Erfolg könne alle Akteure ermutigen, künftig öfter so vorzugehen. Dank des Vertrauens von Siemens in die Gestaltungskraft der Stadt und ihrer Menschen, in die Vitalität des Standorts Deutschland könnte dann in den kommenden Jahren eine Überzeugung wachsen, die uns ermutigt: Innovationen sind kein Schicksal. Sie sind eine Chance.

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