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Justitia ist blind: Eine Büste am Kriminalgericht in Berlin-Moabit.

© imago images/Joko

29-Jähriger wegen Messerattacke vor Gericht: Angriff auf Hobbygärtnerin in Berlin-Wilmersdorf – weil sie arbeitete?

Gegen einen 29-Jährigen hat vor dem Landgericht ein Prozess wegen versuchten Mordes begonnen. Er habe der Fremden in den Hals gestochen und gesagt, sie dürfe als Frau nicht arbeiten. 

Sie kümmerte sich wie so oft ehrenamtlich um einen Vorgarten, als sie von einem Mann im blauen Kaftan angesprochen wurde. Er soll sich daran gestört haben, dass sie als Frau arbeitete. Wie aus dem Nichts rammte er Regina Gerken ein Messer in den Hals

Bei seiner Festnahme soll Abdul Malik A. einem Beamten erklärt haben, dass er sie „ins Paradies geschickt“ habe. Außerdem: „Frauen sollen nicht arbeiten.“ Vor dem Landgericht bestritt der 29-jährige Flüchtling aus Afghanistan einen Angriff. „Alles gelogen“, rief er. Er habe aus Angst zugestochen – „es ist ein Fehler passiert, ein Unfall“, erklärte A. am Dienstag.

Die Anklage gegen A. lautet auf versuchten Mord sowie gefährliche und schwere Körperverletzung. Heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen soll er Regina Gerken an der Günzel-/Ecke Prinzregentenstraße in Wilmersdorf attackiert haben.

Erst habe der Mann gefragt, „warum sie als Frau die Hecke schneiden würde“, so die Anklage. Dann mehrere Stiche in den Kopf- und Halsbereich. Das Gericht erteilte den Hinweis, dass neben oder anstatt einer Verurteilung zu einer Strafe auch eine Unterbringung von A. in einem psychiatrischen Krankenhaus in Betracht komme.

Die 58 Jahre alte Mutter zweier Söhne überlebte, weil ein Passant couragiert eingriff, weil schnell Ersthelfer bei ihr waren. Doch die linke Halsschlagader war durchtrennt. Dadurch kam es zu einem Schlaganfall, der zu einer rechtsseitigen Lähmung führte. Plötzlich aus dem normalen Leben gerissen, zu einem Pflegefall gemacht. 

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Einer ihrer Söhne sitzt nun für sie als Nebenklägerin mit im Gerichtssaal. Unermüdlich kümmert sich die Familie um die Mutter. Sie wollen ihr so viel wie möglich wiedergeben von dem, was ihr genommen wurde, schrieb der ältere Sohn in einem Spendenaufruf. Die Leser des Tagesspiegels rührte das Schicksal von Regina Gerken so, dass nach einem Artikel im vergangenen November 180.000 Euro für ihre Pflege zusammengekommen sind.

Es war Klaus F., der die Hobbygärtnerin vor weiteren Stichen rettete. Von weitem habe er beobachtet, wie ein Mann wild gestikulierend vor einer Frau stand, die typische Bewegungen wie beim Heckeschneiden machte. „Mein Bauchgefühl sagte mir, dass da etwas nicht stimmt“, so der 66-Jährige im Prozess. Er ging schneller.

„Hör auf, lass die Frau in Ruhe!“

„Ich sehe, wie sie sich seitlich wegdreht, von hinten greift er um ihren Hals, dann ein furchtbarer Schreckensschrei.“ Der Rentner rief: „Hör auf, lass die Frau in Ruhe!“ Da habe der junge Mann, der „total adrett, wie rausgeputzt“ aussah, von der Frau abgelassen und nun ihn attackiert. „Er fuchtelte mit dem Messer, ich hielt mir meine Tasche vors Gesicht.“ Auch Klaus F. wurde am Hals erheblich verletzt. Er schleppte sich zu einem Geschäft, rief: „Polizei, schnell, der will die Frau abmurksen.“ 

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Ist er frauenfeindlich? A. wies das zurück – „sie haben Rechte, sie können arbeiten.“ Die Religion sei für ihn, der 2016 aus Afghanistan geflohen war, in Deutschland wichtiger geworden. Er sei kein schlechter Mensch, er habe sich vor der Frau mit der Heckenschwere gefürchtet. Und A. sagte: „Ich habe schon länger Angst, dass mich jemand umbringt.“ 

Es steht eine Schuldunfähigkeit im Raum. Derzeit befindet sich Abdul Malik A. im Krankenhaus des Maßregelvollzugs. Der Prozess geht am 25. April weiter. 

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