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Eine Schlange vor einer landeseigenen Teststelle von 21Dx in Berlin-Steglitz.

© imago images/Stefan Zeitz

Update

21Dx in Berlin: Millionenaufträge des Senats an Teststellen-Betreiber für rechtswidrig erklärt

Die Berliner Vergabekammer hat Aufträge für das Unternehmen 21Dx zum Betrieb landeseigener Teststellen beanstandet. Nun muss neu entschieden werden.

Der Berliner Senat hat Ärger wegen seiner Vergabeentscheidungen für den Betrieb der elf landeseigenen Corona-Teststellen. Jetzt hat die Vergabekammer den Auftrag an das Unternehmen 21Dx in zwei Fällen für rechtswidrig erklärt und folgte damit dem Antrag eines Konkurrenzunternehmens. Dies sagte ein Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung am Donnerstag. Zuerst berichtete der RBB darüber.

Nun muss über den Auftrag neu entschieden werden. Es dürfte dabei inzwischen um eine dreistellige Millionensumme gehen, die das Land Berlin dem Unternehmen 21Dx gezahlt hat. Welche politischen oder personellen Konsequenzen das Verfahren hat, ist bislang offen. Die Hausleitung der Gesundheitsverwaltung hat seit der letzten Vergabe gewechselt. Die zuständige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ist nicht mehr im Amt.

Die Vergabekammer entschied bereits am Dienstag in zwei Fällen, wie am Donnerstag bekannt wurde. Bei der Nachprüfung einer Vergabe aus März 2021 an 21Dx befand die Vergabekammer, dass der Ausschluss eines anderen Unternehmens aus dem Vergabeverfahren rechtswidrig war. Und dass die Bewertung der Angebote wiederholt werden muss – samt Angebot des Unternehmens, das Beschwerde eingelegt hatte.

Zudem geht es um einen im November erteilten Interimsauftrag für Fortführung der landeseigenen Teststellen. Die Gesundheitsverwaltung soll nur das schon damit beauftragte Münchner Unternehmen 21Dx zur Abgabe eines Angebots aufgefordert haben. Aus Sicht der Vergabekammer war das nicht zulässig, weil andere Angebote nicht berücksichtigt und Konkurrenten von 21Dx von der Vergabe ausgeschlossen wurden.

Es sei nicht ersichtlich, dass „Dringlichkeitsgründe die Einbeziehung weiterer Interessenten in die Verhandlungen nicht zuließen“, schreibt die Vergabekammer in ihrer Entscheidung. Es habe sich bei den vergebenen Leistungen um einfach zu beschreibende Leistungen gehandelt, für die schon ein Vergabeverfahren durchgeführt worden sei, so dass Interessenten bekannt gewesen seien.

Im März 2021 hatte 21Dx den Auftrag für den Zuschlag für die damals zwölf landeseigenen Teststellen erhalten, mehrere Konkurrenten hatten schon damals Kritik geäußert und bei der Vergabekammer Beschwerde eingelegt. Die Vergabe war zuerst ohne Ausschreibung erfolgt. Dann hatten Recherchen des Tagesspiegel ergeben, dass das Münchner Unternehmen unter anderem an der Leistungsbeschreibung des Auftrags für die Ausschreibung selbst mitgewirkt hatte.

Andere und - teils deutlich günstigere - Konkurrenten waren vom Senat von der Vergabe ausgeschlossen worden, weil sie angeblich Kriterien nicht erfüllten. Unter anderem das Unternehmen, das nun vor der Vergabekammer recht bekam. Laut Wirtschaftsverwaltung laufen noch drei weitere Nachprüfungsverfahren ebenfalls wegen der Vergabe der landeseigenen Test-Zentren. Hier ist noch keine Entscheidung gefallen.

Bisher drei Ausschreibungen zu den Teststellen

Das Unternehmen 21Dx war - wie viele Anbieter von Schnelltests - erst im Juli 2020 gegründet worden, schon im November 2020 hatte das Unternehmen den ersten Senatsauftrag erhalten. Wettbewerber wunderten sich von Beginn an über eine besondere Nähe zwischen dem Gesundheitssenat und der Münchner Firma. Interne Mails, über die der Checkpoint-Newsletter des Tagesspiegel berichtete, belegen eine extreme Vertrautheit zwischen den Akteuren.

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Da sich die Prüfung der Beschwerden der anderen Unternehmen vor der Vergabekammer in die Länge zog, hatte die Gesundheitsverwaltung immer neue Interimsaufträge an 21Dx vergeben – um die Teststellen weiter offen zu halten. Laut internen Mails, die dem Tagesspiegel vorliegen, arbeitet die Gesundheitsverwaltung auch jetzt noch weiter mit 21DX zusammen: das Unternehmen ist auch für die Zertifizierung der Hunderten gewerblichen Test-Zentren mitzuständig und die kostenlosen PCR-Tests.

Laura Hofmann, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, sagte dem Tagesspiegel: „Wir haben die Entscheidungen der Vergabekammer zur Vergabe durch den Vorgänger-Senat geprüft und werden formal Rechtsmittel dagegen einlegen." Damit könne der Betrieb der senatsbeauftragten Teststellen zunächst weitergehen.

"Darüber hinaus haben wir in Berlin eine breit aufgestellte Teststelleninfrastruktur, die von der Entscheidung der Vergabekammer unberührt bleibt." Der Senat werde dafür Sorge tragen, dass es auch in Zukunft qualitativ hochwertige Testangebote in Berlin geben werde, teilt Hofmann mit.

Der Berliner Senat muss zum jetzigen Zeitpunkt die Kosten des verlorenen Verfahrens tragen. Branchen-Insider gehen davon aus, dass die Unternehmen, die gegen den Senat vorgehen, auch vor einem ordentlichen Gericht auf Entschädigung klagen könnten. Dabei könnte etwa der entgangene Gewinn pro Monat als Summe angesetzt werden. Letztlich könnte es sich dabei um einen zweistelligen Millionenbetrag handeln.

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