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Festnahme eines mutmaßlichen Dealers bei einer Großaktion im März 2020.

© dpa

2020 abgeschoben und nun wieder in Berlin: Görli-Dealer soll Elfjährige bedrängt haben

Der 32-jährige Marokkaner war 2020 abgeschoben worden. Er kam zurück nach Berlin, sitzt nun wegen Gewalt-, Sexual- und Drogendelikten in Untersuchungshaft.

Er nutzte mehr als 50 Aliasidentitäten, war 2020 aus Berlin abgeschoben worden – nun ist der mutmaßliche Drogendealer wieder in der Hauptstadt, sitzt aber in Untersuchungshaft. Der 32 Jahre alter Marokkaner soll am Donnerstag im Görlitzer Park einem 11-jährigen Mädchen Drogen angeboten, sie mehrmals angesprochen und verfolgt haben. Das Mädchen alarmierte per Handy die Polizei.

Am Sonnabend erließ ein Richter einen Haftbefehl gegen den Mann. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Sonntag mit. Zuerst hatte die „Morgenpost“ über den Fall berichtet.

Nach dem Anruf des Mädchens am Donnerstag nahmen Polizisten den Mann fest. Bei der Überprüfung der Personalien stellten die Beamten fest, dass der 32-Jährige der Brennpunktinspektion für Görlitzer Park, Wrangelkiez und Kottbusser Tor bekannt ist.

Seit Juni sei er „mehrfach durch Gewalt-, Sexual-, und Betäubungsmitteldelikte“ aufgefallen, teilten die Behörden mit. Anfang Juni war er beim Drogenhandel geschnappt worden, im Juli soll er mit einer Eisenstange auf zwei Parkläufer des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg losgegangen sein.

Und wenige Wochen später einem Menschen im Park mit einer Schere zahlreiche Stichwunden zugefügt haben. Ermittelt wird auch wegen sexueller Belästigung und Verstößen gegen des Aufenthaltsrecht und illegaler Einreise.

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Wegen mehrerer Straftaten und Vorstrafen war er im Sommer 2020 abgeschoben worden. Obwohl ihm ein Wiedereinreiseverbot erteilt worden ist, war er nach Berlin zurückgekehrt. Laut „Morgenpost“ soll er sich mit seinen Alias-Personalien  mal als Franzose, mal als Italiener, mal als staatenloser Palästinenser aus dem Gaza-Streifen ausgegeben haben.

Der Görlitzer Park ist Hotspot der Dealer

Mit der Festnahme sei die Gefahr einer weiteren Eskalation und weiterer schwerer Straftaten verhindert worden, hieß es. Bei einer Verurteilung droht dem Mann die erneute Abschiebung.

Der Görlitzer Park ist ein Kriminalitäts-Hotspot und einer der wichtigsten Handelsplätze für Drogendealer. Seit eineinhalb Jahren ist dort eine Brennpunkt- und Präsenzeinheit der Direktion 5 unterwegs, die Brennpunktinspektion soll Netzwerke, Händlerstrukturen und Hintermänner ermitteln.

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Anwohner und Besucher klagen über aggressive Dealer, Belästigungen und Gewalt. Die Dealer finanzieren mit dem Verkauf oft auch ihren eigenen Drogenkonsum. Im September 2020 fand ein vierjähriges Mädchen, das mit seiner Kita-Gruppe unterwegs war, einen Löffel, der vermutlich als Drogenbesteck diente – und nahm ihn in den Mund.

Andere Anwohner wiederum kritisieren die Einsätze der Polizei als rassistisch und fordern, den Dealern müsse eine legale Tätigkeit erlaubt werden, die Kosten für die Polizeieinsätze sollten in bessere soziale Betreuung, Unterkünfte und Duschen gesteckt werden.

Task Force prüft für 250 Straftäter im Kiez die Abschiebung

Von Februar 2020 bis August 2021 hat die Polizei im Bereich Kottbusser Tor, Görlitzer Park, und Wrangelkiez Erlöse aus dem Drogenhandel in Höhe von mehr 350.000 Euro und mehr als 170 Kilogramm Drogen beschlagnahmt. Gegen 114 von 127 festgenommenen Verdächtigen sind Haftbefehle erlassen worden.

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Allein zwischen Januar und November 2020 registrierte die Polizei im Park 5440 Delikte, fast zwei Drittel, nämlich 1831 Taten, waren Drogendelikte. Das waren 28 Prozent mehr als im Jahr 2019, als 1435 Drogendelikte festgestellt worden sind.

Weil die Gegend als kriminalitätsbelasteter Ort eingestuft ist, darf die Polizei dort ohne Anlass und konkreten Verdacht Personen überprüfen und durchsuchen. Da es sich bei Drogenstraftaten um Kontrolldelikte handelt, werden sie durch vermehrte Kontrollen nun häufiger aktenkundig.

Auch eine gemeinsame Task Force des Landesamtes für Einwanderung und der Polizei Berlin ist mit dem Görli befasst. Sie hat rund 250 Personen im Visier, die im Görlitzer Park sowie im Wrangelkiez wiederholt Straftaten begehen und kein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland haben.

Die Task Force lotet alle Möglichkeiten aus, um gegen die Dealer ausländerrechtlich vorzugehen. Mehr als zwei Dutzend Personen sind ausgewiesen oder abgeschoben worden.

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