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Wie eine Grippe-Impfung: Im Jahr 2021 könnte eine Impfung gegen das Coronavirus verfügbar sein.

© Marcus Brandt/dpa

Update

20.000 Dosen am Tag: So plant Berlin in sechs Zentren die Impfungen gegen Covid-19

Deutschland bereitet sich auf einen Corona-Impfstoff vor. Berlin will Kassenärzte, Kliniken und Bundeswehr einbeziehen. Phase eins betrifft 400.000 Menschen.

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In Berlin soll es bald sechs Corona-Impfzentren geben. Das sagte Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD) am Dienstag im Roten Rathaus. Die Standorte stünden noch nicht fest, es werde aber wahrscheinlich 15 Plätze pro Zentrum geben. Der Senat geht davon aus, dass so circa 20.000 Menschen pro Tag geimpft werden können.

Den Aufbau der Impfzentren koordinieren soll Albrecht Broemme – Berlins bekannter Ex-Feuerwehrchef und früherer Präsident des Technischen Hilfswerks. Broemme ist formal im Ruhestand, hatte im Frühjahr aber auf Wunsch von Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) die Covid-19-Notklinik auf dem Messegelände einrichten lassen.

Es sei unklar, sagte Staatssekretär Matz, wann der Bund den Impfstoff liefern könne. In Berlin wird der Stoff dann jedenfalls an einem geheimen Ort gelagert. Wie berichtet kümmern sich die Techniker der Vivantes-Kliniken um die erforderlichen Kühlschränke mit minus 80 Grad Celcius. Der landeseigene Gesundheitskonzern leitet auch das Reservekrankenhaus in den Messehallen.

Zunächst sollen ältere und vorerkrankte Menschen gegen das Coronavirus geimpft werden, das gilt bislang weitgehend als Konsens. Wer jedoch genau als Risikogruppe definiert werde, sagte Matz, könne anhand der vorliegenden Empfehlungen der bundesweiten Ständigen Impfkommission, des Deutschen Ethikrates und der nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina noch nicht festgelegt werden.

Berlin will Kassenärzte, Kliniken und Bundeswehr bei Impfung einbinden

In einer ersten Phase der Impfung sollen 400.000 Menschen in Berlin geimpft werden, die im Abstand von drei Wochen eine zweite Impfung erhalten. „Wenn wir wissen, welche Gruppen das betrifft, können wir diese dann auch anschreiben“, sagte Matz. Krankenkassen würden ebenfalls ihre Mitglieder informieren. Die für die Praxen zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) werde wegen der „Besonderheit der Impfphase“ zunächst eher mittelbar eingebunden: Man spreche mit KV, Krankenhäusern und Bundeswehr darüber, ob sie Personal für die Einsätze bereitstellen können.

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Die Impfung ist freiwillig, was noch zu Debatten führen wird: Je mehr Menschen sich immunisieren lassen, desto wirksamer der Schutz für alle. Die Gesundheitsministerkonferenz, der aktuell Senatorin Kalayci vorsitzt – die sich derzeit in Quarantäne befindet – hatte sich Freitag mit Bundesminister Jens Spahn (CDU) auf ein Vorgehen verständigt: Der Bund soll das Mittel beschaffen und finanzieren, während die Länder die Impfzentren einrichten. Die Impfstoffe könnte durch die Bundeswehr ausgeliefert werden.

Macht Aussicht auf den Impfstoff die Leute leichtsinnig?

Wie berichtet, könnte zum Jahreswechsel ein Corona-Impfstoff in Europa verfügbar sein, nachdem das Mainzer Unternehmen Biontech und der US-Pharmakonzern Pfizer am Montag erste Ergebnisse einer für die Zulassung entscheidenden Studie bekannt gaben. In den Kliniken fürchten Ärzte, dass diese Meldung zu Leichtsinn in der Bevölkerung führen könnte, deshalb die Infektionszahlen steigen und die Krankenbetten zunehmend mit neuen Covid-19-Patienten belegt werden müssen.

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Der Senat hat am Dienstag auch beschlossen, die Covid-19-Notklinik in den Messehallen nicht wie geplant zum Jahresende abzubauen. Die Landesregierung verlängerte den Vertrag mit der weitgehend landeseigenen Messe bis Ende Mai 2021. Je nach Pandemielage könne man das Reservekrankenhaus auch früher zurückgeben. „Wir haben aber weiter steigende Zahlen“, stellte Matz klar. Zwar sei ein „leicht rückgängiger Trend“ erkennbar. Genaueres wisse man erst ab 16. November, wenn die aktuellen Maßnahmen seit zwei Wochen gelten.

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In der Covid-19-Klinik gibt es derzeit 84 Betten in „Betriebsbereitschaft“, sagte Matz. Dies sei „kurzfristig hochfahrbar“. Der Staatssekretär bezog das auch auf medizinisches Personal, das „umgeschichtet“ werden könne, um sich auf die Behandlung von Covid-19-Patienten zu konzentrieren. Wie berichtet suchen alle Kliniken der Stadt dringend Fachleute – der Senat ruft ehemalige Pflegekräfte dazu auf, sich für einen Interimsjob im Gesundheitswesen zu melden.

326.000 Schnelltests kurzfristig in Berlin verfügbar

Mit Blick auf die Massenansteckungen der letzten Wochen können 326.000 Schnelltests in die stationäre Pflege, die Obdachlosen- und Kältehilfe geliefert werden, teilte Matz mit. Wenn das Abgeordnetenhaus ein „Kurztestkonzept“ definiere, stelle der Senat die Tests zur Verfügung. Auch die Mitglieder des Abgeordnetenhauses selbst sollen die Corona-Schnelltests nutzen.

Die sogenannten Antigen-Schnelltests waren erst im September eingeführt worden. Dutzende Abgeordnete hatten sich zuletzt infiziert, viele befinden sich darüber hinaus als Kontaktpersonen in Quarantäne. Inzwischen diskutieren die Landespolitiker über ein Notparlament. Laut Verfassung muss dafür mehr als die Hälfte der Abgeordneten – das sind derzeit 81 Mandatsträger – anwesend sein. Wenn weniger Abgeordnete arbeitsfähig sind, ist das Berliner Parlament nicht beschlussfähig.

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