zum Hauptinhalt
Auch die Gewerkschaften unterstützen das Volksbegehren.

© Monika Skolimowska/zb/dpa

170.000 Unterschriften in vier Monaten: Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen enteignen“ geht in die zweite Phase

Die Initiative fordert die Vergesellschaftung großer Firmen wie „Deutsche Wohnen“. Nach dem starken Auftakt 2019 könnte die zweite Phase schwieriger werden.

Eines steht schon fest: So einfach wie am 27. Juli 2019, dem Auftakt für die erste Stufe des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen und Co enteignen“, wird es diesmal nicht werden. Rund 14.000 Unterschriften für die „Vergesellschaftung“ von Immobilienkonzernen mit mehr als 3000 Wohnungen in der Stadt sammelte das Bündnis allein an diesem Tag. 77.000 und damit deutlich mehr als die benötigte 20.000 Unterzeichner:innen waren es am Ende der Unterschriftensammlung.

Ob sich der Erfolg in der zweiten Phase des Volksbegehrens, die am Freitag startet, wiederholen lässt, ist offen. Erstens tobt die Pandemie, zweitens müssen diesmal 170.000 Unterschriften in vier Monaten gesammelt werden.

Rouzbeh Taheri, den Sprecher der Initiative, ficht das nicht an. Zwar spricht er von „äußerst schwierigen Bedingungen“, verweist aber auf die im Vergleich zur ersten Phase „deutlich professionelleren Strukturen“. Mehr als 1000 Aktivist:innen, organisiert in 16 sogenannten Kiezteams, warteten nur darauf loszulegen.

„Hinzu kommt ein Netzwerk, das wir gar nicht mehr quantifizieren können“, sagt Taheri und nennt die Gewerkschaften GEW, IG Metall und Verdi, dazu „diverse“ Gewerkschaftsjugenden und Interessenverbände wie den Berliner Mieterverein. „Die werden ihre Kanäle nutzen“, sagt Taheri und kündigt eine Zusammenarbeit mit der Online-Plattform „Change.org“ an.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Das Timing wiederum stimmt: Sieben Monate vor der Abgeordnetenhauswahl müssen sich die Parteien, allen voran die rot-rot-grünen Koalitionäre, positionieren. Zwei von drei haben das getan. Die SPD entschied sich im Herbst 2019 gegen die Unterstützung der Initiative. Zwar gibt es intern Widerstand, vom Ausscheren ganzer Abteilungen ist aktuell die Rede. An der Beschlusslage dürfte sich unter der neuen Landeschefin Franziska Giffey aber so schnell nichts ändern.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Linke wiederum steht von Beginn an eng an der Seite des Bündnisses – zu eng für den Geschmack einiger Aktivist:innen. „Es gibt auch viel Skepsis bei uns, weil wir uns nicht von Parteien vereinnahmen lassen wollen“, sagt Taheri. Dennoch nehmen mit mit Moritz Warnke und Sebastian Koch zwei Mitglieder des Landesvorstands regelmäßig an den Sitzungen des Plenums der Initiative teil.

Die Partei organisiert Unterschriftensammlungen, wirbt für die Kampagne, setzt womöglich auf zusätzliche Stimmen in der Wahlkabine. Kommt es zum Volksentscheid, findet dieser am Wahltag statt. Den Widerspruch, dass viele der nun zu großen Konzernen gehörenden Wohnungen unter Beteiligung der Linken oder ihrer Vorgängerin PDS überhaupt erst privatisiert wurden, kann die Partei dennoch nicht abstreifen.

Grüne fahren bislang keine einheitliche Linie

Besonders unter Beobachtung stehen die Grünen. Bislang fehlt eine einheitliche Linie, ringen Befürworter:innen und Gegner:innen von Enteignungen um Mehrheiten. Während Canan Bayram, direkt gewählte Bundestagsabgeordnete des linken Kreisverbands Friedrichshain-Kreuzberg, die Initiative unterstützt, und die Grenze von 3000 Wohnungen als „gar nicht so schlecht gewählt“ bezeichnet, widerspricht Parteichef Werner Graf. „Extrem viele Fragen sind offen“ , erklärt er und setzt auf „qualitative Kriterien“ für die „in letzter Konsequenz“ auch für die Grünen denkbaren Vergesellschaftungen.

So steht es auch im Entwurf des Wahlprogramms der Partei. Aus der Initiative heraus werden die Grünen als „tief gespalten“ dargestellt und erklärt, an quantitativen Kriterien werde nicht gerüttelt. Gespräche zwischen führenden Vertreter:innen der Partei, darunter Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, und Mitgliedern des Bündnisses brachten zuletzt keine Annäherung.

Am Samstag klebte die Initiative in vielen Bezirken Plakate, um für das Volksbegehren zu werben. Mehrmals schritt die Polizei ein: Die Plakate seien unerlaubt an Hauswänden, Friedhofsmauern oder Stromkästen angebracht worden. 13 Menschen wurden ihren Angaben zufolge in Kreuzberg, Lichtenberg und Mitte überprüft; Plakate und Flugblätter wurden beschlagnahmt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false