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Licht im Dunkel. Wie Werbung für eine Munch-Ausstellung wirken die elf kleinen Stelen am Potsdamer Platz. Ein Irrtum: Die nachts beleuchteten Reproduktionen sind bereits die Ausstellung.

© Thilo Rückeis

150 Jahre Edvard Munch: Gift aus der Tube

Eine kleine Ausstellung am Potsdamer Platz ehrt den einst in Berlin so umstrittenen Maler Edvard Munch.

Näher kann ein Gemälde seinem Sujet kaum kommen: „Leichenwagen am Potsdamer Platz“ von Edvard Munch, zu sehen am Potsdamer Platz. Zeitlich liegt aber über ein Jahrhundert dazwischen: Sein Bild malte der norwegische Künstler im Jahr 1902, seit dem Wochenende aber ist es im Rahmen einer kleinen Gedenkschau für den vor 150 Jahren, am 12. Dezember 1863 geborenen Munch auf der Freifläche vor dem Ritz-Carlton zu sehen: Elf zur Open-Air-Galerie versammelte Stelen mit je drei Seiten, jede mit der Reproduktion eines Munch-Bildes samt knappen Informationen versehen, dazu einiges zur Biografie in Wort und Bild und zu kunsttouristisch interessanten Orten in seiner Heimat. Schließlich sind an der Munch-Schau, die am Potsdamer Platz bis 26. Dezember zu sehen ist, neben der Botschaft Norwegens auch einige um Reisende bemühte Organisationen des Landes beteiligt.

Neben dem Potsdamer Platz samt Leichenwagen ist Berlin ein zweites Mal als Motiv präsent – in dem Porträt des Industriellen und Politikers Walther Rathenau, gemalt 1907. Das Original gehört zum Bestand des Märkischen Museums.

Zur Bedeutung Berlins für Munch erfährt man darüber hinaus kaum etwas. Hier nämlich, in der Rotunde des vom Verein Berliner Künstler genutzten Architektenhauses in der Wilhelmstraße 92/93, hatte Munch 1892 seine erste deutsche Einzelausstellung. Sie endete vorzeitig mit einem Skandal, also mit großem Werbeeffekt. Munch war offiziell eingeladen worden, schließlich war Skandinavien damals en vogue. Mit 55 Bildern reiste er an, erhielt freie Hand bei der Hängung – und sah sich bei der Eröffnung am 5. November 1892 wütenden Protesten der konservativen Mitglieder des Vereins gegenüber, allen voran Anton von Werner. Die aufgeschlosseneren Mitglieder gifteten zurück, es kam zur Kampfabstimmung: 120 gegen 105 waren für die vorzeitige Schließung der Schau. Der Streit in der Künstlerschaft aber ging weiter und mündete schließlich in die Gründung der Berliner Secession. Andreas Conrad

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