zum Hauptinhalt
Polizei im Einsatz (Symbolbild).

© dpa

13-jährige Franziska aus Cottbus: Vermisstes Mädchen wieder da – doch Fall noch nicht gelöst

Das Mädchen wurde "äußerlich unversehrt" bei ihrer Mutter und deren Lebensgefährte gefunden. Sie hatte jahrelang vergeblich ums Sorgerecht gekämpft.

Von Sandra Dassler

Die gute Nachricht: ein vermisstes Mädchen ist wieder da. Die schlechte: Es wurde offenbar von der eigenen Mutter und deren Lebensgefährten versteckt gehalten und möglicherweise sexuell missbraucht. Details wollen die Ermittler aus verständlichen Gründen erst einmal nicht bekanntgeben.

„Hier geht es um ein besonders schutzbedürftiges Kind“, sagte die Sprecherin der Cottbuser Staatsanwaltschaft, Petra Hertwig, am Dienstag dem Tagesspiegel: „Außerdem stehen wir ganz am Anfang unserer Ermittlungen und können wirklich noch nicht viel sagen.“

Hertwig bestätigte, dass die 52-jährige Mutter und ihr 46-jähriger Lebensgefährte derzeit in Untersuchungshaft sind und auch schon vernommen wurden. Ihnen werde vor allem ein schwerer Fall von Kindesentziehung vorgeworfen.

Mutter bat Bevölkerung um Mithilfe

Ein Fall, der von Anfang an mysteriös war und die Behörden vor einige Rätsel stellte: Erst vor zwei Wochen hatte die Polizei noch einmal die Bevölkerung um Mithilfe bei der Suche nach Franziska gebeten. Auf den Fotos war ein fröhliches blondes Mädchen zu sehen. Am 5. Oktober 2017 kam die damals noch 12 Jahre alte Schülerin nicht in ihre Wohnunterkunft in der Cottbuser Puschkinpromenade zurück.

Die Polizei wurde informiert, doch ihre Monate lange Suche blieb ohne Ergebnisse. Auch die Mutter des Mädchens wurde befragt, weil sich Franziska öfter in ihrer Wohnung in Groß Schacksdorf unweit von Cottbus an der polnischen Grenze aufgehalten hatte.

Doch sowohl die Mutter als auch ihr derzeitiger Lebensgefährte bestritten, etwas über den Verbleib des Mädchens zu wissen. Mehr noch: In den Medien baten sie die Bevölkerung um Mithilfe, hielten Fotos von Franziska in die Kamera. Sie verwiesen auch auf einen handschriftlichen Brief des Mädchens, der wenige Wochen nach seinem Verschwinden auftauchte. In diesem hatte Franziska mitgeteilt, dass sie es im Heim nicht mehr aushalte. Zu ihnen könne sie aber auch nicht, weil die Polizei sie dort sofort finden würde. Deshalb würde sie erst wieder kommen, wenn sie 18 Jahre alt sei.

Die Ermittler schließen inzwischen nicht aus, dass Franziska diesen Brief auf Anweisung ihrer Mutter oder des Stiefvaters schrieb. Auffällig war auch, dass beide nicht so bedrückt wirkten, wie man es in einem solchen Fall hätte vermuten können.

Als es dann auch noch Hinweise aus der Bevölkerung gab, wonach Franziska in der Nähe der mütterlichen Wohnung in Groß Schacksdorf gesehen worden sei, wurde die Polizei stutzig. Zweimal durchsuchten sie die Wohnung, fanden aber nichts. Erst bei einer überraschenden Hausdurchsuchung am vergangenen Sonntag entdeckten sie das Mädchen – „äußerlich unversehrt“, wie es bei der Staatsanwaltschaft hieß.

Sie kämpfte erfolglos um das Sorgerecht

Ob sie wie einige Medien berichteten, „gefangen gehalten“ wurde oder sich freiwillig bei der Mutter aufhielt, ist noch unklar. Dass sie bei den ersten Durchsuchungen nicht entdeckt wurde, liegt vielleicht daran, dass sie offenbar auch die im gleichen Haus befindliche Wohnung des Lebensgefährten der Mutter, zu dem sie „Papa“ sagt, nutzte.

Hintergrund der Tat könnte laut Medienberichten der bislang erfolglose Versuch der Mutter sein, das Sorgerecht für Franziska und ihre jüngere Schwester zurückzubekommen. Das wurde ihr vor neun Jahren entzogen, weil es viele Schwierigkeiten in der Familie gab und der eigentliche Kindesvater Alkoholprobleme hatte. Die beiden Mädchen kamen in ein Berliner Kinderheim.

Nachdem die Mutter sich vom Kindesvater getrennt und mit ihrem neuen Partner zusammenlebte, wollte sie die Kinder zurück. Doch das Jugendamt weigerte sich – möglicherweise, weil der neue Partner eine Gewalttat begangen haben, dafür fünf Jahre im Gefängnis gesessen und erst vor kurzem aus der Führungsaufsicht entlassen worden sein soll.

Da die Mutter Vorwürfe gegen die Berliner Betreuer der Kinder erhob, wurden sie 2016 in das Heim nach Cottbus gebracht und durften die Wochenenden bei der Mutter verbringen. Doch zwischen der Mutter und dem Jugendamt gab es immer häufiger Streit, bei dem es zuletzt um die Wahl der weiterführenden Schule für Franziska gegangen sein soll.

Ob all dies mit ihrem Verschwinden zu tun hat, werden die Ermittlungen zeigen. Momentan befindet sich Franziska wieder in der Obhut des Jugendamts. Laut Polizei kommen ähnliche Fälle sowohl in Brandenburg als auch in Berlin sehr selten vor. Häufiger werden Kinder von Vätern oder Müttern versteckt oder entführt, die im Sorgerechtsstreit unterlegen sind.

Zur Startseite