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Unter dem Motto "Heraus zum Tag der sozialen Arbeit. Rein in den Problembezirk Villenviertel" zogen Aktivisten am 1. Mai durch Grunewald.

© Max Polony

1.-Mai-Proteste in Berlin: Mehr Straftaten bei "Grunewald-Demo" als bisher bekannt

Die meisten der Straftaten in der Villengegend Grunewald waren Sachbeschädigungen. Eine Linken-Politikerin sagt: Der Ort passt besser zum 1. Mai als Kreuzberg.

Die Polizei zählte 96 Taten, 82 davon waren Sachbeschädigungen. Dies geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage der Abgeordneten Franziska Brychcy (Linke) zur „Grunewald- Demo“ am 1. Mai hervor. 20 Taten seien erst nach dem 1. Mai von Anwohnern angezeigt worden. Neun Demonstranten wurden festgenommen – bislang hatte die Polizei sechs Festnahmen genannt.

Eine linke Demonstration zum 1. Mai in der Villengegend Grunewald hatte es in diesem Jahr erstmals gegeben. Wie berichtet war die Polizei von der Größe der Demo völlig überrascht und überrumpelt worden: Eine „Hedonistische Internationale“ hatte sie unter dem Motto „Heraus zum Tag der sozialen Arbeit. Rein in den Problembezirk Villenviertel“ angemeldet.

An der sieben Kilometer langen Strecke lagen vier Botschaften und 16 Residenzen, zudem die Häuser zahlreicher Prominenter wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne). Start und Ziel war der S-Bahnhof Grunewald. Bei der deshalb intern als „Satire“ eingestuften Versammlung kamen statt der vom Veranstalter bei der Polizei angekündigten 200 Teilnehmer etwa 3000. Unklar blieb, ob die Veranstalter bewusst die Zahl zu niedrig angesetzt hatten oder selbst vom Andrang überrascht wurden.

Bei dem Aufzug wurden vor allem Autos, Hauswände, Zäune und Verteilerkästen beschmiert. Nachdem es von Beginn an aus dem Aufzug heraus zu Straftaten gekommen sei, habe die Polizei die Demonstration „kurzzeitig“ gestoppt, wie Innenstaatssekretär Torsten Akmann den Abgeordneten mitteilte. Nach Einschätzung des die Demonstration begleitenden Tagesspiegel-Reporters wurde der Zug für „etwa 20 Minuten“ gestoppt.

Polizei war nicht mit ausreichend Kräften vor Ort

Brychcy sieht dies anders:  Der Demonstrationszug sei fast eine Stunde gestoppt worden, „weil die Polizei nicht mit ausreichend Kräften vor Ort war und erst Verstärkung anfordern musste, um einige wenige am Besprühen von Fahrzeugen zu hindern“. Die Innenverwaltung teilte weiter mit, dass „Klingelstreiche“ bei den Grunewald-Bewohnern keine Straftat seien und deshalb nicht verfolgt wurden. Gleiches gelte für Aufkleber auf Autos, sofern sie leicht ablösbar seien.

Verwundert zeigte sich die Politikerin, dass die Polizei im Vorfeld der Grunewald-Demo etwa 100 Anwohner schriftlich informiert habe über das, was ihnen bevorstehe, bei der Revolutionären Demo am 1. Mai aber nicht. „Hier wird mit zweierlei Maß gemessen.“ Offenbar werde man bevorzugt, „weil man in einer Villa im Grunewald wohnt“. Die Innenverwaltung widersprach:  In Kreuzberg sei keine Route angemeldet worden, deshalb konnte niemand informiert werden.

Aus Sicht der Abgeordneten Franziska Brychcy passt der 1. Mai viel besser in den Grunewald als nach Kreuzberg: „Eine lautstarke Musik-Demo im Villenviertel, antikapitalistische Aufkleber an der Luxus-Limousine oder ein Klingelstreich sind eine weitaus wirksamere Protestform gegen die wachsende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft als jede gewalttätige Straßenschlacht in Kreuzberg.“

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