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Die Basis

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1,35 Prozent für „die Basis“: „Ich befürchte, dass man den Zahlen tatsächlich trauen kann“

Mit 1,35 Prozent verpasst „die Basis“ den Einzug in den Bundestag. Manche Anhänger wittern einen Wahlbetrug, andere geben der Maskenpflicht die Schuld.

Auf dem Messengerdienst Telegram ist man sich überhaupt nicht einig, wer für den verpassten Sprung über die 5-Prozent-Hürde der Kleinstpartei "die Basis" verantwortlich ist. Die einen wittern Wahlbetrug, andere sehen in der geltenden Maskenpflicht in den Wahllokalen der Republik den Grund dafür, dass viele potenzielle “Basis”-Wähler und -Wählerinnen am Sonntag ihre Stimme nicht abgegeben haben.

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Eine dritte Fraktion hält die Ergebnisse schlicht für "realistisch" angesichts der Mehrheit der "Geimpften" in der Bundesrepublik. Dabei ist es wenig überraschend, dass die im Sommer 2020 von Gegnern der Corona-Maßnahmen gegründete Partei nicht Teil des neues Parlaments sein wird.

Bei einer der Abstimmungen, bei der die Partei zuvor antrat, der Baden-Württemberger Landtagswahl, erreichten die Kritiker der Pandemie-Maßnahmen etwa ein Prozent der Stimmen. Dennoch waren die Ziele für die Bundestagswahl hoch gesteckt, fast überall in Deutschland hingen die bunten Wahlplakate, mit dem Rechtsanwalt Reiner Füllmich wurde gar ein Kanzlerkandidat aufgestellt.

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Damit ist der Weg frei für eine Parteienfinanzierung

Mehrere Landesverbände gingen von einer möglichen zweistelligen Prozentzahl an Wählerstimmen aus. Das vorläufige bundesweite Endergebnis von 1,35 Prozent der Zweitstimmen und 1,59 Prozent der Erststimmen für "die Basis" liegt davon zwar weit entfernt, ist dennoch als Achtungserfolg zu deuten.

Immerhin 735.000 Wähler und Wählerinnen gaben der Kleinstpartei ihre Erststimme, knapp 630.000 Menschen machten auch ihr zweites Kreuz bei den Neulingen. Damit ist der Weg frei für eine künftige Parteienfinanzierung aus staatlichen Mitteln, da die dafür geltende Grenze von 0,5 Prozent der Stimmen bei Bundestagswahlen eindeutig überschritten wurde. 

Ihre besten Ergebnisse fahren die Gegner der Corona-Maßnahmen in Süddeutschland ein. In Bayern erreichte "die Basis" 2,07 Prozent der Erststimmen, in Baden-Württemberg gar 2,14 Prozent. Der Südwesten gilt seit Beginn der Corona-Pandemie als Hochburg der Querdenken-Szene, in Stuttgart gründete sich "Querdenken 711". Im Wahlkreis Offenburg erreicht Basis-Kandidat Peter Cleiß, Berufsschuldirektor im Ruhestand, 4,5 Prozent der Erststimmen, im Wahlkreis Schwarzwald-Baar erlangt Marie Hermann für "die Basis" vier Prozent der abgegebenen Kreuze. 

Auf Telegram regt sich erster Protest

Kernziel der "Basis" ist die Aufhebung aller Corona-Maßnahmen. Verharmloser des Virus wie der Arzt Wolfgang Wodarg gelten als bekannteste Gesichter der Partei. Experten und Expertinnen bescheinigen der Partei jedoch vor allem ein Problem mit Antisemiten und Rechtsextremisten in den eigenen Reihen. Einer der größten Stars unter den Mitglieder:innen ist der Arzt und Coronaleugner Sucharit Bhakdi, der ebenfalls für den Bundestags kandidierte und durch zutiefst antisemitische Aussagen auf sich aufmerksam machte.

In einem Interview im Frühling des Jahres sagte der Coronaleugner, Israel sei durch seine Impfpolitik "schlimmer" als das nationalsozialistische Deutschland und fügte hinzu: “Dass ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut, Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt - und umgesetzt.”

Die Führungsspitze der “Basis” distanzierte sich nicht von den Aussagen und verteidigte sie sogar. Kanzlerkandidat Reiner Füllmich relativiert regelmäßig den Holocaust. Die Bundesregierung plane in der Pandemie "Schlimmeres" als den Holocaust und wolle "eine Art KZ" für Ungeimpfte einrichten, lässt der "Basis"-Kanzlerkandidat von sich wissen. In Bochum empfahl gar die örtliche NPD via Instagram, dem "Basis"-Kandidaten Dr. Andreas Triebel die Erststimme zu schenken. Gegen diesen ermittelt unterdessen die Bochumer Staatsanwaltschaft wegen möglicher gefälschter Masken-Atteste. 

Auf Telegram regt sich derweil erster Protest gegen das "Basis"-Spitzenpersonal. Verschiedene Anhänger der Partei sehen bei ihnen eine Mitschuld für den verpassten Bundestagseinzug. Ein User reagiert auf die vielfach gestreute Verschwörungstheorie des Wahlbetrugs mit dem Kommentar "Nicht Wahlbetrug. Füllmich ist ein absoluter Vollspacken, den hätte man niemals an die Spitze lassen sollen, geschweige denn in die Partei." In einer anderen Gruppe berichtet ein Berliner Wähler davon, dass er einen leeren Wahlzettel abgegeben hätte, um "die 5-Prozent-Hürde zu senken". Dazu hätte "Basis"-Spitzenkandidat Wolfgang Wodarg geraten.

Erst am Wahltag präzisiert Wodarg seine Aussage, die Erststimme der "Basis" zu schenken und die Zweitstimme leer zu lassen, da die Kleinstpartei in einigen Ländern mit einer Landesliste antrat oder zugelassen wurde. Der Nutzer resümiert angesichts der verwirrenden Wahlempfehlung Wodargs: "Schade. Da sieht man wieder wie wichtig Selbstdenken wäre … " Ein weiterer User analysiert recht nüchtern: "Ich befürchte, dass man den Zahlen tatsächlich trauen kann.“

[Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes, hieß es, dass die Basis-Partei vor der Bundestagswahl lediglich an einer Landtagswahl teilnahm. Das ist falsch. Tatsächlich nahm die Partei an zwei Landtagswahlen und weiteren kommunalen Abstimmungen teil.]

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