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874 Frauen erschienen zum Speicheltest. Dabei kamen solche Spurensicherungsröhrchen zum Einsatz.

© picture-alliance/ dpa

Totes Baby in Lichtenberg: Geringe Teilnahme an Speicheltest - Ermittler sind enttäuscht

Nach dem Fund eines toten Säuglings hatte die Polizei 1600 Personen zu Speicheltests aufgefordert. Nur die Hälfte kam. Kritik an dem Verfahren gibt es schon länger

In diesem Umfang sind polizeiliche Ermittlungen für Berlin ungewöhnlich: Nach dem Fund einer Babyleiche in Lichtenberg hatten mehr als 1600 Frauen und Mädchen Post erhalten. Die Angeschriebenen sollten freiwillig an einem Speicheltest teilnehmen. Nun gibt es ein erstes Zwischenergebnis: 874 Personen kamen der Aufforderung nach. Und damit nur etwa die Hälfte der Geladenen.

Am 8. März 2016 war die Leiche eines neugeborenen Mädchens in einem Park an der Ruschestraße entdeckt worden. Die Obduktion ergab, dass das Kind zum Zeitpunkt der Geburt lebte, die Entbindung aber nicht fachgerecht durchgeführt worden war. Aufgrund der Voruntersuchungen konnte auch der Kreis der potenziellen Gesuchten eingeschränkt werden: Nur weibliche Personen südeuropäischer Herkunft erhielten eine Einladung. Alle Angeschriebenen wohnen oder wohnten in Lichtenberg und sind im gebärfähigen Alter.

Mitarbeiter der zuständigen Mordkommissionen nahmen Speichelproben in einer DRK-Notunterkunft in Lichtenberg.
Mitarbeiter der zuständigen Mordkommissionen nahmen Speichelproben in einer DRK-Notunterkunft in Lichtenberg.

© Sidney Gennies

Eine Polizeisprecherin sagte am Samstag, man sei dankbar über die freiwillige Beteiligung. Die ermittelnden Behörden hätten aber gehofft, dass mehr der Geladenen erscheinen würden. Ob die geringe Anzahl der durchgeführten DNA-Tests mit der Spezifik des Falls zu tun habe, sei schwer zu beurteilen: "Mit dieser Eingrenzung und in dieser Größenordnung sind Speicheltests eine Seltenheit. Darum haben wir auch keinen Vergleichsmaßstab."

Kritik an Massengentests

Ob die Gesuchte unter den Erschienen ist, kann erst in einigen Wochen bestimmt werden. Grundsätzlich sei man aber zuversichtlich: "Frühere Fälle zeigen, dass auch gesuchte Personen an Speicheltests teilnehmen", sagte die Sprecherin. Meist sei dafür der soziale Druck im persönlichen Umfeld ausschlaggebend. Sollte die Auswertung ergeben, dass die Gesuchte nicht unter den 874 Getesteten ist, helfe dies auch weiter: "Dann ist immerhin der Kreis derjenigen kleiner, die für die Tat in Frage kommen."

Der Erfolg von Massengentests ist umstritten. Ein Blick in die Geschichte der Kriminalistik offenbart die Gründe: Nur ein kleiner Teil der bisher erfolgten Tests führte tatsächlich zur Aufklärung einer Straftat. Kritiker bemängeln zudem oft eine Umkehr der Unschuldsvermutung: Wer eine Teilnahme verweigert, mache sich in der Folge verdächtig. Eine echte Freiwilligkeit am Test teilzunehmen, sei somit nicht gegeben.

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