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Der erfolgreiche Berliner Thriller-Autor Sebastian Fitzek zu Gast bei der Weinkolumne

© David Heerde

Auf eine Flasche Wein mit ...: Sebastian Fitzek

Der Autor furchteinflößender Thriller über die Lust am Gruseln, über falsch zugestellte Pakete und Menschen, die im Zoo auf Pokemon-Jagd gehen.

Von Kai Röger

Er begann mit dem Studium der Tiermedizin, endete als Doktor der Rechte. Danach arbeitete er als Programmdirektor und Chefredakteur für verschiedene Radiostationen, erlangte aber Berühmtheit durch seine Psychothriller. Inzwischen gehört Sebastian Fitzek zu den erfolgreichsten deutschen Schriftstellern, hat über sechs Millionen Bücher verkauft, die solche Titel tragen wie „Der Seelenbrecher“, „Die Blutschule“ oder „Der Augensammler“. Ein Kollege, der ihn kannte, sagte aber: „Seine Romane stecken voller Psychopathen, aber Sebas­tian Fitzek ist ein Supertyp.“

Wir treffen uns im „Weinstein“ in Prenzlauer Berg und suchen gemeinsam eine Flasche aus. Weiß oder rot? „Gute Frage“, sagt Fitzek. Eher schwer oder leicht? „Eher leicht“. Was er denn sonst am liebsten trinke? Die Frage ist ihm unangenehm. „Ich mag so Sachen, die man eigentlich in der Öffentlichkeit ungern bestellt, wie Coconut Kiss oder Baileys“, sagt er. Deshalb trinke er nicht viel und wenn, dann etwas mit Gin. Heute ist eine Ausnahme und wir bestellen einen Kabinettwein, der ihm sichtlich schmeckt: „Wenig Säure, sehr erfrischend, schön süß“, sagt Fitzek.

Wir entspannen uns und sprechen über Mord und Totschlag. Und das Grauen, das in seinen Romanen meist aus ganz alltäglichen Situationen entsteht. „Der Alltag inspiriert, das Unterbewusstsein ist der Co-Autor“, sagt Fitzek. Ich frage mich, ob er demnächst einen trinkfreudigen Journalisten einem sadistischen Psychopathen ausliefert. „Aber ich brauche noch eine Auffälligkeit, um einen Anfang zu finden.“ Er erzählt von der Auffälligkeit, die ihn zu seinem neuen Roman, „Das Paket“ inspirierte. „DHL versorgt mich ständig mit Ideen.“ So erhielt er eine Benachrichtigung, dass ein Paket, das nie bei ihm ankam, doch bereits zugestellt sei: „Zu mir nach Hause, quittiert von einem Mann, dessen Name ich noch nie gehört hatte“.

Fitzek hat eine tolle Stimme, und wir trinken den Wein als wäre es Limonade. So kommen wir von der „zeitlichen Verdichtung in der Spannungsliteratur“, zu „dass alles in Thrillern wahr sein könnte, aber niemals in so kurzer Zeit“. Bis zu Menschen, die durch den Zoo laufen und dabei mit ihrem Handy Pokemons jagen. Insgeheim frage ich mich, wieso ein so sprachgewandter, offener Mensch mit einem so unaufdringlich freundlichen Wesen sein Talent dazu nutzt, um Millionen Lesern den Schlaf zu rauben? „Ich selbst lese gerne unschöne Situationen“, sagt Fitzek. „Es liegt in unserer Natur, dass wir uns unseren Ängsten stellen müssen. Aber es fällt uns leichter, wenn es fiktive Ängste sind, die wir danach wieder ins Regal stellen können.“

Die Flasche ist leer und wir bestellen noch etwas Restsüßes von der Mosel. Irgendwie kommen wir auf „Titanic“ zu sprechen und dass niemand vorzeitig das Kino verließ, obwohl jeder wusste, dass das Schiff am Ende untergeht. „Empathie“, sagt Fitzek. Und: „Verdrängung“. Täglich gäbe es Situationen, in denen unsere Hilfe gebraucht wird. „Aber wir schaffen es nicht, unsere Haltung und unsere Vorurteile aufzugeben.“ Deshalb wollen wir mit einem Helden fühlen, dem es gelingt, sich zu verändern. „Wir rufen ihm zu: Geh aufs Schiff, mach das Richtige!“ Das sei es, was ihn am Schreiben reize: „Ich kann dem Held diese Möglichkeit geben und damit alles zu einem Besseren kehren.“

Der Postbote bittet, ein Paket für einen Nachbarn anzunehmen. Doch den kennt niemand ... Typischer Fitzek-Plot, bei dem das Grauen durch die Hintertür in den Alltag einbricht
Der Postbote bittet, ein Paket für einen Nachbarn anzunehmen. Doch den kennt niemand ... Typischer Fitzek-Plot, bei dem das Grauen durch die Hintertür in den Alltag einbricht

© rFoto: Verlag Droemer Knaur

Das Buch
Eine Nacht in einem Hotelzimmer, das es gar nicht gibt, ein Paket für einen Nachbarn, den keiner kennt - Sebastian Fitzeks neuestes Spiel mit Ängsten und Erwartungen: Das Paket. Droemer HC, 368 Seiten, 19,99 Euro

Die Weine
2012er Riesling Kabinett von Peter Lauer von der Saar: „Ist süßer Wein nicht uncool?“ (Fitzek) „Kabinettweine trinken Winzer, wenn sie unter sich sind.“ „Cool!“ (Fitzek)

2012er Riesling Grafenberg Kabinett vom Weingut Haart: „Hmmmmm!“ (Fitzek)

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