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Stößchen: Angela Merkel vergnügt sich 2012 auf der Stallwächter-Party.

© dpa

Parlamentarische Pause: Die Saison der Sommerpartys ist eröffnet

Die parlamentarische Sommerpause naht, in Berlin hat die Saison der Sommerpartys begonnen Dabei werden politische Kontakte gepflegt und Netzwerke erweitert.

Ein Holzstand steht neben dem nächsten, abwechselnd ist die Markise mal blau-weiß, mal weiß-rot, wie die Flagge Schleswig-Holsteins, eine längsgestreifte blau-weiß-rote Trikolore. Strandkörbe. Biergläser. Der Geruch von gegrilltem Sattelschwein. Über den Ministergärten geht die Sonne unter. Die schleswig-holsteinische Landesregierung lädt ein zum ersten Sommerfest der Saison.

In Berlin ist eine ermüdende Zeit angebrochen. Die parlamentarische Sommerpause naht, bis dahin ist noch viel zu tun. Und abends ist in der Hauptstadt hier ein Fest und dort ein Empfang. Bis Mitte September sehen sich Politiker, Wirtschaftsvertreter, Vertreter der Verbände und Journalisten immer wieder, meist in den Gärten der Bundeslandvertretungen. Der jeweilige Ministerpräsident ist da, manchmal kommt ein Minister, ganz manchmal die Kanzlerin. Sag mal, schon gehört? Man flüstert sich Gerüchte zu. Beruflich, privat. Klar. Über Politik wird auch gesprochen.

Schleswig-Holstein hat den Anfang gemacht, Rheinland-Pfalz lud am Donnerstag zum Heimatfest ein. Mit dem Ziel: „Kontakte pflegen und das politische Netzwerk ausbauen“. Als Nächstes findet in genau einer Woche, am 23. Juni, das Berliner Hoffest statt. 3500 Gäste werden erwartet, es sei die „größte und prominenteste Berliner Netzwerkveranstaltung“, heißt es in der Einladung.

Anekdoten vom Berliner Hoffest

Was ist in den Höfen des Berliner Rathauses nicht schon alles passiert. Damals, als Peter Struck Verteidigungsminister und später Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Bundestag war, verkleidete er sich als Bandmitglied der Blues Brothers und sang auf der Bühne „Matilda“. Hüftschwung inklusive. Vor fünf Jahren fand das Berliner Fest einmal im „Radialsystem“ direkt an der Spree statt. Die Stimmung war angespannt, Gäste verärgert. 3,50 Euro für ein Bier? Ernsthaft? Die SPD-Basis forderte, „Yuppie-Szenekiez-Locations“ künftig zu meiden. Eine Partei, die sich den Grundwerten von Solidarität und Gerechtigkeit verpflichtet fühle, solle für Preise sorgen, die jedes Mitglied bezahlen kann.

Peter Struck feiert auf der Bühne..
Peter Struck feiert auf der Bühne..

© dpa

Ein Jahr später wieder Ärger mit dem Alkohol. Die Berliner Grünen feuerten ihren Wahlkampfmanager André Stephan. Gegen vier Uhr früh setzte sich Stephan nach dem Hoffest in sein Auto. 1,19 Promille. Er schlief an einer Ampel ein, erst eine Polizeistreife riss ihn aus dem Dämmerzustand. Danach: versuchte Flucht, Beleidigungen, Handschellen. Die Konkurrenz amüsierte sich über den Skandal. Hatte er doch die Partei erwischt, die sich anderen moralisch immer so gern überlegen fühlte.

Im vergangenen Jahr bestimmte ein anderes Thema den Abend: Wer kommt nach Klaus Wowereit? Der ehemalige Bürgermeister nahm es mit Humor. Als sein Handy klingelte, zog er es aus dem Sakko und sagte: „Ich warte ja drauf, dass jetzt Gazprom oder so anruft.“ Eine Anspielung auf den Altkanzler und Parteifreund Gerhard Schröder, der nach seiner Abwahl zum russischen Energiekonzern gewechselt war.

Klaus Wowereit beim Hoffest...
Klaus Wowereit beim Hoffest...

© dpa

Schröder saß im vergangenen Jahr wiederum beim Sommerfest der Landesregierung Niedersachsen, die dieses Mal am 29. Juni feiert. Gemeinsam mit Christian Wulff sah er sich das Spiel Deutschland gegen Algerien an, Ministerpräsident Stephan Weil sprach von der „niedersächsischen Nationalmannschaft“. Mit am Tisch VW-Patriarch Ferdinand Piëch und VW-Chef Martin Winterkorn. Nach der Wulff-Affäre war die finanzielle Unterstützung von politischen Veranstaltungen ein heikles Thema gewesen. Sponsoren wie die Deutsche Bahn wollten mit Events dieser Art nicht mehr in Verbindung gebracht werden. Dieses Mal setzte sich Weil am VW-Stand ganz unbekümmert in einen Bentley.

Zum Abschluss: Das bodenständige Bürgerfest

Stößchen: Angela Merkel vergnügt sich 2012 auf der Stallwächter-Party.
Stößchen: Angela Merkel vergnügt sich 2012 auf der Stallwächter-Party.

© dpa

Die parlamentarische Pause beginnt am 4. Juli. Zwei Tage nach dem Pressefest des Auswärtigen Amtes auf der Dachterrasse am Werderschen Markt (2. Juli). Bevor sich die Abgeordneten ihrem Wahlkreis widmen, Gesetzesentwürfe für den Herbst vorbereiten, verreisen, findet das Sommerfest der Landesvertretung Brandenburg am 1. Juli statt. Am 8. Juli folgt Hessen, am 9. Juli Baden-Württemberg mit der Stallwächter-Party. Vor mehr als 50 Jahren fand diese zum ersten Mal statt. Damals noch in Bonn.

Im August 1964 hatte Adalbert Seifriz, Chef der baden-württembergischen Landesvertretung, eine Idee: In der damaligen Bundeshauptstadt waren die meisten Abgeordneten in den Sommermonaten im Urlaub. Gähnende Leere. Nichts war los. Das wollte er ändern. 80 Gäste kamen auf seine Einladung in den Garten der Landesvertretung, hielten Bratwürste an Stöcken über ein offenes Feuer. Was damals als spontane Party begann, ist inzwischen eines der bekanntesten Sommerfeste der Hauptstadt geworden.

...und Joachim Gauck beim Bürgerfest.
...und Joachim Gauck beim Bürgerfest.

© dpa

Zum Abschluss der Saison

Im August ist es im politischen Berlin ruhig, Reisezeit statt Terminen. Im September feiern Hamburg (1. 9.), Thüringen (7. 9.), Nordrhein- Westfalen (8.9.), Sachsen-Anhalt (9. 9.) und Bremen (10. 9.). Mittendrin, ab dem 7. September, tagt wieder der Bundestag – und damit der Übergang nicht zu schwer wird, findet am gleichen Abend das Fest der SPD-Mitgliederzeitschrift „Vorwärts“ in der Kulturbrauerei statt.

Doch nicht nur die Politik lädt an warmen Sommerabenden ein. 30. Juni: Sommerfest des Parlamentskreises Mittelstand, 1. Juli: Sommerfest des Digitalverbandes Bitkom, 5. September: Sommerfest der Wirtschaft im Kronprinzenpalais. Die Bertelsmann-Stiftung feiert mit Politikern, Musikern und Schauspielern am 18. Juni, das ZDF lädt am 6. Juli in den Hamburger Bahnhof ein.

Was die Saison schließlich beendet, ist die Feier des Bundespräsidenten. Joachim Gauck hat das „Sommerfest“ in den Tagen vor der parlamentarischen Pause abgeschafft und durch ein „Bürgerfest“ ersetzt. Am 11. und 12. September findet es im Park und Schloss Bellevue statt. Ohne Gästeliste. Jeder ist willkommen. Zu den Festen der vergangenen drei Jahre sind insgesamt rund 52 000 Menschen gekommen.

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