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Wieder in der ersten Reihe: Ex-Bundespräsident Wulff bei der Demo gegen Antisemitismus in Berlin.

© Reuters

Bundespräsident a.D.: Wulff kämpft sich zurück ins Berliner Politikleben

Ein Posten für den Altbundespräsidenten: Christian Wulff kümmert sich um die Beziehungen zu Nahost. Doch der Verein, in der er seit Kurzem Präsident ist, ist kaum über die Hamburger Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Von Antje Sirleschtov

Es wird manchen gegeben haben, der am Sonntag im Berliner Tiergarten war und sich verwundert die Augen rieb. Und zwar über den Mann zwischen Angela Merkel und dem Bundespräsidenten, vorn in Reihe eins bei der Demonstration gegen Antisemitismus. Das bekannte Gesicht gehört Christian Wulff, dem Vorgänger von Joachim Gauck im Amt des Staatsoberhauptes. Seit Wulff 2012 das Schloss Bellevue verlassen musste, hatte er sich aus der Öffentlichkeit beinahe komplett zurückgezogen. Jetzt will er wieder zurück ins Berliner Politikleben.

Der Weg führt ihn zunächst über einen Umweg nach Hamburg, wo er sich Ende August zum Präsidenten der Euro-Mediterranean-Arab-Association (Ema) wählen ließ. Der Verein ist erst knapp sechs Jahre alt und in Berlin vergleichsweise wenig bekannt. Gegründet wurde er von seinem heutigen Generalsekretär, dem Sozialökonomen Abdelmajid Layadi. Layadi hat marokkanische Wurzeln und sich der Förderung von Beziehungen zwischen Deutschland und arabischen Ländern verschrieben.

Auch die Türkei soll zu den Staaten gehören, wahrscheinlich hat das Wulff angezogen. Seine Verbindungen in die Türkei sind nach wie vor gut, mit einem Verein im Hintergrund kann er sie leichter ausbauen. Auch wenn dessen Radius bisher eher begrenzt ist und seine Bekanntheit kaum über die Hamburger Stadtgrenzen hinaus geht. Schaut man in die Liste der Vorstände und Gremien, dann versammeln sich darin vorwiegend Hamburger Wirtschaftsvertreter und der Elbstädter CDU-Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke, der sich in Berlin mit Entwicklungspolitik beschäftigt.

Prinz Hassan bin Talal ragt heraus

Auch das Portfolio der Engagements und Veranstaltungen ist überschaubar. Regelmäßig gibt es Fachtreffen und informelle Gespräche zu Fragen des wirtschaftlichen Austauschs und Themenabende zu bestimmten Ländern. Lediglich Prinz Hassan bin Talal, Ehrenmitglied der Ema, ragt heraus. Das Mitglied des jordanischen Herrscherhauses hat sich mit zahlreichen interkulturellen und interreligiösen Initiativen weltweit ein Namen gemacht.

Deutsch-arabische Wirtschaftsbeziehungen? Da denkt man unwillkürlich an die Ghorfa, die arabisch-deutsche Industrie- und Handelskammer mit Sitz in Berlin, die seit knapp 40 Jahren wirtschaftliche Kontakte zwischen Deutschland und der arabischen Welt organisiert und unterstützt. Die Ghorfa wäre gewiss ein standesgemäßerer Ort für einen ehemaligen Bundespräsidenten wie Christian Wulff gewesen. Allerdings hat sich die Kammer, die im Gegensatz zur Ema vor allem von großen deutschen Unternehmen wie der Dorsch-Planungsgruppe oder dem Rüstungsgüterhersteller Diehl getragen wird, in diesem Sommer für einen anderen Namen entschieden und den früheren Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zu ihrem Präsidenten gewählt.

Der komplette Text erschien in der "Agenda"-Ausgabe vom 16. September 2014. Diese neue Publikation des Tagesspiegels erscheint jeden Dienstag. Die aktuelle Ausgabe können Sie im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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