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Berlin wächst und wirbt um Arbeitskräfte - auch aus Westdeutschland. Wohnungsbau in den 60er Jahren.

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1968 im Tagesspiegel: Mehr Westdeutsche wollen in Berlin arbeiten - erfolgreiche Bemühungen des Senats und der Wirtschaft um Zuwanderer

Mit dem Einsatz von Werbebussen bemühen sich Senat und Wirtschaft in Berlin um Zuwanderer aus der Bundesrepublik.

Wie hat der Tagesspiegel das Jahr 1968 begleitet? Wir publizieren regelmäßig einen ausgewählten Text aus der Zeitung von vor 50 Jahren – zur Studentenbewegung, sowie zu anderen Themen, die die Stadt und die Welt bewegt haben. Am 12.Oktober geht es darum, wie Berlin die Zuwanderung von Arbeitskräften aus Westdeutschland fördert.

Mehr als 15 500 Westdeutsche haben sich seit Jahresbeginn um einen Arbeitsplatz in Berlin beworben. Verglichen mit 1967, sei das eine Steigerung um 36 Prozent, berichtete Dr. Bodin, Senator für Arbeit, Gesundheit und Soziales, gestern auf einer Pressekonferenz. Seit die Werbebusse des Verkehrsamtes die Bemühungen des Senats und der Wirtschaft um Zuwanderer aus der übrigen Bundesrepublik unterstützen - seit Juni also -, haben sich in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, dem Saarland, Hamburg und Bremen 12 317 Interessenten intensiv über Arbeitsmöglichkeiten in Berlin berichten und beraten lassen. Davon haben sich nach Dr. Bodins Darstellung 2 300 sofort an Ort und Stelle für eine Bewerbung entschieden. Nach den bisherigen Erfahrungen sei damit zu rechnen, daß etwa die Hälfte der Zugewanderten später auch in Berlin ansässig bleibe, berichtete der Senator. 20 bis 30 Prozent jüngerer westdeutscher Arbeitskräfte hätten von vornherein nur einen "Abstecher" von zwei oder drei Jahren vor und seien gar nicht an einem Daueraufenthalt interessiert, über die Gründe, die die übrigen zur vorzeitigen Rückreise veranlassen, soll in diesem Jahr nach Vorstellungen des Senators erstmalig ein besonderer Fragebogen Auskunft geben; bisher liegen noch keine statistischen Untersuchungen vor.

Familien erwünscht

Es steht auch noch nicht endgültig fest, welchen Erfolg die speziell auf junge Familien ausgerichtete Werbung anteilmäßig am Gesamtzuzug haben wird; bisher ist immerhin schon bekannt, daß von Januar bis September 3 500 Familien angereist sind. Nach Dr. Bodins Feststellung dauert es zwischen drei und sechs Monaten, bis sich eine geeignete Wohnung finden läßt. Für das nächste Jahr sei gerade in dieser Hinsicht wesentliche Erleichterung in der Vermittlung zu erwarten. Insgesamt ist der Senator 1968 mit einer durchschnittlichen Steigerung der Zuwanderungen um 30 Prozent für jeden Monat gegenüber 1967 zufrieden. Nur der August fällt aus dem Rahmen; da waren es nur 15 Prozent mehr als 1967. Im September wurde dieser Rückschlag dann jedoch mit 36,4 Prozent fast wieder ausgeglichen. Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte ist seit Jahresbeginn von 16 400 auf 22 000 gestiegen. Dessen ungeachtet muß die Werbung nach Dr. Bodins Vorstellungen weiterhin intensiviert werden. Auf die Frauen vor allem richtet sich jetzt das Interesse. Von 29 300 offenen Stellen, die am 30. September in Berlin gemeldet waren, sind 14 900 mit weiblichen Arbeitskräften zu besetzen. Die Berliner Werbung wird sich denn auch im nächsten Jahr mit einer Beilage "Frauen im Beruf" noch mehr als bisher an diesen Kreis wenden. Hinzu kommen Postwurfsendungen und Faltblätter, die ausführlich auf alle Vergünstigungen, beispielsweise des Einrichtungsdarlehens, hinweisen. Der Senator kündete an, daß weitere Vergünstigungen wie die Erhöhung des Überbrückungsgeldes und die Vergütung von acht Heimreisen - im voraus in Form von Gutscheinen - geplant seien.

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