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Der Flughafen Tempelhof auf einer Aufnahme von 1968.

© imago

1968 im Tagesspiegel: Die ersten vier Fenster als Schutz vor Düsenlärm

Vor 50 Jahren ging es um den Schallschutz für Wohnungen am Flughafen Tempelhof

Wie hat der Tagesspiegel das Jahr 1968 begleitet? Wir publizieren regelmäßig einen ausgewählten Text aus der Zeitung von vor 50 Jahren – zur Studentenbewegung, sowie zu anderen Themen, die die Stadt und die Welt bewegt haben. Am 3. April 1968 war der Lärmschutz am Flughafen ein Berliner Thema.

Die ersten vier schalldämmenden Fenster in der Umgebung des Zentralflughafens Tempelhof wurden gestern in einer Wohnung am Tempelhofer Damm eingebaut. In zwei Wochen sollen ähnliche Fenster in der noch stärker lärmgefährdeten Oderstraße auf der Neuköllner Seite des Flugplatzes eingesetzt werden. Die Technische Universität Berlin soll dann durch Schallmessungen vor und hinter den Scheiben den Wirkungsgrad feststellen und die Prüfungsergebnisse dem Senat übermitteln, der diese ersten Fenster als Versuch betrachtet.

Sie unterscheiden sich von der in Berlin üblichen Bauart dadurch, daß einmal erheblich dickeres Glas verwendet wird. Die äußere Scheibe ist einen Zentimeter dick, die innere sechs bis acht Millimeter. Die durch ihre Dicke sehr schwere Außenscheibe wird nicht so leicht vom auftreffenden Schall in Schwingungen versetzt wie die übliche, nur zwei bis drei Millimeter starke. Der Luftraum zwischen den Scheiben wird schallschluckend ausgestaltet, die Fensterrahmen schließen dicht mit dem Mauerwerk ab, eine Moosgummidichtung sorgt für dichten Sitz der Flügel im Rahmen.

Dadurch wird das Fenster so schallschluckend wie eine 30 Zentimeter dicke Ziegelmauer, es hält Straßenlärm nahezu völlig fern. Das Donnern der Düsenmotoren und das durchdringende Singen der Propeller-Turbinen wird dadurch zumindest erträglicher.

Die Gesellschaft für Lärmbekämpfung, die sich der Lärmgeschädigten in der Flugplatz-Umgebung angenommen hat, will nun versuchen, die Anwohner über Schutzmöglichkeiten aufzuklären. Eine Fragebogenaktion hatte nämlich ergeben, daß die wenigsten Betroffenen über wirksame Lärmschutzmöglichkeiten Bescheid wissen. An erster Stelle der propagierten Mittel stehen jetzt die neuen Fenster, von denen jedes etwa 700 Mark kosten dürfte (eine Serie von 100 Stück vorausgesetzt). Diese Kosten sind nach Ansicht der Anwohner aber vom Senat oder von den Wohnungsgesellschaften zu tragen.

Außerdem bietet sich die Möglichkeit, zusammen mit der Technischen Universität schallschluckende Bepflanzungen am Rande des Flugplatzes anzulegen. Ferner wird empfohlen, die Piloten auf rücksichtsvolle Arbeit zu überwachen - man kann laut oder leise zur Startbahn rollen - und eine Lärmschutzhalle oder schallschluckende Wände für Probeläufe anzulegen.

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