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Die Lobby der Elbphilharmonie.

© Besau & Marguerre

Das Designerpaar hinter der Elbphilharmonie: Ein Wahrzeichen wird möbliert

Das Hamburger Designbüro Besau & Marguerre richtete unter anderem die Elbphilharmonie ein. Das kreative Ehepaar gehört seit ein paar Jahren zum hoffnungsvollen Designnachwuchs in Deutschland.

Das Studio von Eva Marguerre und Marcel Besau liegt in der Hamburger Innenstadt, die Stimmung ist wie in einer lebendigen WG. Neben den beiden Designern, ihren zwei festen Mitarbeiterinnen und einer Praktikantin arbeiten auch noch eine Fotografin, ein Architekt und eine Grafikdesignerin mit in dem Büro.

„Wir wünschten uns eine ähnliche Arbeitsatmosphäre wie an der Uni mit ihren Werkstätten und einem interdisziplinären Austausch", sagt Eva Marguerre. An der Universität Karlsruhe hatte alles begonnen. Dort lernte die 34-Jährige ihren Lebens- und Arbeitsgefährten Marcel Besau kennen. Ein Projekt im dritten Semester zeigte ihnen, dass sie nicht nur privat, sondern auch beruflich als Paar funktionieren.

Damals gewannen sie den Wettbewerb für einen Messestand der Hochschule und WMF. Die gesamte Umsetzung samt Budgetplanung, Logistik und Pressearbeit mussten die Studenten alleine stemmen. „Eine Feuerprobe“, nennt es Eva Marguerre. Rückblickend findet sie es toll, dass sie damals die Chance bekam, ins kalte Wasser zu springen und so früh die Verantwortung für ein großes Projekt trug. „Wir haben dadurch viel gelernt, davon profitieren wir heute noch“, sagt sie.

Lobby, Künstlergarderobe und VIP-Bereich der Elbphiharmonie.
Lobby, Künstlergarderobe und VIP-Bereich der Elbphiharmonie.

© Besau & Marguerre

Denn Besau und Marguerre betreuen eine große Bandbreite von Projekten. Gerade sind sie aus Paris zurückgekehrt, wo sie den Messestand von Vitra und Artek auf der Maison & Object gestaltet haben. Auch neue Verkaufsflächen und Shopkonzepte für die Designmarken, darunter ein Vitra-Shop in der neuen Designabteilung des KaDeWe, stehen auf ihrer Agenda.

Doppelt gemoppelt

Zu zweit wären sie damit ausgelastet. Dank ihrer Angestellten ist auch noch Zeit für Aufträge im Produktdesign. So experimentieren sie zum Beispiel gerade mit Porzellan für eine Möbelkollektion des Tischwaren-Herstellers Fürstenberg. Auch ein neues Leuchtenprojekt steht an, wobei ihnen dabei die Erfahrungen mit der Serie „North“ für die deutsche Firma e15 zugutekommen. Sie besteht aus Tisch-, Decken-, Boden- und Wandleuchten und variiert in spielerischer Anlehnung an die Mondphasen die unterschiedlichen Perspektiven des Betrachters auf eine runde Fläche.

„Durch unsere interdisziplinäre Ausrichtung können wir verschiedene Bereiche bedienen, sei es nun Grafikdesign, Ausstellungsgestaltung oder Produktdesign“, sagt Eva Marguerre. „Es ist gut und wichtig, dass immer mehr Firmen auf einen ganzheitlichen Markenauftritt setzen, inklusive Online-Auftritt, Messeständen und Produktpräsentation im Geschäft."

Durch ihre unterschiedlichen Studienschwerpunkte und beruflichen Hintergründe sind Eva Marguerre und Marcel Besau dafür bestens gerüstet. Während er sein Studium in Wuppertal als Industriedesigner begann, dann nach Karlsruhe mit dem Schwerpunkt Grafikdesign und Produktdesign wechselte und für verschiedene Künstler und Agenturen arbeitete, studierte sie Produkt- und Ausstellungsdesign.

In der Großstadt arbeitet man besser

Im Hause Besau & Marguerre gibt es keine traditionelle Rollenverteilung: Jeder designt und dekoriert.
Im Hause Besau & Marguerre gibt es keine traditionelle Rollenverteilung: Jeder designt und dekoriert.

© Besau & Marguerre

Neben dem Studium arbeitete Eva Marguerre als Styling-Assistentin für Wohnstrecken verschiedener Magazine und Werbekunden und übernahm später auch eigene Produktionen. Diese Jobs und das gute Netzwerk an Kreativen führte die gebürtige Pforzheimerin nach Hamburg.

„Es hat schon viele Vorteile, in einer Großstadt zu arbeiten“, sagt Eva Marguerre. „Hamburg ist zudem eine sehr grüne Stadt, was gerade mit Kind toll ist.“ Ihr zweijähriger Sohn Lio wird tagsüber in der Wohnung über dem Studio von seiner Oma betreut.

Auch wenn sie ein dichtes Pensum haben, verordnen sich Eva Marguerre und Marcel Besau im stressigen Alltag Arbeitspausen oder machen früher Schluss, um in ihren Garten zu fahren. Diese kleinen Freiräume gleichen aus, dass sie für ihre Kunden in ganz Europa unterwegs sind und es keine klare Trennung zwischen Beruf und Privatleben gibt. „Wenn mir am Wochenende eine Idee kommt, dann möchte ich sie natürlich gleich mit Marcel besprechen“, sagt Eva Marguerre.

Ganz in Weiß - mit fünf Nuancen

Auch beruflich gibt es keine strikte Arbeitsteilung bei Besau & Marguerre. „Bei uns macht jeder alles“, sagt Eva Marguerre. Sie kann auch eine Website gestalten, genauso wie ihrem Mann mal eine tolle Stylingidee in den Sinn kommt. Es ist eher ein organisches Ineinandergreifen von Ideen, das ihre Arbeitsweise ausmacht.

Das kam Besau & Marguerre auch bei ihrem bisher umfangreichsten Projekt zugute, der Möblierung der Elbphilharmonie. Über ihren Kontakt zu dem Architekten Daniel Schöning kamen Besau & Marguerre ins Spiel und konnten den Betreiber, HamburgMusik gGmbH, von ihrem Konzept überzeugen. Es sieht die Umkehrung des Konzept des White Cubes vor: Während in Galerien Räume komplett in Weiß gehalten werden, um ein Objekt besonders zum Ausdruck zu bringen, nehmen sich in diesem Fall die Möbel zurück, damit das Gebäude seine Strahlkraft entfalten kann.

Das „White Cube“-Konzept zieht sich durch das Gebäude – die Möbel sind nicht dominant.
Das „White Cube“-Konzept zieht sich durch das Gebäude – die Möbel sind nicht dominant.

© Besau & Marguerre

Die Designer streben einen harmonischen Dreiklang aus Musik, Architektur und Mobiliar an, der sich über die gesamte Fläche von mehr als 6 000 Quadratmetern und rund 250 Räume zieht. Dazu gehören nicht nur die Foyers, sondern auch die Künstlergarderoben, die VIP-Bereiche, der Backsteinanbau für die musikalische Frühförderung von Kindern oder die Büroetage.

Gleichheit der Möbel

Trotz der großen Fläche sollte die Einrichtung niemals beliebig anmuten. Um nicht mit der starken Architektur zu konkurrieren, setzten die Designer auf hochwertige, beeindruckende Möbel, zum Beispiel durch ein besonders gutes Sitzgefühl oder eine spezielle Haptik. Alles ist in hellen Tönen gehalten. Kontraste zwischen kalten und warmen Materialien erschließen sich oft erst bei näherem Hinsehen.

„In der Lounge haben wir beispielsweise eine von allen Seiten benutzbare Sofalandschaft mit fünf verschiedenen Stoffen von Kvadrat beziehen lassen“, sagt Eva Marguerre. „Während sie von Weitem nur weiß aussieht, bemerkt man bei näherem Hinsehen, dass es sich um unterschiedliche Nuancen und Webarten handelt.“ Stehtische, Bänke und Barhocker entwarfen Besau & Marguerre speziell für die „Elphi“. Sie sind inzwischen Teil der e15-Kollektion.

Der vom Besau & Marguerre gestaltete Stand von Vitra und Artek auf der "Maison et Objects"-Messe.
Der vom Besau & Marguerre gestaltete Stand von Vitra und Artek auf der "Maison et Objects"-Messe.

© Besau & Marguerre

Für die jungen Designer war es eine Ehre, am neuen Wahrzeichen Hamburgs mitzuarbeiten. Designern, die am Anfang ihrer Laufbahn stehen, würde Eva Marguerre raten, „einfach zu machen, sich etwas zuzutrauen, mutig zu sein“ und sich auch in neue Themenbereiche hineinzuknien, um Neues zu lernen. „Das ist das Tolle an unserem Beruf, dass er so vielfältig und spannend ist“, schwärmt sie.

Ihre Erfahrungen geben Eva Maguerre und Marcel Beseau auch als Dozenten an verschiedenen Designuniversitäten in Deutschland und in der Schweiz, in Schülerworkshops für Museen oder aber auch als Experten auf Messen und Designevents weiter. Wurden sie 2014 noch selbst von der Jury als Nachwuchsdesigner des Jahres ausgezeichnet, gestalteten sie drei Jahre später bereits das Ausstellungsdesign für den Nachwuchswettbewerb „ein&zwanzig“ des German Design Awards. So schnell kann es gehen, dass aus Newcomern gestandene und international gefragte Designer werden.

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