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Strategien gegen Antibiotika-Resistenzen müssen weltweit entwickelt werden. Darauf wiesen die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO, Margaret Chan, und Detlev Ganten, Vize-Präsident der WHO, auf dem World Health Summit in Berlin hin.

© dpa

World Health Summit 2015: Gipfeltreffen der Gesundheitsstrategen

Der World Health Summit in Berlin sucht nach Lösungen für weltweit zunehmende Antibiotika-Resistenzen.

Es ist fast schon zum festen Termin geworden: Seit dem Jahr 2009 versammeln sich jedes Jahr im Oktober Mediziner, naturwissenschaftliche Grundlagenforscher, Sozialwissenschaftler, Politiker und Vertreter aus Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen zum World Health Summit in Berlin. In Analogie zu den damaligen G8 haben sie die M8 Alliance gegründet, zu der inzwischen 18 führende medizinische Fakultäten und einige wissenschaftliche Akademien gehören. Die deutsche Kanzlerin, der französische Präsident und der Präsident der Europäischen Kommission fungieren als Schirmherren, seit 2013 findet die dreitägige Mammut-Veranstaltung ganz nobel im Auswärtigen Amt statt.

Fortschritt der Wissenschaft kommt nicht an

So etabliert diese Veranstaltung inzwischen wirkt, so sehr lebt sie doch von der Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen. „Der Fortschritt der Wissenschaft erreicht die Menschen nicht genügend“, sagte Detlev Ganten von der Charité am Sonntag zur Eröffnung. „Mich treibt die Überzeugung an, dass Wissenschaftler Verantwortung für die gesundheitliche Versorgung der Menschen tragen“, sagte Ganten, Präsident und Initiator des World Health Summit. „Wir müssen die Probleme identifizieren und wir müssen die Werkzeuge zu ihrer Lösung bereitstellen.“ Den jährlichen Gesundheitsgipfel sieht er auch als Institution, die Nachwuchsforscher ermutigt, sich dieser Verantwortung zu stellen.

Aktuell bezieht Ganten diese Verantwortung besonders auf die medizinische Versorgung der Flüchtlinge in aller Welt. „Die Weltgesundheitsorganisation unterstützt die Regierungen der Länder dabei, die richtigen Gesundheitspakete zu schnüren“, versicherte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan.

Antibiotika-Resistenzen eines der wichtigsten Probleme weltweit

Als diesjähriger Mit-Präsident machte Shunichi Fukuhara von der School of Public Health der Universität in Kyoto deutlich, dass nicht nur in Japan, sondern weltweit inzwischen nicht-ansteckende große Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Leiden, Diabetes, aber auch Depressionen und Demenzen an Bedeutung zunehmen. Wie auch die Zahl mehrfach kranker Menschen. WHO-Generalsekretärin Chan nannte „Altern in Würde und Respekt innerhalb der Gemeinschaft“ als eines der großen Themen. Dass es dazu inzwischen nicht allein für wenige reiche Länder, sondern für die Weltgemeinschaft zum Thema wurde, kann auch als Erfolg von medizinischer Wissenschaft und öffentlicher Gesundheitsvorsorge betrachtet werden.

Neben Impfungen haben Antibiotika einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet. Beim World Health Summit wird allerdings auch über die Keime gesprochen, denen diese Mittel nichts mehr anhaben können. Resistenzen seien derzeit eines der wichtigsten Probleme für die Gesundheit der Weltbevölkerung, sagte die Strukturbiologin Ada Yonath vom israelischen Weizmann-Institut in ihrer Rede. „Wenn wir hier keine Lösungen finden, wird es vielen Menschen verwehrt sein, ein gesegnetes Alter zu erreichen.“ Die Forscherin hat im Jahr 2009 zusammen mit Venkatraman Ramakrishnan und Thomas Steitz den Nobelpreis für Chemie bekommen. Ihre Forschungen haben dazu beigetragen, die Struktur und Funktionsweise der Ribosome zu entschlüsseln. Diese Zellorganellen übersetzen die Erbinformationen in Proteine und spielen eine Schlüsselrolle in der Entwicklung neuer und der Verbesserung altbekannter Antibiotika.

Personalisierte Antibiotika

Etwa die Hälfte der heute verfügbaren Antibiotika bindet zuerst an das Ribosom in den Zellen der Bakterien. Um Mikroben gezielter entwaffnen zu können, müsse weiter daran geforscht werden, das gesamte Mikrobiom genau zu charakterisieren, sagt Yonath. In Analogie zur „personalisierten Medizin“, deren Ziel es ist, kleinen Patientengruppen aufgrund ihrer besonderen Krankheitsmerkmale möglichst maßgeschneiderte Therapien anzubieten, spricht Yonath von „personalisierten Antibiotika“ – also von Mitteln, die passgenau die Eigenarten eines Krankheitserregers treffen.

Neben hartnäckigen Forschungsaktivitäten bleibt aber der intelligente Einsatz der verfügbaren Waffen wichtig. Die WHO, die im letzten Jahr eine Bestandsaufnahme auf der Basis der Daten aus 114 Ländern veröffentlichte, hat nun einen globalen Aktionsplan für den Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen aufgestellt. Stoff genug für die kommenden Weltgesundheitsgipfel wird es auf jeden Fall geben.

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