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Entschlossen. Die WHO-Generaldirektorin Margaret Chan mahnte die 3500 Teilnehmer der Weltgesundheitsversammlung, ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

© Fabrice Coffrini, AFP

Weltgesundheitsversammlung in Genf: Chan: „Die Welt ist nicht vorbereitet“

Eine umfassende Reform soll die Reaktionsfähigkeit der WHO im Notfall stärken. Doch dafür braucht sie den Rückhalt der Mitgliedsstaaten, mahnt die WHO-Chefin.

Jeder neue Seuchenausbruch offenbare Schwächen im System, sagte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan in ihrer Rede zum Auftakt der Weltgesundheitsversammlung in Genf. Bei Ebola waren unter anderen die Gesundheitssysteme in Westafrika viel zu fragil. Zika verdeutliche, dass Familienplanung für die meisten Frauen in Südamerika nicht möglich ist. Außerdem sei die Mückenbekämpfung seit den 1970er-Jahren vernachlässigt worden. Die Gelbfieber-Epidemie zeige, dass eine vorhandene Impfung nicht ausreichend genutzt wurde. „Lassen Sie mich eine ernste Warnung aussprechen: Die Welt ist nicht auf die Bedrohung durch Infektionskrankheiten vorbereitet“, sagte Chan.

Der WHO-Reform zum Umgang mit Gesundheitskrisen komme daher besondere Bedeutung zu. Geplant sei ein Programm mit einer klaren Verantwortlichkeit, einem Pool von Arbeitskräften, einem Budget, einem Set von Regeln und Messgrößen. „Wenn es nicht vollständig politisch und finanziell unterstützt wird, wird das der Reaktionsfähigkeit der WHO jetzt und in Zukunft schaden“, betonte Margaret Chan. Auch andere Gefahren machten nicht an Ländergrenzen halt – etwa Luftverschmutzung oder multiresistente Mikroben. Es sei es immer schwerer, die Sicherheit von Lebens- und Arzneimitteln zu gewährleisten. Doch Chan sah auch Positives: „Gesundheitsversorgung wird nicht mehr nur als Belastung gesehen, sondern als Investment, das stabile Gesellschaften ermöglicht.“

RKI wird WHO-Kooperationszentrum für neu auftretende Infektionen

Im Vorfeld der Weltgesundheitsversammlung – einer Zusammenkunft von rund 3500 Politikern, Medizinern, Forschern und weiteren Experten aus 194 Staaten – gab das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin bekannt, dass es nun offizielles WHO-Kooperationszentrum für neu auftretende Infektionskrankheiten und biologische Bedrohungen ist. Eingebettet in einen weltweiten Verbund wird es die WHO-Mitgliedsstaaten unter anderem dabei helfen, die geforderten Laborkapazitäten aufzubauen. Denn nur so kann man Krankheitsausbrüche von internationaler Tragweite erkennen. Der Sachverstand des Instituts sei auch bei Diagnostik, Epidemiologie, Infektionsschutz und dem richtigen Umgang mit Patienten gefragt. Es biete Unterstützung bei der Seuchenüberwachung, der Datenanalyse und der Modellentwicklung und Schulungen zu Sofortmaßnahmen.

Das Institut werde stärker als bisher helfen, globale Gesundheitsrisiken einzudämmen, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am Montag. „Wir brauchen eine schlagkräftige WHO, die schnell Fachleute zum Ausbruchsgeschehen schicken und Hilfskräfte international koordinieren kann.“ Er verlieh am Montag außerdem das Bundesverdienstkreuz am Bande an die angesehene Expertin für Gesundheitspolitik Ilona Kickbusch. Sie lehrt derzeit am Graduate Institute of International and Development Studies in Genf und berät die WHO. So war sie unter anderem in der Kommission, die die Reaktion der WHO auf die Ebola-Epidemie beurteilte. „Wir müssen Gesundheit mehr denn je global denken“, sagte Gröhe. Kickbusch leiste mit ihrer Arbeit dazu seit Jahren einen wichtigen Beitrag. „Sie hat die europäische und internationale Gesundheitspolitik in den letzten Jahrzehnten maßgeblich geprägt.“

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