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Rätselhaft. Erst in Südamerika ist aufgefallen, dass eine Zika-Infektion der Mutter ungeborene Kinder schädigen kann. Forscher fahnden nun fieberhaft nach den Gründen.

© Antonio Lacerda, dpa

Wechselwirkungen: Bei Schwangeren kann Zika länger im Blut bleiben

Zika ist eigentlich kein Problem für die Immunabwehr. Außer sie hat zuvor Dengue bekämpft. Oder eine Frau ist schwanger. Was Forscher aus Versuchen mit Affen lernen - und was das für die Hoffnung auf Impfschutz heißt.

Sie war gerade in der elften Woche schwanger, als die Ferien in Guatemala, Mexiko und Belize begannen. Ein Ausflug in den Sommer, während es Ende November in Washington D.C. allmählich kühler wurde. Als die 33-Jährige und ihr Partner in Guatemala von Mücken zerstochen wurden, dachten sie sich nichts dabei. Auch nicht, als sie fünf Tage später leichtes Fieber und Ausschlag bemerkten. Ihre Augen schmerzten, aber sie gingen nicht zum Arzt. Erst als die junge Frau über Weihnachten ihre Familie in Finnland besuchte, ließ sie vorsorglich ihr Blut untersuchen. Es waren Antikörper gegen Dengue- und Zika-Viren nachweisbar. Zumindest war das Kind gesund, zeigten Ultraschallaufnahmen.

Nach ihrer Rückkehr in die USA wurde die Schwangerschaft fortan genau überwacht. Während bei ihrem Partner die Viren längst aus dem Blut verschwunden waren, fanden die Ärzte bei der Schwangeren immer wieder Zika. Ab der 19. Woche gab es Anzeichen, dass sich das Gehirn des Fötus nicht mehr richtig entwickelte und zu klein blieb. Sie entschied sich schließlich für einen Abbruch.

Was die Ärzte um Rita Driggers von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore bei der Autopsie des Fötus entdeckten, bestätigte ihre Befürchtung: Im Hirn des Kindes hatte sich das Virus weiter vermehrt und Nervenzellen in den Tod getrieben. Auch Nabelschnur und Plazenta enthielten große Mengen Zika. Durch die infizierte Plazenta oder den Fötus könnten die Viren immer wieder neu ins Blut der Mutter gelangt sein, vermuten die Ärzte im Fachblatt „New England Journal of Medicine“. Nach der Abtreibung dagegen konnten die Antikörper das Virus erfolgreich bekämpfen, es war bald nicht mehr nachweisbar.

Mindestens 70 Tage blieb Zika im Blut eines trächtigen Weibchens

Ähnlich ergeht es derzeit zwei Affenmüttern, die Forscher von der Universität von Wisconsin-Madison im ersten Trimester mit Zika infiziert haben. Während sechs andere Makaken – Männchen wie Weibchen – das Virus innerhalb etwa einer Woche aus dem Blut loswurden und sich knapp drei Monate später auch nicht wieder mit Zika anstecken konnten, blieb der Erreger im Blut der trächtigen Weibchen 30 beziehungsweise mindestens 70 Tage nachweisbar, berichtet das Team um David O’Connor im Fachblatt „Nature Communications“. Auch diese Forscher spekulieren, dass das Virus durch die Infektion des Fötus immer wieder in den Blutstrom der Mutter getragen wird. Eine zweite Hypothese ist, dass sich das Immunsystem der Schwangeren einfach nicht so gut gegen das Virus wehren kann. „Wenn die erste These richtig ist, wäre die andauernde Viruslast im Blut der Mutter ein Gradmesser für die Schädigung des Kindes“, sagt O’Connor. Regelmäßige Bluttests könnten den Frauen dann schneller Gewissheit verschaffen, was ihre Familie erwartet – ohne gleich Fruchtwasser zu analysieren. Doch noch können er und seine Kollegen nicht sagen, ob die beiden Affen-Föten geschädigt sind. Sie werden erst im September geboren und die Ultraschallbilder waren bisher nicht auffällig.

Dass Zika im Körper von Menschen und Makaken ähnliche Auswirkungen habe, sei hilfreich, sagt Peter Barry von der Universität von Kalifornien in Davis. So könne man bestmögliche Impfstoffe entwickeln, die Mechanismen der Infektion während der Schwangerschaft verstehen und in Zukunft vielleicht mit Medikamenten die Ansteckung des Fötus verhindern. Die Forscher untersuchten zudem Körperflüssigkeiten wie Speichel, Vaginalsekret, Nervenwasser und Urin. Dort war Zika bis zu 21 Tage nachweisbar. Nach drei Wochen erreichte die Zahl der Antikörper ihren Höhepunkt. „Sie können zeigen, wo und wie lange das Virus sich verteilt“, sagt Barry. Dass sich die nicht-trächtigen Tiere kein zweites Mal anstecken konnten, sei „ermutigend“.

Eine Spritze - und die Mäuse waren komplett geschützt

Experimente eines Teams um Dan Barouch von der Harvard Medical School in Boston legen ebenfalls nahe, dass ein Impfschutz gegen Zika leichter erreichbar sein könnte als gegen andere Erreger. Mäuse, denen sie einen Impstoff aus abgetöteten Zikaviren oder einen DNS-Impfstoff mit dem Erbgut für die Oberflächenmoleküle des Virus gaben, waren bereits nach einer Spritze komplett geschützt. Eine Auffrischung vergrößerte die Zahl der gebildeten Antikörper nochmals um das Hundertfache, berichten sie im Fachblatt „Nature“. „Man muss natürlich vorsichtig sein, wenn man von Mäusen auf den Menschen schließt“, sagt Barouch. „Aber wir waren überrascht und beeindruckt, dass eine Spritze ausreicht. Das gibt Anlass zur Hoffnung.“

Unklar sei, wie lange der Schutz anhält und ob eine vorherige Infektion mit dem eng verwandten Dengue-Virus Auswirkungen auf die Körperabwehr hat. Denn die Oberflächenmoleküle beider Viren ähneln sich besonders stark. Manche Antikörper gegen Dengue können Zika sogar neutralisieren, berichtete zum Beispiel eine Forschergruppe um Jens Wrammert von der Emory-Universität in Atlanta im Fachblatt „PNAS“. Andere verstärken die Infektion allerdings zusätzlich.

Die Ähnlichkeit der Viren kann helfen und schaden

Der paradoxe Effekt ist bereits vom Dengue-Virus bekannt, das vier verschiedene Varianten hat. Hat man die Krankheit einmal überstanden, kann man sich immer noch mit den anderen Subtypen anstecken. Die Antikörper können dann mitunter nicht besonders fest an diese Dengue-Variante binden. Sie transportieren die Viren zwar zu Immunzellen. Doch diese können sie nicht zerstören. Stattdessen wird das Virus freigesetzt und infiziert die Abwehrzelle. Unfreiwillig wird diese dann zum Helfer des Eindringlings. Der Mensch erleidet so eine besonders schwere, manchmal tödliche Verlaufsform von Dengue.

Es sollte untersucht werden, ob Antikörper gegen Dengue die Übertragung von Zika während der Schwangerschaft erleichtert, mahnen daher Wrammert und seine Kollegen. Gleichzeitig könnte der Effekt die vermeintlich einfache Impfstoffentwicklung erheblich erschweren.

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