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Blau machen: Das Färben von Textilien, das wie hier im indischen Rajasthan seit Jahrtausenden Tradition ist, soll künftig auch mit umweltfreundlichem Indigo aus Bakterien gelingen.

© imago/robertharding

Synthetische Biologie: Grüne Jeans

Um Jeans blau zu färben, braucht es Indigo. Nun sollen gentechnisch veränderte Bakterien den Stoff umweltfreundlicher produzieren.

Ihre blaue Farbe verdanken die Jeans dem Indigo, einem Farbstoff, der schon seit Jahrtausenden produziert wird. Doch was einst per Hand aus pflanzlichen Rohstoffen gewonnen wurde, hat inzwischen die chemische Industrie übernommen – mit allen Folgen für die Umwelt. Jetzt schlagen Forscher in der Zeitschrift „Nature Chemical Biology“ vor, den Farbstoff mithilfe von Bakterien viel umweltverträglicher als bisher herzustellen.

Öfter mal "blau machen"

Seit mindestens 6000 Jahren gewinnen Menschen Indigo aus Pflanzen. Bis in das 17. Jahrhundert bauten Bauern in Thüringen auf mehr als 3500 Hektar Färberwaid an. Kügelchen aus einem getrockneten Brei der Pflanze weichten die Färber in Urin und Pottasche ein und gewannen so Indigoweiß. Diese Substanz heftet sich gut an Stoffe, die anschließend auf einer Wiese ausgelegt und dort vom Sonnenlicht oxidiert wurden. Erst dabei entsteht Indigo und seine tiefblaue, ins Violette spielende Farbe. Weil der Färber diesen Job der Sonne überließ und selbst die Hände in den Schoß legen konnte, prägten Beobachter bald für solches Nichtstun den Begriff „blaumachen“.

Später bauten die Kolonialmächte in ihren tropischen Gebieten die Indigofera-Pflanze aus Indien an, die 30-mal mehr Indigo als der aus der Türkei stammende Färberwaid lieferte. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde dieser Naturfarbstoff zunehmend von Indigo aus chemischer Großindustrie abgelöst. Der Ausgangsstoff Anilin wird dabei aus Erdöl hergestellt. Anilin ist nicht nur ein starkes Gift, sondern kann auch Blasenkrebs verursachen. Mithilfe von weiteren, ebenfalls nicht unbedenklichen Chemikalien – etwa des giftigen und krebserregenden Formaldehyd, der hochgiftigen Blausäure und dem leicht entzündlichen, ätzenden und für Gewässer gefährlichen Natriumamid – wird aus dem Anilin schließlich Indigo. Um diesen Farbstoff an Fasern anzuheften, wird er zunächst mit der reizenden und entzündlichen Chemikalie Natriumdithonit reduziert, die Abbauprodukte dieser Substanz greifen Geräte und Rohre der Färbereien sowie die Anlagen zur Abwasserbehandlung an.

Farbstoff-Synthese aus der Pflanze in Bakterien transplantiert

Angesichts dieser Liste verwundert es nicht, dass längst andere blaue Farbstoffe entwickelt wurden, die Indigo heute weitgehend ersetzen. Mit einer Ausnahme: Die Hersteller von Jeansstoffen setzen nach wie vor auf Indigo, weil diese Farbe beim Waschen nicht abgeht, aber an besonders beanspruchten Stellen abgerieben wird. Dadurch hellen sich der Gesäß- und Kniebereich sowie die typischen Falten einer Jeanshose nach längerem Gebrauch auf, während der Rest der Hose tiefblau bleibt. Genau solche Muster aber geben einer Jeans ihre individuelle Note und machen Jeansstoffe so beliebt. Allein 2011 wurden 95 Prozent der 2011 produzierten 50.000 Tonnen Indigo für das Färben von rund vier Milliarden Jeansstoffen benutzt.

John Dueber von der University of California in Berkeley und seine Kollegen haben nun ein umweltverträglicheres Verfahren für die Indigoproduktion entwickelt. Die Forscher ahmen dabei die Prozesse nach, mit der in Asien und Osteuropa wachsende Färberknöterich-Pflanzen Indigo in ihren Blättern herstellen. Allerdings verlegt Dueber diese Vorgänge mit den Methoden der Gentechnologie von den Pflanzen in Bakterien der Art Escherichia coli.

Luftsauerstoff färbt Indoxyl blau

Wie die Pflanzen stellen die so veränderten Bakterien ein Indol genanntes Biomolekül her, das in den Mikroben zu einer Indoxyl genannten Substanz umgebaut wird. Dieses Molekül taugt jedoch noch nicht als Farbstoff, weil es zu instabil ist. Daher schützen die Forscher es, indem sie ein Zuckermolekül dranhängen: Aus dem Indoxyl wird Indikan, ein Stoff, der bis zur Verwendung problemlos gelagert werden kann. Beim Färben heftet sich dieses Indikan zunächst an die Textilien, dann wird der angehängte Zucker wieder entfernt. Es entsteht wieder Indoxyl, das mit dem Sauerstoff aus der Luft reagiert und sich direkt auf den Fasern in Indigo umwandelt – die Jeans färbt sich tiefblau.

Im Labor funktioniert das Verfahren, zeigen die Forscher, es müsste für eine industrielle Großproduktion allerdings noch optimiert werden.

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