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Hieroglyphen auf einem Fragment der Basis einer Statue Ramses II.

© Dietrich Raue/Universität Leipzig

Update

Neuer Sensationsfund in Ägypten: Riesenstatue von Ramses II. entdeckt

Jetzt ist Ramses II. doch noch aufgetaucht. In einer Baugrube in Kairo wurden Fragmente einer meterhohen Statue des Pharaos entdeckt.

Jetzt ist Ramses II. doch noch aus einer Baugrube im Herzen Kairos aufgetaucht. Teile einer wahrscheinlich sechs Meter hohen Figur aus Rosengranit entdeckte jetzt der Leipziger Archäologe Dietrich Raue an der Fundstelle einer Kolossalstatue des Pharaos Psammetich I. (664 bis 610 v. Chr.). Bereits in diesem Fund vom März dieses Jahres hatten Raue und sein deutsch-ägyptisches Team zunächst Ramses II. (um 1303 bis 1213 v. Chr.) vermutet. Denn entdeckt wurde die Statue am historischen Ort des altägyptischen Tempelbezirks Heliopolis, auf dem Areal des früheren Tempels von Ramses II..

Doch schnell stellte sich im Frühjahr heraus, dass es sich um ein Bildnis Psammetich I. handelt. Auf dem Rücken des Torsos des einst rund neun Meter hohen Standbildes entzifferten die Archäologen Hieroglyphen mit der Bezeichnung „Herr des Armes“. Diese wurde für den wesentlich jüngeren Herrscher verwendet.

Sechs Meter hoch und wahrscheinlich sitzend

Dietrich Raue ließ nicht locker. Er suchte weiter in einer Baugrube für ein neues Parkhaus im Kairoer Innenstadtbezirk Matariya. Und wurde erneut fündig: „Die Statue war ersten Schätzungen zufolge etwa sechs Meter hoch und wahrscheinlich sitzend“, sagt der Archäologe, der Kustos des Ägyptischen Museums der Universität Leipzig ist. Diesmal ist sich Raue sicher, dass die neuen Funde zu einer Statue von Ramses II. gehören.

„Sie zeigen zweifelsfrei Ausschnitte aus der Namensreihe Ramses II., auf der Basis der Statue den sogenannten Horusnamen, auf dem Rückenpfeiler ein Ausschnitt seines Geburtsnamens“, sagt Raue. Geborgen wurden außerdem ein Unterschenkel und ein Oberarm – sowie der Bart des Pharaonen-Bildnisses.

Der Unterschenkel der Statue Ramses II.
Kolossal. Der Unterschenkel der Statue Ramses II.

© Dietrich Raue/Universität Leipzig

„Die neuen Teile der Statue von Ramses II. sind aus Rosengranit und stammen aus der Zeit um 1250 vor Christus, sind also rund 600 Jahre älter als die der Psammetich-Statue“, erklärt Raue. Auch von der Kolossalstatue des jüngeren Pharaos fand das Team um Raue, Aiman Ashmawy vom Ägyptischen Antikenministeriums und Kai-Christian Bruhn von der Hochschule Mainz weitere Fragmente.

Dazu zählen unter anderem drei riesige, etwa zehn Zentimeter breite Zehen des Pharaos sowie ein wichtiger Teil des Rückenpfeilers mit dem Namen Psammetichs I.. Die Wiederentdeckung dieser Statue sei insofern bedeutend, als dass sie Rückschlüsse auf den griechisch-ägyptischen Kulturkontakt in der Zeit um 650 v. Chr. zulasse, erklärt Raue.

Teile der Zehen der Statue von Psammetich I.
Kolossal. Teile der Zehen der Statue von Psammetich I.

© Dietrich Raue/Universität Leipzig

Griechische Handwerker im Dienst Psammetichs I. hätten neuartige Bautechniken mitgebracht, was etwa am jetzt ausgegrabenen, kunstvoll gemauerten Sockel der Statue zu sehen sei. Gegenüber früheren, gröberen Basen sei dieser sechslagig aus gleichförmig behauenen Steinen gemauert und handwerklich vollendet auf das große Gewicht der Statue ausgerichtet – „ein großer Baufortschritt über die Jahrhunderte“, sagt Dietrich Raue.

Nach Griechenland exportiert wurde dagegen die Praxis überlebensgroßer Skulpturen von Herrschern. „Durch den Fund der Psammetich-Statue wissen wir nun, dass die Griechen dabei nicht etwa von viel älteren Pharaonen-Statuen angeregt wurden, sondern von einem Bildnis des aktuellen Herrschers“, erklärt Raue.

Ein Grabungsteam am Fundort altägyptischer Statuen.
Das Grabungsteam beim Freilegen der Basen dreier Statuen. In der Mitte: die handwerklich ausgefeilte "griechische" Basis.

© Marion Wenzel/Kustodie; Universität Leipzig

Die Teile der neu entdeckten Ramses-Statue wiederum fand das Forscherteam jetzt bei der Sicherstellung der Psammetich-Fragmente. Eine Puzzlearbeit: Die Statue des jüngeren Pharaos besteht aus Quarzit, davon wurden 1920 Stücke sichergestellt; die bislang zehn Fragmente aus Rosengranit, die der Statue Ramses II. zugerechnet werden, lagen dazwischen. Sie seien aber durch das unterschiedliche Material und einen anderen Stil der Steinmetzarbeit gut zu unterscheiden, sagt Raue.

Die Funde sind noch ganz frisch, sie stammen aus einer Grabungskampagne, die Ende September, Anfang Oktober zu Ende ging. Raue will die Grabung im Februar 2018 fortsetzen und verspricht weitere interessante Funde. „Es gibt mehr Fragmente der Ramses-Statue, wir haben sie schon gesehen, sie waren aber zu groß, um sie noch zu bergen“, sagt der Archäologe.

Bislang seien etwa zehn Prozent der Ramses-Statue gesichert, sagt Raue. Virtuell, also in einer 3-D-Rekonstruktion, werde der sitzende Pharao auf jeden Fall zusammensetzbar sein. Ob die Statue auch in der Realität rekonstruierbar sei, hänge von der Qualität der Fragmente ab.

Nur drei Prozent des Tempelbezirks sind ausgegraben

Wird Heliopolis, das Zentrum des altägpyptischen Sonnenkults über drei Jahrtausende, als archäologischer Park wiederauferstehen, wenn die deutschen und ägyptischen Archäologen eines Tages das gesamte Areal freilegen? „Wir graben derzeit im ersten Tempel rechts, also nur in einem kleinen Ausschnitt des gesamten Tempelgebiets“, sagt Raue. Die bisherigen Funde – darunter auch Reliefs des Echnaton und der Nofretete aus der Amarna-Zeit (1353-1292 v. Chr.) – stammen von nur etwa drei Prozent des rund 33 Hektar großen Haupttempel-Bezirks.

Weite Teile seien durch den rasanten Häuserbau in der Megacity Kairo und durch große Müll- und Schuttberge gar nicht oder nur schwer zugänglich. Hinzu kommt, dass das Areal heute bis zu drei Meter unter dem Grundwasserspiegel liegt. Tempel und Statuen seien zudem in früheren Jahrhunderten zur Gewinnung von Baumaterial zerschlagen worden, sagt Raue. Angesichts der Bedürfnisse der wachsenden Stadt sei eine Wiederherstellung des Tempelareals ausgeschlossen.

Ramses II. soll nahe des Fundorts im Freilichtmuseum bleiben

Doch unweit der Fundstätten in Matariya/Heliopolis, an einem auf dem Tempelgebiet entdeckten Obelisken, entsteht ein neues Freilicht-Museum. Dort soll auch der Rosengranitfund der Ramses-Statue gezeigt werden. Die vollständigere Kolossalstatue Psammetichs I. aber ist dem Großprojekt des Grand Egyptian Museums vorbehalten, das derzeit bei den Pyramiden von Gizeh gebaut wird.

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