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Zwei Seiten eines historischen Druckwerks mit einem Bibliotheksstempel.

© Universitätsbibliothek der HU

Kriegsverluste der Berliner Universität: Der "Simplicissimus" der Brüder Grimm kehrt zurück

Im Bombenkrieg wurden Bücher aus der Berliner Universität ausgelagert - und verschwanden. Jetzt kehrten Bände aus der Bibliothek der Brüder Grimm an die Humboldt-Uni zurück.

Aus einem Münchner Auktionshaus sind zwei wertvolle Bücher aus der Bibliothek von Jacob und Wilhelm Grimm an die Humboldt-Universität zurückgekehrt. Grimmelshausens „Simplicissimus“ von 1685 und ein medizinischer Lehrroman Johann Christoph Etters, „Die Unvorsichtige Heb-Amme“ aus dem Jahr 1715, waren 1943 aus der Universitätsbibliothek ausgelagert worden, um sie vor Bombenangriffen und Plünderungen zu schützen. Seit dem Kriegsende galten die beiden historischen Drucke wie tausende weitere Bücher auch als verschollen.

Die HU gab ihren Eigentumsanspruch nie auf

Gestochen scharf ist der Stempel der Bibliothek der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin: „Ex Biblioth. Universitatis Frider. Guil. Berolin.“ Dieses Zeichen in Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausens satirischem Schelmenroman und das Exlibris der Grimm-Sammlung brachten das Buch jetzt zurück an die Humboldt-Universität, sagt Yong-Mi Rauch, Leiterin der Historischen Sammlungen der HU. Ebenso wie den medizinischen Lehrroman von Etter.

Die beiden in Pergament gebundenen Bücher gehörten zu dem Bestand, der in ein Salzbergwerk in Bernburg in Sachsen-Anhalt ausgelagert wurde. Weil unklar ist, wie die Bände verloren gingen, sei der Rechtsanspruch der HU formal verjährt. „Aber die Universität hat ihren Eigentumsanspruch nie aufgegeben“, sagt Rauch.

Eine Frau steht vor einem Tisch, auf dem zwei schwer verletzten Säuglinge liegen, eine andere Frau sitzt im Hintergrund auf einem Stuhl.
Drastische Darstellung. Beim zweiten zurückgewonnenen Werk handelt es sich um den medizinischen Lehrroman "Unvorsichtige Heb-Amme".

© Universitätsbibliothek der HU

Angeboten wurden die Bücher dem Münchner Auktionshaus von Privatleuten. Sie hatten die gut erhaltenen Bände offenbar bei einer Hausauflösung entdeckt. Der Rückgabe an die HU seien „umfassende Verhandlungen“ vorausgegangen. Über die genauen Umstände will sich Rauch nicht äußern, es handle sich aber nicht um eine reguläre Erwerbung. Dass Antiquitätenhändler von sich aus aktiv würden, sei nicht selbstverständlich. „Sie sind beim Thema Raubgut und Kulturgutverlagerung aber zunehmend sensibilisiert.“

Die Bibliothek der Grimms kam 1865 an die Uni

Jacob und Wilhelm Grimm lebten seit 1840 in Berlin und arbeiteten hier unter anderem an ihren Kinder- und Hausmärchen und am Wörterbuch der deutschen Sprache. Beide Brüder starben in Berlin, Wilhelm 1859, Jacob 1863. Ihre Privatbibliothek wurde 1865 vom Preußischen Staat erworben und größtenteils der Berliner Universitätsbibliothek übergeben.

Handschriftliche Anmerkungen der Brüder Grimm

Zahlreiche handschriftliche Notizen zeigten, dass die Grimms mit dem „Simplicissimus“ und mit der „Unvorsichtigen Heb-Amme“ intensiv gearbeitet haben, sagt Bibliotheksleiterin Rauch. Sie hätten etwa Anmerkungen zu einzelnen Redewendungen gemacht, die dann wahrscheinlich in ihre Sprachstudien einflossen. Dies sei auch für die Forscher der HU-Arbeitsstelle, die den Grimm-Briefwechsel herausgibt, von großem Interesse.

Für die Humboldt-Universität haben die Brüder und ihre Büchersammlung allemal eine herausragende Bedeutung: 2009 hat die HU ihre neue Zentralbibliothek nach Jacob und Wilhelm Grimm benannt.

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