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Platz für Gedankenspiele. Das großartige Entrée des Futuriums der Architekten Christoph Richter und Jan Musikowski.

© Futurium.de, Fotografen: Schnepp Renou

Futurium öffnet seine Pforten: Raum für Visionäre

Im Futurium soll der Besucher Szenarien künftigen Lebens kennenlernen, utopisch denken und sich überlegen, wie die Welt einmal aussehen könnte. Das darf auch spielerisch geschehen.

Fast schwerelos scheint das Dach über dem Futurium zu schweben, wenn man mit dem Kanzleramt und dem Bundestag im Rücken vom Spree-Ufer aus dieses Gebäude betritt, das in Zukunft seine Besucher bitten will, doch die eigene Zukunft mitzugestalten. „Genau diesen Eindruck wollten die Architekten Christoph Richter und Jan Musikowski auch erreichen“, erinnert sich die kaufmännische Geschäftsführerin des Futuriums, Nicole Schneider. Wie eine Wolke soll das Gebäude zwischen den Menschen schweben, die Fassade soll den Himmel spiegeln. Gleichzeitig soll das Futurium neugierig machen. Neugierig auf die eigene Zukunft und die Zukunft dieser Stadt. Auf die Zukunft Deutschlands, Europas und der ganzen Welt.

Am 13. September 2017 erhält die Leitung des Futuriums, Direktor Stefan Brandt und Geschäftsführerin Nicole Schneider, die Schlüssel für das Gebäude – gerade einmal 27 Monate, nachdem am 10. Juni 2015 der Grundstein gelegt wurde. In Berlin können solche Projekte also doch noch zügig und zuverlässig verwirklicht werden. Jetzt können die derzeit 32 Mitarbeiter loslegen und das Innenleben unter dem Wolkendach gestalten.

Gleich am Eingang wartet bereits eine Überraschung: „Wir wollen den Besucher mit dem Wünschespeicher fragen, was er sich von der Zukunft erwartet“, verrät die Leiterin der Ausstellungen, Gabriele Zipf. Gemeint ist damit nicht nur die große Zukunft und deren Frage: Wie wollen wir leben und wie wollen unsere Enkel leben? Sondern auch viel näherliegende Wünsche, die unseren Alltag direkt betreffen, wie zum Beispiel eine Brille, die sich selbst wiederfindet – oder Büroarbeitsplätze, die dem Rücken nicht schaden. Oder auch utopisch klingende Wünsche, wie der, doch alle Diktatoren und Tyrannen dieser Welt einzusperren.

Alle sind gefragt, mitzumachen

Gefragt sind also nicht nur Spezialisten, die darüber grübeln, wie der Verkehr in Zukunft laufen soll, wie wir mit einer gewissen Politikverdrossenheit umgehen wollen oder auch, wie wir die Menschen dieser Welt gut ernähren können, ohne dabei den Planeten zu stark zu strapazieren.

Futuristisch mutet das Innere des Futuriums an. Die dynamische Fassade unterstreicht diesen Anspruch.   ,
Futuristisch mutet das Innere des Futuriums an. Die dynamische Fassade unterstreicht diesen Anspruch.   ,

© Doris Spiekermann-Klaas

Nein, gefragt sind eben auch die Menschen auf der Straße – vom Handwerker und Verkäufer bis zu Lehrern, Kindern und Jugendlichen.

Alle sind willkommen. In ihren Köpfen will das Futurium mit Veranstaltungen, einem Labor, in dem die Besucher selbst aktiv werden, und mit Ausstellungen einiges anstoßen. Wobei vor diesem Begriff das Wörtchen „liquide“ steht. Dieses Wort bedeutet in den Naturwissenschaften „flüssig“ und bedeutet im Futurium schlicht, dass eine solche Ausstellung alles andere als in Stein gemeißelt ist. „Die ständige Veränderung gehört natürlich dazu, wenn es um die Zukunft geht“, erklärt Gabriele Zipf.

Es gibt auch ein Forum für Veranstaltungen

Die Ausstellung wird sich in drei große Räume gliedern, die sich um unser künftiges Verhältnis zur Technik, zur Natur und zu uns selbst drehen. Am Anfang werden Themen behandelt, die sich in erster Linie um die Zukunft von Leib und Wohlergehen kümmern: Ernährung und Gesundheit, Energie und Wohnen, aber auch Wirtschaften und Arbeiten. Stillen wir unseren Energiebedarf vielleicht im Weltraum? Versorgen bald Bakterien den Verkehr mit Sprit? Welche Rollen spielen Gentechnologie und Computer, Lebensstil und Nachbarschaft für unsere Gesundheit? Wie schaffen wir es, unseren Wohlstand zu bewahren und dabei gleichzeitig die Umwelt nicht übermäßig zu belasten, die Kosten gerecht zu verteilen und dabei nicht zulasten anderer in fernen Ländern zu leben? Kommt unser Essen vielleicht bald nicht mehr aus dem Kochtopf, sondern aus dem Reagenzglas? Solche Fragen machen vielleicht den Anfang.

So präsentiert sich die Ausstellungsebene im Futurium.
So präsentiert sich die Ausstellungsebene im Futurium.

© Doris Spiekermann-Klaas

Nur mit laufenden Aktualisierungen, Ergänzungen und der Aufnahme neuer Themen aber wollen sich die Macher des Futuriums keineswegs zufriedengeben. Gleich neben der Ausstellung gibt es daher ein 600 Quadratmeter großes Forum für Veranstaltungen.

Hochkarätige Forscher sollen dort über das Klima und die Ernährung erzählen, Künstler der unterschiedlichsten Richtungen ihr Publikum begeistern, Visionäre ihre Ideen entwickeln: Ersetzen vielleicht in wenigen Jahrzehnten bereits Fahrzeuge, die auf magnetischen Kissen in leer gepumpten Röhren von Berlin nach Zürich, London oder Moskau sausen, Eisenbahn und Flugzeug gleichermaßen? Gründen wir Siedlungen am Grund von Seen und Gewässern? Sind solche Überlegungen nur verrückte Ideen von Spinnern, oder werden sie sogar schneller, als viele vermuten, Realität? So oder ähnlich könnte ein winziger Bruchteil der Veranstaltungen aussehen, in denen Experten nicht nur ihr Thema vortragen, sondern es auch mit anderen Fachleuten und vor allem mit dem Publikum diskutieren.

Die größte Überraschung aber wartet im Keller

Im Keller des Futuriums befindet sich das "Futurium-Lab", in dem am 16. September etwa das Rbo-Lab startet.
Im Keller des Futuriums befindet sich das "Futurium-Lab", in dem am 16. September etwa das Rbo-Lab startet.

© Futurium.de, Fotografen: Schnepp Renou

Und das natürlich nicht nur im großen Rahmen mit bis zu 500 Menschen. „Wir können den Raum ideal an die Veranstaltung anpassen – vom Workshop oder Future Slam bis zur großen Podiumsdiskussion“, berichtet Nicole Schneider, die Planung und Bau in enger Zusammenarbeit mit Bauherren und Architekten laufend begleitet hat. Dort sollen natürlich nicht nur Veranstaltungen des Futuriums stattfinden.

Nein, jeder, der sich von großen Organisationen bis hin zu kleinen Vereinen mit der Zukunft auseinandersetzt, kann dort nach einem Raum für seine Veranstaltungen fragen.

Die größte Überraschung aber wartet als Futurium-Lab im Untergeschoss auf die Besucher. „Das ist ein Labor, in dem jeder mit anpacken und Prototypen für die Zukunft bauen kann“, erklärt Gabriele Zipf. Dazu braucht man nicht nur eine Werkstatt, die von Schreiner-Werkzeug bis zum Laser-Schneider und 3D-Drucker die Grundlagen für das erfolgreiche Basteln an der Zukunft anbietet. Sondern eben auch die Freiheit, ohne Scheuklappen über diese Zukunft nachzudenken.

Im Obergeschoss bietet sich ein prächtiger Blick auf das Regierungsviertel.
Im Obergeschoss bietet sich ein prächtiger Blick auf das Regierungsviertel.

© Futurium.de, Fotografen: Schnepp Renou

Was wie eine Utopie klingt, haben die Futurium-Mitarbeiter bereits ausprobiert. „Als wir im vergangenen Jahr unsere Baustelle für eine Nacht geöffnet hatten, bauten die Besucher vom dreijährigen Kind bis zur Seniorin mit Kartons und anderen einfachen Mitteln die Stadt der Zukunft“, erinnert sich Zipf. So manch einer hat zwischendurch zum Handy gegriffen und mitgeteilt: „Du, es wird später, ich mache gerade etwas total Spannendes“. In dieser Zeit entstanden im Futurium-Lab nicht nur Komponenten einer Stadt, wie zum Beispiel Gemeinschaftsgärten oder Gemüseanbau auf dem Dach, die Experten vielleicht schon kannten, sondern auch völlig neue Dinge wie ein Friedhof, auf dem treue Begleiter wie das Fahrrad oder der Roboter ihre letzte Ruhe finden.

Die Gastronomie könnte neue Akzente im Regierungsviertel setzen

„Dabei haben wir gesehen, dass eines unserer wichtigsten Anliegen funktionieren kann“, berichtet Gabriele Zipf: Zukunft macht Spaß! Und wenn du mitmachen kannst, dann tu es auch! Vor allem aber wird die Zukunft nicht nur von der Technik gestaltet, sondern auch von unseren Wünschen.

Wer so intensiv die Zukunft gestaltet, vergisst leicht die Zeit. Zumindest tut das der Kopf, der Magen dagegen behält seinen Rhythmus bei und erinnert die Besucher irgendwann daran, dass es Zeit ist, wieder etwas zu essen. Auch dafür soll im Futurium natürlich gesorgt sein. Und zwar nicht in Form einer Cafeteria in einem Museum, die kurz nach diesem ebenfalls ihre Pforten schließt. „Wir möchten eine Gastronomie haben, die auf rund hundert Sitzplätzen im Futurium und einem zusätzlichen, großzügigen Außenbereich unabhängig von uns und unseren Öffnungszeiten eine regionale und möglichst nachhaltige Küche anbietet“, überlegt Nicole Schneider. Ein leichter Hang zu Experimenten am Herd und Schneidebrett mit Blick auf die Futuriumsbesucher kann da sicher nicht schaden.

Gleichzeitig aber könnte diese Gastronomie unter dem schwebenden Dach des Futuriums schon in naher Zukunft auch zu einer Attraktion für das Viertel gleich gegenüber von Kanzleramt und Bundestag werden, denn groß ist das gastronomische Angebot nicht im Regierungsviertel. So macht Gastronomie vielleicht auch Lust auf Zukunft.

Am 16. September öffnet das Futurium seine Türen. Das Programm zu „Ein Tag Zukunft. Open House im Futurium“ finden Sie hier.

Harry Gräf

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