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Kreistafel des julianischen Kalenders (aus dem Jahr 1690)

© Wikipedia

Frühlingsanfang 2017: Wann der Frühling wirklich beginnt

Ist es denn nun der 20. oder 21. März? Wann der Frühling genau beginnt, beschäftigte einst Julius Cäsar. Die Astronomen haben die Erklärung für das Datums-Wirrwarr.

Bald erreicht die Erde auf ihrer Umlaufbahn einen ganz besonderen Punkt: An diesem Tag scheint die Sonne genau senkrecht auf den Äquator. Auch wer nicht direkt auf dem Äquator lebt, kann dies erkennen. Denn von allen Orten der Erde aus beobachtet, mit Ausnahme des Nord- und Südpols, geht die Sonne an diesem Tag genau im Osten auf und genau im Westen unter. So wandert sie zum Beispiel auch von Berlin aus gesehen zwölf Stunden lang oberhalb des Horizonts über den Himmel und bleibt zwölf Stunden lang unter dem Horizont. Dieser Tag im März, an dem Tag und Nacht gleich lang sind, heißt „Astronomischer Frühlingsbeginn“. In diesem Jahr erleben wir die Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche am 20. März. Aber Moment mal. Ist das nicht einen Tag zu früh? Sollten unsere Kalender am Frühlingsanfang nicht den 21. März anzeigen.

Nein. Und das wird auch im gesamten noch vor uns liegenden Jahrhundert kein einziges Mal mehr vorkommen. Denn nur im Mittelwert über viele Jahrhunderte hinweg gerechnet fällt der Frühlingsanfang tatsächlich auf den 21. März. Das liegt an dem in unserer westlichen Zivilisation gültigen Sonnenkalender.

Schon in der Antike versuchten sich Astronomen an einem Kalender

Der Himmel hat es den Astronomen wahrlich nicht leicht gemacht, einen Kalender zu entwickeln, der dem regelmäßigen Zyklus der Jahreszeiten folgt. Wie wir heute wissen, spiegelt sich im Lauf der Jahreszeiten der Flug der Erde um die Sonne wider. Ohne dies auch nur zu ahnen, hatten schon die antiken Himmelsbeobachter aus geduldigen Beobachtungen der Vorgänge am Himmel herausgelesen, dass ein Sonnenzyklus etwa 365 Tage dauert. Bei ihrem Bemühen, diesen 365 Tage langen Jahreslauf der Sonne in einem Kalender abzubilden, machten sich die Astronomen aber lange Zeit das Leben selber schwer.

Denn zusätzlich wollten sie in ihren Kalendern auch noch den Lauf des Mondes mit seinen leicht beobachtbaren Gestaltveränderungen berücksichtigen. Zwölf Umläufe des Mondes um die Erde, also zwölf Mondmonate, dauern aber nur 354 Tage. An diesen unvereinbaren Zeittakten von Sonne und Mond bissen sich viele Generationen von Kalendermachern die Zähne aus. Mal nahmen sie einem Monat ein paar Tage weg, mal verlängerten sie einen Monat um ein paar Tage, um das Datum wieder an die jeweilige Stellung der Sonne anzupassen. Und ständig veränderten sich dadurch auch die Termine von Lohnauszahlungen, Zinsabgaben, Steuerzahlungen, Feiertagen.

Julius Cäsar traf eine Entscheidung

In einem geordneten Staatswesen wie dem römischen Imperium war dieser Kalenderwirrwarr ein Unding. Schließlich wurde es dem Diktator Julius Cäsar zu bunt. So wies er seine Astronomen an, einen praktikablen Kalender zu basteln, der sich ausschließlich am Lauf der Sonne orientieren sollte. Also machten sie sich an die Arbeit: Zwölf Monate mit abwechselnd 31 und 30 Tagen hätten ein Jahr mit 366 Tagen ergeben, also um einen Tag zu lang. Deshalb stutzten sie das Jahr auf 365 Tage, indem sie kurzerhand dem Monat Februar einen Tag wegnahmen und ihn auf 29 Tage verkürzten.

Auch zu Cäsars Zeiten war schon längst bekannt, dass ein Sonnenjahr nicht genau 365 Tage lang ist, sondern einen Vierteltag länger dauert. Unser Heimatplanet braucht für eine volle Runde um die Sonne 365 Tage und fast sechs Stunden. Da mag es sich gut getroffen haben, dass Cäsar bei seiner Geliebten Kleopatra in Ägypten deren alten Lehrer Sosigenes kennenlernte. Denn vermutlich war es dieser Rechenkünstler, der Cäsar auf die langfristigen Folgen der kleinen jährlichen Verspätung der Erde gegenüber ihrem 365-Tage-Flugplan hinwies: Nach rund 700 Jahren würde die Erde dem Kalender schon so weit hinterherfliegen, dass der Frühling erst im Oktober beginnen würde.

Ein Monat für Julius, ein Monat für Augustus

Im Jahre 46 v. Chr. schüttelte besagter Sosigenes einen Trick aus seiner Toga, der dies verhindern sollte und den wir heute noch verwenden. Nach jeweils vier Jahren hat sich der jährliche Rückstand der Erde von jeweils einem Vierteltag aufsummiert zu einem vollen Tag. Deshalb gab Sosigenes in jedem vierten Jahr der Erde im Februar einen zusätzlichen vollen Tag Zeit, während dessen sie ihren Rückstand gegenüber dem Kalender wieder aufholen konnte. Und um für alle Zeiten daran zu erinnern, dass dieser Kalender mit seinem Schaltjahr-Trick zu Julius Cäsars Zeiten ausgetüftelt worden war, wurde der Monat Quintilus umgetauft auf den Namen Julius.

Wenig überraschend, dass auch Kaiser Augustus, der Nachfolger Cäsars, seinen Ruhm in einem Monatsnamen verewigt sehen wollte. Allerdings war der Kaiser offenbar ungehalten darüber, dass der Monat Julius 31 Tage lang war, „sein“ Monat Augustus danach jedoch nur 30 Tage hatte. So stibitzte er dem Februar noch einmal einen Tag und schenkte ihn dem Monat Augustus. Seither ist der Februar 28 Tage kurz. Nur in Schaltjahren bekommt er einen der beiden Tage zurück, die ihm astronomische Gegebenheit und kaiserliche Eitelkeit geraubt hatten.

Der Kalender hatte immer noch Fehler

Im Laufe der Jahrhunderte mussten die Hüter der Zeit immer deutlicher erkennen, dass der Julianische Kalender den Flug der Erde um die Sonne immer noch nicht ganz richtig abbildete. Denn ein Schalttag in jedem vierten Jahr gab der Erde ein bisschen zu viel Zeit, um ihren Rückstand gegenüber dem Kalender wieder aufzuholen. In Wirklichkeit erzielte sie dabei jedes Mal einen kleinen Vorsprung von etwa 45 Minuten. Und so kam es, dass im 16. Jahrhundert die Erde dem julianischen Kalenderflugplan bereits um volle zehn Tage vorausflog. Ihren Frühlingspunkt zum Beispiel erreichte sie nun jedes Jahr schon am 11. März.

Insbesondere der katholischen Kirche war damit ein großes Problem erwachsen. Denn schon auf dem Konzil zu Nicäa im Jahre 325 n. Chr. war festgelegt worden, dass vom Frühlingsbeginn auch der Termin von Ostern abhängen sollte, des wichtigsten und ältesten Festes der Christenheit: Ostern sollte jeweils stattfinden am ersten Sonntag nach dem „Frühlings-Vollmond“, dem ersten Vollmond nach Frühlingsbeginn. Aber welchen Frühlingsanfang sollte man nun nehmen? Den astronomisch korrekten am 11. März? Oder den willkürlichen Kalenderfrühling am 21. März?

Papst Gregor XIII. regelte es

Als Ausweg aus dieser theologischen Zwickmühle verpasste der deutsche Mathematiker Christophorus Clavius im Auftrag von Papst Gregor XIII. dem Julianischen Kalender im Jahr 1582 eine Radikalkur. Schon der erste Satz der päpstlichen Bulle, in der die Kalenderreform angeordnet wurde, verrät, wie ernst man das Problem nahm: „Inter gravissimas Pastoralis officii nostri curas …“, auf Deutsch: „Unter den schwerwiegendsten Sorgen unseres Hirtenamtes ...“.

Das Ergebnis mutete der Bevölkerung denn auch einiges zu. Um den astronomischen Frühlingsanfang wieder auf den 21. März zu schieben, musste man zunächst volle zehn Tage ausfallen lassen. Auf den 4. Oktober 1582 folgte sofort der 15. Oktober 1582. Und damit die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne ihrem Kalenderflugplan auch zukünftig nicht mehr vorausfliegen würde, musste man den nun nach Papst Gregor XIII. benannten Gregorianischen Kalender selber noch ein bisschen beschleunigen. Konkret hieß das: In jeweils 400 Jahren müssen 3 Tage gestrichen werden. Deshalb waren die Jahre 1700, 1800 und 1900 keine Schaltjahre. Das Jahr 2000 dagegen war wieder ein Schaltjahr mit 366 Tagen.

Genau dieser außergewöhnliche zusätzliche Schalttag verschob alle Frühlingsanfänge danach entsprechend um einen Tag nach vorn. Während des gesamten vor uns liegenden 21. Jahrhunderts wird die Erde ihren Frühlingspunkt deshalb schon am 20. März erreichen und 18mal sogar schon am 19. März. Erst mit den ausfallenden Schaltjahren 2100, 2200 und 2300 werden die Frühlingsanfänge wieder zunehmend nach hinten rücken. Im Jahre 2102 werden wir dann erstmals wieder den 21. März als den Tag feiern können, ab dem der Frühling sein blaues Band durch die Lüfte flattern lässt.

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